Meine Rede zum Antrag „Graffiti-Fläche am Basketball-Court (Connewitzer Kreuz) in eine ideelle Patenschaft übertragen“ einzelner Stadträt*innen von SPD, Grünen, LINKEN und PARTEI.
Nach einer absurd aufgeladenen Debatte im Stadtrat wurde mein – nicht ganz ernst gemeinter – Antrag mit 5-54-8 Stimmen abgelehnt.
Endlich, möchte man meinen, folgt heute der Showdown der Debatte um das Graffiti am Basketballplatz am Connewitzer Kreuz. Eine Debatte die vor allem medial geführt wurde , teilweise durchaus amüsante, teilweise auch groteske Züge angenommen hat. Grotesk ist beispielsweise, dass die Stadt das künstlerisch anspruchsvolle Werk kurz vor Eröffnung des Streetballplatzes im Sommer 2014 übermalen lies und stattdessen eine tristgraue Wand präsentierte.
Zwei Jahre war das sodann schnell wieder hergestellte Kunstwerk an der Wand zu sehen, bis die CDU begann mit Anfragen Stimmung zu machen. Die Stadt antwortete seinerzeit noch recht entspannt:
„Es ist aus hiesiger Sicht äußerst unwahrscheinlich, das mit einer einmaligen Reinigung das Zitat! „Problem“ dauerhaft beseitigt ist. Aus den langjährigen Erfahrungen ist gerade an dieser Stelle damit zu rechnen, dass die Wand in kurzer Zeit wieder in vergleichbarer Form besprüht wird.
An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Inhalt des jetzigen Graffito keinen Straftatbestand erfüllt.“
Ein weiteres Jahr später, im Sommer 2017, dann kam eine von konservativer Seite und vor allem aus Dresden befeuerte Debatte um die vermeintliche linke Gefahr in Leipzig, wieder mal wurde von Innenministerium und CDU die Förderung von Jugend- und Kulturzentren in Connewitz infrage gestellt.
Im Schlepptau dieser Hetze beugte sich dann auch die Stadt und ließ das Graffiti das zweite Mal übermalen. Genau dies geschah in der Folge 23 Mal und verursachte insgesamt Kosten in Höhe von 11.357.51 EUR. Besonders plakativ war die Übermalung im November 2019, an dem Tag als die sächsische Regierung mit dem CDU-OBM-Kandidaten Sebastian Gemkow theatralisch die Gründung einer Sonderkommission LinX ausrief. Der Kampf ums Graffiti am Connewitzer Kreuz ist längst zum Stellvertreterkampf geworden; der nächste Wahlkampf kommt und wir dürfen diesbezüglich gespannt sein.
Dass sich nun gerade Stadträt*innen, die politisch Mitte-links zu verorten sind, einspannen lassen, dem im Stadtteil nicht von allen, aber von vielen geschätzten Graffito den Garaus zu machen, verwundert. Wohlwollend ließe sich sagen: ja, sie weisen darauf hin, dass die Stadt hier von Anfang an ihren Job nicht gemacht und sich eben nicht um eine partizipative Gestaltung der Wand gekümmert hat. Mit kritischem Blick allerdings muss ich konstatieren: Sie tun hier den Job der Konservativen und wollen die Frage um einen umkämpften Ort und eine streitbare Aussage, die allerdings der Meinungsfreiheit unterliegt und explizit nicht zu Gewalt aufruft, top down und damit ordnungspolitisch lösen. Perfider-Weise mit der Neufassung des Antrages nun auch noch indem sie Kinder vorschicken.
Gerade die Antragsstellerinnen müssten wissen wie wichtig eine Debatte um dieses Graffito im Stadtteil selbst wäre, ehe hier an dieser Stelle darüber gerichtet wird, wo nur noch Zuschreibungen und eine aufgeladene Debatte bestimmend sind.
Ich habe eine klare Haltung, das wissen sie, und können sie in meinem Änderungsantrag nachlesen. Dabei soll mein Antrag mit Augenzwinkern gelesen werden, denn selbstverständlich ist nicht mein Ziel das Originalkunstwerk per Beschluss wieder herzustellen lassen, auch wenn doch festgehalten werden muss, dass das Kunstwerk im kleinen Rahmen auch Tourismus und Handel angekurbelt hat.
Ja, das Graffito am Streetballplatz ist schützenswert: Aufgrund seiner Geschichte, der öffentlichen Aufmerksamkeit und den fortwährenden Diskussionen um die Polizei als kritikwürdige Ordnungsmacht schlechthin.
Dieser Schutz, und das sage ich ganz ohne Augenzwinkern, wurde nicht hier im Stadtrat beschlossen und er kann auch hier nicht beschlossen werden. Diese Wand ist ein Freiraum welcher, entgegen dem Willen der Stadt, auch ohne Öffnungszeiten auskommt. Ein Freiraum, der sich nicht mit tristem Grau übermalen lässt, ein Freiraum, der sich verändert. Leider, aus meiner Perspektive, zum Negativen.
Während das Objekt meines ÄA sich noch auf „No Cops -No Nazis“ bezieht, schillert uns seit Monaten schlicht ein trotziges „No Cops“ entgegen.
Ich bitte sie eindringlich den Ursprungsantrag zurück zu ziehen – wozu ich bezüglich meines auch bereit bin – und der kleinen Freifläche ihren Freiraum zu lassen. Sollte darüber hinaus weiterhin der Wunsch bestehen öffentliche Flächen von Kindern gestalten zu lassen – beispielsweise den Polizeiposten, das Bürgeramt oder das Rathaus – bringe ich mich ebenfalls gerne konstruktiv in die Debatte ein.