Weltnest greift die von Ministerpräsident Tillich und Pegida negativ angeheizte Debatte auf und fragt mal wieder Kommunal- politiker*innen nach ihrer Meinung
Martin fragt:
Es gibt Sätze, die trotz ihrer Einfachheit einige Leute vor große Probleme stellen. „Der Islam gehört zu …“ ist ein solcher Satz. Deshalb heute in aller kürze: Gehört der Islam zu Leipzig?
Meine Antwort:
Klar gehört der Islam zu Leipzig. Genau wie die zahlreichen Gemeinden der anderen großen und auch kleinen Religionen. In Leipzig leben mindestens 10.000 MuslimInnen.
Trotzdem gilt: Religion ist Privatsache, deren freie Ausübung aber grundgesetzlich geschützt.
Eigentlich müssten diese drei Sätze als Antwort ausreichen.
Angesichts der schwelenden islamfeindlichen Mobilisierungen von Legida und angesichts der schon lange andauernden Stimmungsmache gegen einen Moscheebau in Gohlis, sei dann doch ein wenig weiter ausgeholt.
Die CDU Fraktion Sachen betont in einem aktuellen Papier die christlich-jüdische Werteordnung und meint, dass sich MigrantInnen dieser unterzuordnen haben. Es ist also das Abendland, das die Konservativen in Anlehnung an Pegida in Anschlag bringen. Und: Es ist eine Abgrenzung von einem konstruierten „Anderen“, „Bedrohlichen“, dem Islam. Kaum verwunderlich, dass Ministerpräsident Tillich am vergangenen Wochenende auch noch betont, dass der Islam nicht zu Sachsen gehört.
Eigentlich ist eine solche Aussage verfassungsfeindlich. Denn Deutschland ist ein säkularer Staat (auch wenn wer es in der Realität kaum ist) und Religionsfreiheit ist grundgesetzlich verbrieft. Doch darum geht es im Kern nicht.
Die Behauptung, dass der Islam nicht zu Deutschland, Sachsen oder Leipzig gehören würde, ist kulturkämpferisch und schürt Ressentiments, da „der Islam“ gemeinhin mit „Ausländern“ gleichgesetzt wird. Dem wird vor allem von der CDU eine homogene, geschlossene christlich-jüdische Tradition entgegengesetzt, die sich so in der Lebenswelt vieler Menschen gar nicht wiederfindet und die implizit behauptet, dass Menschen muslimischen Glaubens negativ anders sind. Das ist nicht nur einseitig, sondern mit der Forderung sich den hiesigen Werten unterzuordnen auch chauvinistisch. Meines Erachtens müssen die Menschen- und Grundrechte die Grundlage des Zusammenlebens sein.
Klar praktizieren gläubige MuslimInnen andere Rituale als gläubige ChristInnen, JüdInnen und so weiter. Oft sind sich streng Gläubige in ihren Praxen jedoch viel ähnlicher als der Rest der Gesellschaft.
Ich meine, dass auch Konservative von ihrem Bild einer geschlossenen, unveränderbaren Gemeinschaft und Kultur abrücken müssen. Deutschland ist längst Einwanderungsland, die Lebensentwürfe pluralisieren sich, die Bindungskraft der großen Religionsgemeinschaften nimmt ab.
Eine offene Gesellschaft, wie ich sie mir vorstelle, wird niemals konfliktfrei sein. Aber Meinungsstreit und das Suchen nach Lösungen und gemeinsame Werte für das Zusammenleben gehören zu einer lebendigen Demokratie dazu.
Und noch ein Wort zu dem oft geäußerten Einwand, dass z.B. ChristInnen in islamischen Staaten unterdrückt werden oder niemals eine Kirche bauen dürften: Dies kann nicht der Maßstab für unser Handeln sein, unser Maßstab muss eine tatsächlich säkulare Gesellschaft sein, in der Menschen verschiedenen Glaubens, verschiedener Herkunft und Lebensweise ihren Platz haben.
Gut geschrieben. Sehe ich als Christ fast ebenso! Gut geschrieben sind übrigens auch die Beiträge der anderen Befragten auf weltnest.de.
Ja die Religion egal welche ist in unserem Grundgesetz fest verankert und das macht eine Demokratie auch erst zur einer ..da eine Kirche in anderen Ländern die über Jahre mit oder in einer Diktatur leben Relegion nicht möglich sei weil diese dann auch durch diese Diktatur bestimmt wäre können wir froh sein verschiedene Glaubensrichtungen als einen Kultur Gewinn in unserer Demokratie zu haben.Ich finde es traurig das Menschen sich erst Vorurteile bilden bevor sie je mit dieser Kultur und Religion vertraut gemacht haben …es ist halt einfacher den anderen vom Mund abreden als selbst sich zu davon ein Bild zu machen .
