Sie hat es wieder getan. Sie hat wieder eine Gruppe von sehr verschiedenen Menschen, die allein ihr Fluchthintergrund und ihre Deklassierung in diesem Land eint, für eine einzelne Tat in Haftung genommen. Sie hat eine Politik, die temporär Schutzsuchenden Schutz bot, verantwortlich für einen versuchten Terroranschlag gemacht. Und das ist kein Zufall, das ist Kalkül. Sahra Wagenknecht ist keine unerfahrene Politikerin. Und ihre Äußerung zum Anschlag ins Ansbach kein Ausrutscher. Vom „verwirkten Gastrecht“, „Kapazitätsgrenzen“ bei der Aufnahme von Geflüchteten aka „Obergrenzen“, mit Pegida reden, den Euro abschaffen und antiamerikanischen Phrasen – für zahlreiche ihrer Aussagen bekam sie von denen Jubel, zu denen diese Aussagen auch passen: von der AfD, Pegida und Co. (eine Zusammenfassung dazu hat Alexander Nabert gemacht)
Nun also: „Die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges ‚Wir schaffen das‘ uns im letzten Herbst einreden wollte.“ (PM Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag vom 25. Juli 2016)
Ja, Aufnahme und Integration (das bessere Wort dafür ist gleichberechtigte Teilhabe) sind nicht mit der temporären Öffnung von Grenzen abgegessen. Die Asylrechtsverschärfungen der letzten Monate, die katastrophale Aufnahmesituation vor allem des vergangenen Jahres und das eine Sanktionslogik atmende Integrationsgesetz sind nicht in der Lage Geflüchteten hier ein Leben und Würde und Gleichberechtigung zu ermöglichen. Das hätte Sahra Wagenknecht sagen können, und hätte damit die Position der LINKEN gespiegelt.
Sie hätte auch sagen können, dass nicht alle Geflüchteten gute Menschen sind, es durchaus patriarchale Strukturen, Gewaltaffinität und bei einigen sicher auch den Hang zu fundamentalistischen Einstellungen und Taten gibt, wie es auch in der mehrheitsdeutschen Gesellschaft der Fall ist. Sie hätte darauf verweisen können, dass gerade Freiheit ein hohes Gut ist, das es auch in Krisenzeiten zu verteidigen gilt, und hätte sich damit wohltuend und LINKE-like von dem Chor der Gesetzesverschärfer*innen, der derzeit allerorten erschallt, abheben können. Stattdessen fordert sie übrigens die faktische Totalerfassung der (migrantischen?) Bevölkerung. Anstatt Panik zu verbreiten hätte sie darauf hinweisen können, wie sicher Deutschland ist. Und sie hätte nicht zuletzt die drei Anschläge der letzten Tage – München, Reutlingen, Ansbach – differenziert bewerten müssen. Denn es gibt hier keinen Zusammenhang qua Herkunft oder Motivation der Täter.
All das hat sie nicht. Und dies nicht zufällig.
Matthias Höhn, Bundesgeschäftsführer schrieb zum Thema treffend: Die schlimmen Ereignisse der letzten Tage machen vielen Menschen Angst. Es ist wichtig, dies nicht aus den Augen zu verlieren. Umso notwendiger ist es, dieser Angst entgegenzuwirken, anstatt sie zu befeuern, sich Mythen entgegenzustellen und politisch keine Kurzschlüsse zu produzieren. Der Respekt vor den Opfern gebietet es, sich mit lauten, populistischen Reaktionen zurückzuhalten.
Ich wiederhole zum Ende meinen Tweet: Plumpe Stimmungsmache passt nicht zu der LINKEN, deren Mitglied ich bin.