Gerade im Niedriglohnland Sachsen müssen wir dafür sorgen, dass mehr Menschen den steigenden Mieten trotzen können!

Die Linksfraktion hat am 30. Januar 2020 im Landtag ein „Gesetz über den sozialen Wohnraum“ (Drucksache 7/891) vorgeschlagen.
Der Gesetzesentwurf hat im Kern drei Schwerpunkte: die Verstetigung der sozialen Wohnraumförderung auf einer gesetzlichen Grundlage, die Anhebung der Einkommensgrenzen für den Wohnberechtigungsschein und die Einführung eines Sächsischen Wohnraumberichtes. Der Gesetzesentwurf wird nun im zuständigen Ausschuss beraten. Meine Rede zur Einbringung:

Wohnen ist eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit. In Zeiten der Niedrigzinspolitik werden Immobilien zu attraktiven Anlagemöglichkeiten, und dies nicht vor allem für die, die sich mit einer Eigentumswohnung ihre spärliche Altersvorsorge aufbessern wollen, sondern für profitorientierte, oder gar börsennotierte Unternehmen. Unter explodierenden Bodenpreisen und steigenden Mieten leiden vor allem die Menschen. Und Sachsen ist ein Land der Mieterinnen. Zwei Drittel der Sächsinnen und Sachsen wohnen zur Miete.

Es ist kein Geheimnis: Stark steigende Mieten vor allem im Neubau und bei Neuvermietung sind vor allem ein Problem der Großstädte.

Laut Sozialreport der Stadt Leipzig stiegen die Angebotsmieten in Leipzig zwischen 2013 und 2018 um 30 %, in neueren Wohngebäuden sogar um fast 50 %. Die derzeit in vielen Vierteln aufgerufenen Kaltmieten in Neubauten beginnen in der Regel bei 10,00 kalt . In Dresden gestaltet sich das Bild ähnlich: Noch vor Pegida werden steigende Mieten in der städtischen Bürger*innenumfrage von 2018 als gravierendstes Problem wahrgenommen.

In beiden Städten müssen bis 2025 jeweils 10.000 Sozialwohnungen entstehen, um die Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Und auch aus kleineren Städten und Landkreisen sind bereits Bedarfsmeldungen zu vernehmen.

Dabei ist gerade die Stadt Leipzig besonders gebeutelt. Im Jahr 2015 fielen in Leipzig mit einem Schlag über 20.000 Wohnungen aus den Belegungsbindungen.

Erst im Jahr 2017 konnte sich die Staatsregierung dazu durchringen, wieder eine Förderrichtlinie für die soziale Wohnraumförderung aufzulegen. Die Bundesmittel, die Sachsen für sozialen Wohnungsbau bekam, wurden bis dahin und auch fort folgend zweckentfremdet eingesetzt. Diese Praxis moniert selbst Bundesbauminister Seehofer und forderte die Länder sogar auf, Geld auf die Bundesförderung drauf zu legen.
Wir können den Berichten aus Dresden und Leipzig entnehmen, wie schleppend die Errichtung der neuen geförderten Wohnungen vonstatten geht, der Leidensdruck von Menschen im Sozialleistungsbezug, von Menschen mit geringen Einkommen, für Alleinerziehende, großen Familien oder Rentnerinnen und Rentner wird immer größer.

Wohnraum ist ein elementares Bedürfnis und kann durch kein Ersatzgut substituiert werden. Die Wohnraumversorgung ist aufgrund der hohen Bedeutung Bestandteil der Daseinsvorsorge und zählt zu den Kernaufgaben des Sozialstaats. Nach Artikel 7 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Sachsen erkennt der Freistaat Sachsen das Recht eines jeden Menschen auf angemessenen Wohnraum als Staatsziel an. Wie sie wissen ging mit der Förderalismusreform 2007 die Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Wohnungswesens auf die Länder über. Das Land Sachsen behandelt diesen elementaren Bereich der Daseinsvorsorge nichts desto trotz stiefmütterlich.

