Mit der alljährlichen Global Space Odyssey geht es darum auf gesellschaftliche Misstände hinzuweisen und laut und bunt zu artikulieren wie es anders gehen könnte!
Mein Redebeitrag auf der GSO am 31.7.2010
Nicht nur freien Kultur- oder Medienprojekten geht es an die Existenz … nein, es handelt sich nicht um Einzelfälle, sondern um eine Grundlinie der herrschenden Politik.
Zum Anfang des laufenden Jahres machte sich in Sachsen einiger Unmut breit: Anlass dafür war der Plan der sächsischen Landesregierung, bestehend aus CDU und FDP, quer durch alle Ministerien erhebliche Kürzungen vorzunehmen. Besonders hervorzuheben sind dabei die Kürzungen im Sozialministerium: im Bereich der Kinder und Jugendhilfe, bei Angeboten für Migrantinnen und Migranten, sowie bei Behinderten, Drogen- und Seniorenhilfe. 25 Millionen kamen im Ressort für Wissenschaft und Kultur und 17 Millionen im Kultusministerium (Kita und Schulen) dazu. Trotz massiver Proteste von Kindern und Jugendlichen, von Sozialpädagoginnen und pädagogen, von sozial Engagierten, politischen Gruppen undsoweiterundsofort wurden die Kürzungen nicht zurückgenommen. Die daraus folgende Realität bedeutet für Tausende von Jugendlichen in Sachsen Einschränkungen im Lebensalltag. Jugendhäuser in Kommunen und Landkreisen sind von der Schließung bedroht, gerade kostenfreie Angebote für Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien drohen wegzubrechen, Angebote zur Berufsförderung müssen eingeschränkt werden, Gehälter von SozialarbeiterInnen werden noch weiter heruntergesetzt und Projektmittel drastisch reduziert. Auch bei Freiwilligendiensten und Ehrenamtsaufwendungen sind Einschnitte beschlossene Sache. Im Bereich der sowieso chronisch unterfinanzierten Hochschulen tragen die im selben Zug vorgenommenen Einsparungen zur weiteren Verschlechterung der Studienbedingungen bei. Auch Musik und Volkshochschulen sowie Angebote der Suchthilfe müssen Einschnitte hinnehmen. Wenn der Landesanteil der Förderungen sinkt, müssen Kommune oder Landkreis einspringen, damit Arbeitsfähigkeit der Angebote gesichert wird – bei der schlechten Situation der kommunalen Haushalte, können die Löcher kaum gestopft werden. In Leipzig beispielsweise müssen alle Träger der Jugendhilfe im laufenden Jahr mit einer Kürzung um 4% rechnen.
Und die Kürzungstour geht weiter und verharrt nicht auf der Landesebene: Anfang Juni hat die Bundesregierung ein Supersparpaket vorgestellt. 80 Milliarden Euro sollen eingespart werden, fast 50 % davon im sozialen Bereich. Zuschläge und Rentenzuschüssen für Arbeitslose sollen gestrichen werden, ebenso das Elterngeld für ALG-2 EmpfängerInnen. Das Land Sachsen sieht in seinem Doppelhaushalt 2011/ 2012 Einsparungen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro vor – betroffen sind Investitionen in Kita, Sportstätten und in Schulen, Ausgaben für Forschung, Kultureinrichtungen, Suchtprävention und entsprechende Beratungsstellen oder die Bezuschußung des Nahverkehrs.
Was seitens der Regierung geplant ist, ist ein Skandal. Es geht an die Grundfesten der letzten Reste des Sozialstaates, es geht an die Zukunft unserer Gesellschaft, an die Existent von vielen Tausend Menschen. Und es betrifft längst nicht mehr nur die die sowieso am untersten Rand der Gesellschaft existieren und aus der Hartz-IV-Karriere nicht mehr herausfinden. Es betrifft mehr und mehr auch die so genannte Mittelschicht, deren Jobs prekärer werden und deren Abstiegsängste berechtigerweise steigen. Und es betrifft die LebenskünstlerInnen, die sich von Kreativ zu Kreativprojekt hangeln. Die Kürzungen gehen uns darum alle an und benötigen vehementen Protest. Schließlich ist ein Gemeinwesen dazu da seinen Mitgliedern bzw denen die es sein wollen ein gutes, ein menschenwürdiges Leben zu gewähren, und muss die Wirtschaft nicht den Zweck haben die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen anstatt Profite zu generieren?
Die Politik erklärt, dass die Sparmassnahmen unabdingbar sind. Die Finanz- und Wirtschaftskrise würde u.a. die Steuereinnahmen sinken lassen.
Wieso verzichtet die Bundesregierung auf eine Erhöhung der Einkommenssteuer, durch die die oberen Einkommen einen größeren Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens leisten könnten? Warum können Mehrausgaben für Großprojekte wie den Leipziger City-Tunnel – fast 400 Millionen Euro – oder für die Dresdner Waldschlösschenbrücke – 25 Millionen Euro – ohne Mühe und Not getätigt werden?
Die Politik setzt falsche Prioritäten und damit die Zukunft nachfolgender Generationen aufs Spiel!
Sind es doch gerade ausserschulische Bildungs- und Freizeitangebote, die jungen Leuten Lust und Kompetenz auf Mitbestimmung und Kreativität machen. Die damit gleichsam dazu beitragen, dass Vorurteile und Diskriminierungsdenken abgebaut werden. In einem Bundesland, in dem die extrem rechte Partei NPD gerade im JungwählerInnenmilieu außerordentlich stark verankert ist, ist diese Politik besonders fatal. Neonazistische Rekrutierungsarbeit, die oft in Form vorpolitischer Freizeitangebote stattfindet, wird Raum verschafft, anstatt demokratische, vielfalts- und mitbestimmungsorientierte Angebote gestärkt werden. Kein Wunder, dass die NPD im Landkreis Meißen bereits anfragte, ob sie ein Jugendhaus übernehmen könnte, wenn dies durch die Kürzungen von der Schließung betroffen sei.
Es ist an der Zeit dass wir gemeinsam und laut unsere Stimme gegen die unsoziale Politik erheben. Wir fordern die Rücknahme der bereits vorgenommenen sowie der anstehenden Kürzungen. Wir fordern nichts anderes als Freiheit, Gleichheit und Solidarität und damit einen grundlegenden Politik- und Systemwechsel! Her mit dem schönen Leben für alle!