Wir, Mitglieder der Partei Die Linke und Menschen aus der Zivilgesellschaft, möchten hiermit unsere Haltung zu der Entwicklung seit dem 7. Oktober 2023 und besonders seit dem Chemnitzer Parteitag der Linken zum Ausdruck bringen, da unsere Perspektive bisher zu wenig vorkam.
Wir wenden uns an die jüdische Community in Deutschland, die durch den Bundesparteitag der Linken vor den Kopf gestoßen wurden. Deren Perspektive als Betroffene – wenn überhaupt – zu wenig eingebunden wurde.
Wir wenden uns an diejenigen, die solidarisch mit den Menschen in Palästina sind.
Und an jene, die wir als unsere Genoss:innen oder Verbündete bezeichnen, die in diesem Thema eine ähnliche Perspektive teilen.
Das eine Unrecht wiegt das andere nicht auf. Weder jetzt noch historisch!
Wer fordert, die „Juden ins Meer“ zu treiben, lässt nicht nur seine eigene Menschlichkeit vermissen, sondern verkennt auch die lange Realität jüdischen Lebens in dieser Region und der Menschen, die Israel ihre Heimat nennen und keine andere Heimat kennen.
Wer fordert, die Palästinenser:innen umzusiedeln, oder sie gar auslöschen will, äußert sich ebenso unmenschlich und verkennt das Selbstbestimmungs- und Existenzrecht des palästinensischen Volkes.
Laut und sichtbar – Ein Aktivierungsaufruf
Appell für Frieden in Nahost & gegen jeden Antisemitismus im Netz und auf unseren Straßen
Wir wenden uns an alle Menschen – in Politik, Medien, Bildung, Kultur, Religion und Zivilgesellschaft in Deutschland – in dieser Zeit Haltung zu zeigen und klare Grenzen zu setzen.
Einzutreten gegen Jene, die versuchen, auf Kosten der Betroffenen in diesem Konflikt ihre menschenfeindliche Ideologie voranzutreiben.
In einer Zeit, in der Hass laut schreit, Fakten und Menschlichkeit an Wert verlieren, braucht es mehr als die bloße Geste.
Es braucht eine klare und unmissverständliche Haltung:
Seid mit uns unüberhörbar!
Solidarität darf nicht selektiv sein. Nicht ideologisch verzerrt. Und nicht blind für das Leid der Anderen.
Diese Anderen leben unter uns. Sie sind unsere Nachbar:innen, Kolleg:innen, Freund:innen und manchmal sind sie auch unsere Familie.
Wer wollen wir sein angesichts ihres Schmerzes?
Wir wollen die Stimmen des Friedens stärken – in Israel, in Palästina und hier bei uns. Wir unterstützen die, die Brücken bauen. Nicht die, die Gräben ziehen.
Unsere Solidarität gilt den Menschen.
Nicht den Mächtigen. Nicht den Tätern.
Sie gilt den Verletzlichen. Den Angegriffenen. In Nahost wie in Deutschland.
An ihre Seite stellen wir uns.
Palästinenser:innen und Israelis haben das Recht auf ein Leben in Freiheit, Sicherheit und eigener Staatlichkeit – ebenso wie Jüdinnen und Juden das Recht haben, weltweit in Frieden und ohne Angst zu leben.
Das ist nicht gegeneinander auszuspielen – es gehört zusammen.
Deshalb treten wir für eine auf Menschenrechte begründete Perspektive auf den Nahostkonflikt ein.
Eine Perspektive, die die Komplexität des Konfliktes abbildet.
Die sich nicht scheut, Täter, Anheizer und Extremisten klar zu benennen und Rechenschaft zu fordern.
Wir erheben unsere Stimme gegen jede Form von Antisemitismus.
Wir verwehren uns gegen jede Verharmlosung oder politische Instrumentalisierung.
Wir erheben unsere Stimme gegen Islamfeindlichkeit, Gewaltverherrlichung und ideologische Verhärtung.
Wir verwehren uns gegen demokratiefeindliche, rassistische Narrative oder deren politische Instrumentalisierung.
Wir verurteilen alle Bestrebungen, den terroristischen Überfall am 7. Oktober 2023 zu relativieren und zu instrumentalisieren.
An diesem Tag hat die Hamas auf barbarische Weise ihren Judenhass in einer unfassbaren Gewaltorgie zelebriert. Sie hat billigend in Kauf genommen, dass über zwei Millionen Palästinenser:innen in akute Lebensgefahr gerieten.
Infolgedessen haben tausende Menschen ihr Leben verloren und werden weiter sterben, solange dieser Konflikt ausschließlich mit militärischen Mitteln gelöst werden soll.
Die Opfer auf beiden Seiten dürfen weder politisch, ideologisch oder aktivistisch missbraucht, noch vergessen werden.
Wer sich an die Seite von Akteur:innen stellt, die antisemitische, antimuslimische, antifeministische, rassistische, antidemokratische, homo-, trans- oder queerfeindliche Ziele verfolgen, macht sich mit diesen Gedanken und Zielen gemein. Und ist kein:e Partner:in für uns.
Wer mit Gruppierungen paktiert, die diese Akteur:innen implizit oder explizit dulden oder mit ihnen kooperieren, ebenso.
Palästinasolidarität darf kein Hafen für verdeckten Antisemitismus und Hass sein.