Ja der Islam ist ein teil derer die hier leben somit auch ein Teil unser und Ihrer Kultur oft fehlt es einfach auch an fehlender Aufklärung, Unwissenheit und Angst in denn Rassisten ihren Nährboden finden. Leider auch PE..Legida und sow.
Klare Worte Nein zu Rassismus weil wir alles Menschen sind..
Hallo Frau Nagel,
im Großen und Ganzen kann ich ihren Worten zustimmen! Mit einer Aussage habe ich aber ein Problem. Wenn ich oder ein Herr Tillich sagen, dass der Islam nicht zu Sachsen (Deutschland) gehört, sind wir dann tatsächlich verfassungsfeindlich? Oder gilt hier nicht einfach das Recht auf Meinungsfreiheit und diese auch zu äußern? Jeder einzelne hat seine Ansicht auf verschiedene Sachen! Ich bin ein Befürworter von Glaubensfreiheit, ja ich möchte auch das Menschen die Asyl in unserem Land suchen, dieses gewährt bekommen! Aber muss man gleich in eine rechte Ecke gestellt werden, wenn man sich zu manchen Sachen kritisch oder dagegen äußert? Ich möchte auch keine Moschee, aber das ist meine Meinung und hat keine ausländerfeindlichen Gründe! Ich bin es aber satt mich dafür vorverurteilen zu lassen! Und ich glaube hier ist das Problem in unserer Gesellschaft! Keiner ist bereit auf den anderen ein Stück zuzukommen und Kompromisse zu suchen. Sie sagen „dass auch Konservative von ihrem Bild einer geschlossenen, unveränderbaren Gemeinschaft und Kultur abrücken müssen“. Frau Nagel, ich muss überhaupt nichts und will mir das auch nicht diktieren lassen! Aber ich sage ihnen wozu ich bereit bin. Ich bin bereit mich mit allen und jeden an einen Tisch zu setzen und zu reden! Das sehe ich bei ihnen nicht. Man bekommt eher einen Eindruck, dass jeder der nicht ihrer Meinung ist ein falsches Weltbild hat. Nirgends kann ich zum Beispiel lesen, dass sie auf gemäßigte Demonstranten der Legida zugehen würden, um das Gespräch zu suchen…
Ja, so ist der Mensch. Er pauschalisiert. Der Ungebildete ohne es zu wissen, der Gebildete um zu polarisieren.
Meine Interpretation zu Merkel und Tillichs scheinbar gegensätzlichen Aussagen: Beide haben Recht und meinen das Gleiche. Warum?
1. Merkel präzisierte Ihren Pauschalsatz später mit: „Alle Menschen sind in Deutschland willkommen, solange sie unsere Sprache sprechen und unsere Gesetze und Werte akzeptieren“
2. Tillich meint zwei Dinge. Erstens: In Sachsen sieht man wenig Muslime, Moscheen, arabisch sprechende Schulklassen/kurse, Sonderregelungen in öffentlichen Bädern etc. etc. Insofern hat er -pauschal und objektiv – ja Recht. Zweitens meint er in meiner Interpretation schlichtweg genau das, was Frau Merkel in ihrer Präzisierung auch gesagt hat. Egal welcher Religion Menschen sind, die demokratiefeindlichen und unpluralistischen Praktiken in vielen Islamischen Ländern gehören nicht zu Sachsen.
Und ob das Thema „Integrationsunwilligkeit“ ein Thema ist oder nicht – das wird jeder aus seiner eigenen Erfahrung heraus beantworten müssen. Ich für meinen Teil habe noch keinen Einwanderer getroffen, der von mir etwas aus seinem Kulturkreis gefordert hätte das meinen (den europäischen, humanistischen, christlich geprägten…) Werten widerspricht. Damit dies in Zukunft auch nicht passiert, muss Integrationspolitik erfolgreicher sein – und damit teurer. Insofern ist jede Massenunterkunft, jede versagte Hilfe zur Aufnahme eines eigenverantwortlichen Arbeits-Lebens hier in Deutschland, jede schlechte Sprachförderung ein Bärendienst. Ja, fast möchte man glauben da steckt nicht nur Unfähigkeit sondern Unwilligkeit dahinter. Xenophobie innerhalb aller der Regierung unterstellter Behörden. Ich kann das nicht beurteilen – es ist nur ein Erklärungsmodell..