Im Zuge der beiden ergebnislos eingestellten Ermittlungsverfahren gegen antirassistisch und politisch engagierte Leipziger Fußballfans in den Jahren 2013-2018 (AZ 371 Js 98/15 und 370 Js 108/15) haben sowohl vormals Beschuldigte als auch von Überwachungsmaßnahmen Drittbetroffene beantragt, die Rechtmäßigkeit der sie betreffenden Überwachung zu überprüfen. Laut der Antwort auf meine Kleine Anfrage (Drucksache 7/5039) wurden inzwischen drei dieser Überwachungsmaßnahmen für rechtswidrig befunden. Dabei geht es um eine technische Ermittlungsmaßnahme bei Mobilfunkendgeräten (Einsatz eines IMSi-Catchers, Beschluss AG Dresden 2. Juni 2020), eine Telekommunikationsüberwachungsmaßnahme (Beschluss AG Dresden vom 9. Juni 2020) sowie die Verlängerung einer Telekommunikationsüberwachungsmaßnahme (Beschluss LG Dresden vom 2. Juli 2020). In mehreren Fällen wurde die Anordnung der Telekommunikationsüberwachung und -aufzeichnungen zwar als rechtmäßig bestätigt, die konkrete Vollzugspraxis aber als rechtswidrig bewertet. Die übrigen Überprüfungsanträge in beiden Verfahren liegen nach Jahren immer noch unbearbeitet bei Gericht. Mein Statement:
Man muss es fast als sächsische Tradition bezeichnen: Ermittlungsbehörden und Innenministerium kommen bei ihrer Hexenjagd auf Linke, Alternative, Antifaschist*innen und Fußballfans mit den ganz großen Kalibern. Bei genauerer Betrachtung steckt allzu oft nur ein Justizskandal dahinter. Fragwürdige Instrumente sind schnell bei der Hand, aber die Aufarbeitung dauert dann sehr lange. Mit ihren Überprüfungsanträgen wehren sich ehemals zu Unrecht Beschuldigte sowie Drittbetroffene, also Freund*innen, Familienangehörige und Arbeitskolleg*innen, aber auch Berufsgeheimnisträger*innen wie Ärzt*innen, Rechtsanwält*innen und Journalist*innen gegen die schamlose Überwachung ihrer Bewegungen und die Speicherung ihrer Kommunikation.
Gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Dresden zur Telefonüberwachung, Personenobservation und den Einsatz eines IMSI-Catchers gingen insgesamt 31 Personen aus dem ersten Verfahren und 53 Personen aus dem zweiten Verfahren vor Gericht. Im ersten Verfahren wurden bisher 20 von 31 Anträgen bearbeitet – zwei mehr als vor einem Jahr. Im zweiten Verfahren hat sich gar nichts getan. Das ist unglaublich und ein Affront gegenüber den Betroffenen. Dass es sich lohnt, ausdauernd gegen die Maßnahmen vorzugehen, zeigen drei Beschlüsse aus dem Sommer 2020, mit denen Überwachungsmaßnahmen als rechtswidrig klassifiziert wurden. Sie machen jedoch die Observationen und schweren Eingriffe in die Privatsphäre der Betroffenen nicht ungeschehen. Ich appelliere ein weiteres Mal, die Bearbeitung der Anträge zu beschleunigen. Fünf beziehungsweise drei Jahre nach der ergebnislosen Einstellung der Ermittlungsverfahren ist es dafür höchste Zeit!“