Mehr als zwei Jahre ist es her, dass eine gentrifizierungs- kritische Demo in der Kantstraße in der Leipziger Südvorstadt entlang führte. Während die Debatte um die Entmietung des zentrumsnahen Wohnblocks Windmühlenstraße/ Grünewaldstraße/ Brüderstraße in vollem Gang war, rückte auch das Los der Wohnblöcke in der Kantstraße 55 – 63 in den Fokus. Beide Wohnquartiere wurden seinerzeit von der LWB an private Eigentümer verkauft.
Für das Windmühlenstraßen- Quartier wurde die Situatiuon mit den rigorosen Aufwertungs-Pläne des neuen Investors Casa Concept schon damals akut. Für rund 240 MieterInnen ging die IG Windmühlenstraße in die Spur um gegen die drohende Verdrängung infolge der Sanierungsmaßnahmen anzukämpfen. Neben Wohnungen waren auch kleine Kreativ-Locations bedroht.
Die Ausbeute des Aufbegehrens ist gering. MieterInnen, die sich wehrten, wurden verklagt. WGs, Familien und Einzelpersonen, die dort zum Teil viele Jahre lang gewohnt hatten, mussten das Feld räumen. Statt einem liebevoll selbst gestalteten grünem Innenhof und kleinem kreativem Gewerbe gibt es nun einen in die Wohnblöcke integrierten Aldi-Markt mit Parkplattform. Wohnungen werden u.a. als schicke StudentInnenappartments vermietet – 40qm für 400 Euro kalt .
Die Gemeinsamkeit zwischen Windmühlenstraße und zweien der vier Blöcke in der Kantstraße 55-63 ist die vormalige Besitzerin: die städtische Wohnungsbaugesellschaft LWB. Beide Wohnanlagen wurden aus dem Verwertungsbestand der LWB an private EigentümerInnen veräußert. Begründung: die Sanierung wäre für die 100%-tige Tochtergesellschaft der Stadt Leipzig zu teuer gewesen.
Die neue Eigentümerin des Windmühlenstraßen-Komplexes heisst Casa Concept. In der Kantstraße ist es die GRK Holding, der mit dem Kauf der zwei Blöcke von der LWB nun der ganze Komplex Kantstraße 55 – 63 gehört.
Die GRK ist eines der größeren Immobilienunternehmen der Stadt und mit der ihr bis Ende 2012 gehörenden Firma Logistikpark Leipzig GmbH Großspenderin des OBM-Wahlkampfs von Burkhard Jung. (vgl. LVZ vom 18.3.2014)
Als die Gentrifizierungsdebatte um die Windmühlenstraße 2011/12 in Fahrt geriet, rückte auch die Kantstraße und damit verbunden die Praxis der GRK in den Blick. Diese ging damals nicht gerade zimperlich mit den Kantstraßen-MieterInnen um. So soll es Räumungsklagen wegen illegaler Untervermietung und Druck unbefristete Mietverträge in befristete umzuwandeln gegeben haben. Wohlmöglich war das Ziel nichts anderes als die schnelle Entmietung um loszusanieren.
Nach dem kurzen öffentlichen Aufbegehren legte die GRK ihre Sanierungspläne für die Kantstraße erstmal auf Eis. Jetzt scheint es loszugehen. Zum 30.6.2014 endet ein großer Teil der befristeten Mietverträgen. Zirka 60 % der Mietparteien sind betroffen. Der Rest verfügt über unbefristete Verträge und ist nicht akut vom Auszug bedroht. Es dürfte allerdings nur eine Frage der Zeit sein, dass hier Briefe, zum Beispiel mit Sanierungsankündigen, ins Haus flattern.
Dass die Wohnungen dann nicht mehr bezahlbar sein werden, dürfte ebenfalls auf der Hand liegen.
Ein weiteres Mal steht damit die Fortexistenz eines bezahlbaren und atmosphäre-reichen Wohnessembles mit guten Nachbarschaftsbeziehungen auf dem Spiel.
Doch alle Messen sind längst nicht gesungen. Anstelle einer grundhaften Sanierung wäre für zumindest Teile der Häuser Instandssetzungsmaßnahmen bzw. Sanierungen auf niedrigem Niveau denkbar und wünschenswert. Ob eine solche Variante mit der Eigentümerin verhandelbar ist, steht auf einem anderen Blatt.
Am Sonntag, 22.6.2014 kamen zahlreiche Menschen zum Sommerfest und Flohmarkt in die Kantstraße. Eine Ausstellung mit Fotos von MieterInnen macht Hoffnung: Wir wollen hier bleiben, so heißt es von vielen.
In diesem Sinne: Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.
Wusste garnicht das die Mitarbeiter der GRK so schöne Plakate malen können…