Hier knüpft der ihnen vorliegende Gesetzesentwurf an. Kurz und knapp, wir wollen weg vom Prinzip der Förderrichtlinienlogik. Wir wollen Klarheit, Rechtsverbindlichkeit, wir wollen eine gesetzliche Grundlage für die soziale Wohnraumförderung in Sachsen. Wir wollen eine aktive staatliche Wohnungspolitik!

Wir bringen darum ein Gesetz hier wieder ins Verfahren, das wir bereits am Ende der letzten Legislatur eingebracht hatten. Wir verbinden damit die Hoffnung, dass die neue Koalition die positiven Zeichen, die im Koalitionsvertrag zum Thema Wohnraumversorgung zu finden sind, auf eine vernünftige Basis stellt. Wir machen ihnen ein Angebot dafür!

Mit der Beschlussfassung des Landtags über den vorliegenden Gesetzentwurf zöge der Freistaat Sachsen mit der Gesetzgebung in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein gleich.

Der Gesetzesentwurf hat im Kern drei Schwerpunkte: die Verstetigung der sozialen Wohnraumförderung auf einer gesetzlichen Grundlage, die Anhebung der Einkommensgrenzen für den Wohnberechtigungsschein und die Einführung eines Sächsischen Wohnraumberichtes.

Im Gegensatz zu den Voraussetzungen der auch zeitlich befristeten Förderrichtlinien im Freistaat Sachsen wie der Richtlinie „Gebundener Mietwohnraum“, die an eine bestimmte Gebietskulisse anknüpft, der Richtlinie „Familienwohnen“, die ausdrücklich die Förderung von Familien in Mietwohnungen ausschließt, oder der Richtlinie „Integrative Quartiersentwicklung“, die wiederum Städte von der Förderung ausnimmt ist mit der Verankerung von Maßnahmen der sozialen Wohnraumförderung durch ein Gesetz die dauerhafte und verstetigte Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum deutlich besser gewährleistet.

Ganz wichtig ist uns mit diesem Gesetz die Erweiterung der Gruppe der Menschen, die in mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen einziehen können. Mit den aktuell in Sachsen geltenden, gemäß Bundesgesetz festgelegten anrechenbaren Einkommensgrenzen in Höhe von 12.000 € pro Jahr für 1-Personen-Haushalte, 18.000 € für 2-Personen-Haushalte und 22.600 € für 3-Personen-Haushalte sowie jeweils 4.100 € für jede weitere im Haushalt lebende Person als Grundlage für die Erteilung von Wohnberechtigungsbescheinigungen, werden bedürftige Menschen von der sozialen Wohnraumversorgung ausgeschlossen. Gerade im Niedriglohnland Sachsen müssen wir dafür sorgen, dass mehr Menschen den steigenden Mieten trotzen können. Wir schlagen daher die Erhöhung der Einkommensgrenzen auf 19 500 Euro für einen 1-Personenhaushalt, für einen Zweipersonenhaushalt 30 000 Euro und zusätzlich 7 500 Euro für jede weitere Person im Jahr vor. Zudem wollen wir die Einkommensgrenzen jährlich dynamisieren.

Last but not least das Berichtswesen: wir wollen mit unserem Gesetz einen jährlichen Wohnraumbericht einführen, mit dem das zuständige Ministerium zur Entwicklung der Versorgung der Bevölkerung in Sachsen mit leistbarem Wohnraum berichtet und darin auch statistische Daten zur Mietentwicklung, Mietbelastung, zu den Wohnungsbeständen, aber auch zu Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit implementieren. Genau diese Grundlage brauchen wir, um aktive und wirksame soziale Wohnungspolitik zu machen und zu steuern.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Es gibt zahlreiche Fragen, die wir mit dem Gesetzesentwurf nicht regeln: zum Beispiel die Frage der zu knappen Mittel für soziale Wohnraumförderung, die Miethöhen, die nach Förderung erzielt werden sollen oder die Dauer der Sozial-Bindungen. Wir bieten mit dem Gesetzesentwurf allerdings eine wichtige Grundlage.

Wir sind gespannt auf die Diskussionen in den Gremien und hoffen darauf, dass sie mit uns dafür sorgen, dass das Menschenrecht auf Wohnen, auf eine leistbare und angemessene Wohnung Realität wird.

 

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