Was wir fordern
Wir fordern die Freilassung der am 7. Oktober 2023 gekidnappten und verschleppten Menschen.
Der Militäreinsatz in Gaza und die schreckliche Blockade durch die Regierung Netanjahu und alle beteiligten Kräfte in der Region müssen beendet werden.
Erst wenn alle Anheizer des Konfliktes in der Region ihre Waffen niederlegen, ist Frieden eine mögliche Zukunft. Dazu gehören auch die islamistischen Organisationen der Hamas, Hisbollah, Huthis, Islamischer Dschihad u. a.. Die Menschen müssen sicher sein können, dass der Raketenbeschuss aufhört und der 7. Oktober sich nicht wiederholt.
Frieden entsteht nicht durch Parteinahme, sondern durch Prinzipien: Menschenwürde, Völkerrecht, Empathie und Gerechtigkeit.
Was können wir hier tun, weit weg von den Bomben, die auf Gaza fallen, weit weg von den Terrortunneln, in denen immer noch Geiseln gefangen sind?
Wir wollen die Stimmen des Friedens stärken – in Israel, in Palästina und hier bei uns. Wir unterstützen die, die Brücken bauen, nicht die, die Gräben ziehen.
Lasst uns laut sein auf Demonstrationen in unseren Parteien und Organisationen. Lasst uns Menschenfeindlichkeit benennen, auch in unseren eigenen Reihen. Lasst uns Räume schaffen, in denen differenzierter Austausch und Lernen möglich ist.
Lasst uns die Stimmen der Betroffenen verstärken, die jetzt unsere Unterstützung brauchen.
Lasst uns in diesem Sinne solidarisch sein – mit beiden Völkern. Für eine Zukunft in Nahost, die diesen Namen verdient.
Und lasst uns gemeinsam laut sein auf unseren Straßen, in unseren Parteien und Organisationen, wenn Antisemitismus sein hässliches Gesicht zeigt.
Erstunterzeichner:innen
1. Martin Striegnitz, Die Linke Berlin
2. Brigitte Forßbohm, Die Linke Hessen, Stadtverordnete in Wiesbaden
3. Miriam Notowicz, Berlin, Parteilos
4. Annegret Gabelin, Die Linke Berlin
5. Marcus Nolten, Die Linke Berlin
6. Claudio Altenhain, Die Linke Berlin
7. Christoph Keller, Bezirksstadtrat für Jugend, Familie und Gesundheit Berlin-Mitte
8. Regina Kittler, Die Linke Berlin
9. Rüdiger Lötzer, Die Linke Berlin
10. Timo Traulsen, Die Linke, Kreisvorsitzender Die Linke Nordhausen
11. Jan Degenhardt, Die Linke Berlin
12. Hartmut Prescher, Die Linke Hessen
13. Walter van Hove, Die Linke Berlin
14. Dr. Brunhilde van Hove, Mitglied im Bezirksvorstand Die Linke Friedrichshain-Kreuzberg
15. Andreas Juhls, Die Linke Bremen
16. Dr. Klaus Lederer, Berlin, MdA
17. Ruth Notowicz, Berlin, Parteilos
18. Regine Sommer-Wetter, stellvertretende Bürgermeisterin und Stadträtin für soziales, Arbeit und Bürgerdienste Friedrichshain-Kreuzberg, Mitglied des Landesvorstands Die Linke Berlin
19. Anne Schlönvoigt, Die Linke Berlin
20. Dr. Christoph Chiaffrino, Mitglied im Bezirksvorstand Die Linke Treptow-Köpenick
21. Felix Lang, Die Linke Berlin
22. Dr. Manuela Schmidt, Die Linke Berlin, MdA
23. Dr. Christoph Spehr, Landesvorsitzender Die Linke Bremen
24. Dr. Michael Bittner, Die Linke Berlin
25. Dorothée Katz (ehem. Menzner), Niedersachsen, Ex-MdB Die Linke (2005-2013)
26. Sabine Golczyk, Niedersachsen
27. Karsten Peters, Parteilos
28. Lena Tietgen, Die Linke Schleswig-Holstein
29. Marianne Esders, Die Linke Niedersachsen
30. Martina Renner, Die Linke, ehem. MdB
31. Steffen Oppermann, parteilos
32. Tobias Rieder, Berlin, parteilos
33. Cyrill Callenius, Die Linke Berlin
34. Luca Grimminger, Die Linke Schleswig-Holstein
35. Leon Kloke, Berlin, parteilos
36. Eva-Maria Galthe-Braun, Die Linke Baden-Württemberg
37. Thomas Raffel, Die Linke Hessen
38. Hans Schrieber, Die Linke Schleswig-Holstein
39. Katja Chudoba, Die Linke Berlin
40. Marco Pompe, Die Linke Berlin
41. Juliane Nagel, Die Linke Sachsen, MdL
42. Sabine Riese, parteilos
43. Své Manigk, Die Linke Berlin
44. Rahel Melis, Berlin, parteilos
45. Elke Breitenbach, Berlin, MdA
46. Peter Rudel, Sachsen-Anhalt, parteilos
47. Dietmar Schnell, Die Linke Hessen
48. Konstanze Kriese, Die Linke Berlin
49. Salome Berhanu, Die Linke Berlin
50. Eliora Notowicz, Berlin, parteilos
51. Norbert Seichter, Die Linke Berlin
52. Dr. Michael Forßbohm, Die Linke Hessen