[Artikel in der Leipziger Internetzeitung, 7.11.2010] Sie sind die Initiatoren und Organisatoren des Christopher Street Days in Leipzig, beraten und informieren über Homosexualität auch an Schulen. Dabei geht es auch um die Bekämpfung von Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt an homosexuell orientierten Menschen. Nun droht dieses für Leipzig wichtige Angebot wegzubrechen. Fördermittelkürzungen stehen an.
„Der Vorstand des Vereins ruft alle Stadträte, PolitikerInnen, VertreterInnen der Presse und BürgerInnen auf, die radikalen Kürzungen der Fördermittel der Stadt Leipzig am RosaLinde Leipzig e.V. aktiv entgegenzutreten und zu verhindern. Leipzig braucht ein mittel- und langfristig gesichertes Begegnungs- und Beratungszentrum für Lesben, Schwule, Transgender und Bisexuelle!“, ruft der Verein am 3. November jeden Leipziger zur Solidarität auf. Denn die Einsparungspläne im Jugend- und Sozialetat bedrohen derzeit die Arbeit bei kommunalen und freien Trägern in der Messestadt. Die Halle 5 unterbreitet bereits eine Online-Petition für ihren Erhalt, ebenso der Kindertreff BAFF.
Es ist nach Angaben des Vereins bekannt, dass im kommenden Jahr das Sozialamt der Stadt Leipzig dem translebischwulen Begegnungs- und Beratungszentrum RosaLinde Leipzig e.V. die Zuwendungen um fast 16 Prozent auf 22.000 Euro kürzen will. „Dieser Betrag stellt für einen chronisch auf Kante genähten gemeinnützigen Verein, der von den immer geringer fließenden Spenden und Fördermitteln zu großen Teilen abhängig ist, einen existentiellen Einschnitt dar.“
Juliane Nagel, Linxxnet-Sprecherin und Stadträtin für die Partei „Die Linke“ bringt der schwarz-gelbe Kürzungswahn auf Kosten der Engagierten auf die Palme und erklärt, was die sächsische Landesregierung im Schilde führt: „Nach und nach treten die Folgen der durch die schwarz-gelben Landesregierung anvisierten Kürzungen im Sozialetat zutage. 13 Prozent weniger sind im Entwurf des Doppelhaushaltes 2011/ 2012 eingestellt. Diese Einschnitte schlagen sich auch auf den Haushalt der Stadt Leipzig nieder. Die Zuschüsse für Vereine und Verbände in allen Bereichen sollen nach Vorstellungen des Kämmerers um neun Prozent, fast 880.000 Euro, sinken. Der Beitrag des Sozialamtes soll bei 286.550 (minus 8,6 Prozent) liegen. Diese Maßnahme würde auch das ‚translesbischwulen‘ Begegnungs- und Beratungszentrum RosaLinde Leipzig e.V. treffen.“
Die RosaLinde gilt als einziger Anlaufpunkt dieser Art in einer Großstadt wie Leipzig. Mit der drohenden Kürzung steht den Ausführungen des Vereins nach die Versorgung mit qualitativ hochwertiger und auch notwendiger Beratung und Begegnung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern in besonderen Lebenslagen zur Disposition. Der Verein erklärt, warum sie die geplanten Kürzungen so hart treffen: „Gerade durch Ausgrenzung, Gewalt und Intoleranz gegenüber den von uns unterstützten Bevölkerungsgruppen besteht ein hoher Beratungsbedarf, der durch unsere festangestellte, halbtags tätige Sozialberaterin kaum noch abgedeckt werden kann.“
Für Nagel hat vor allem der Druck der Kommune und der freien Träger auf die Landesregierung Priorität, dass diese die Kürzungen im Sozialetat zurücknimmt. Die Stadt Leipzig wird nicht in der Lage zu sein, alle Kosten abzufedern, die durch einen falsche Gemeindefinanzierung und den Rückzug von Bund und Land aus der angemessenen Finanzierung von Pflichtausgaben entstehen.
Durch eine Zunahme der Fallzahlen bei der Beratung und der TeilnehmerInnen bei den der RosaLinde angegliederten Selbsthilfegruppen ist der Einschnitt bei den Fördermitteln besonders unverständlich, da der Bedarf an entsprechender Beratung und Begegnung im geschütztem Raum nach wie vor notwendig ist. „Da wir als Trägerverein alljährlich den in dieser Form wohl einmaligen Christopher Street Day (CSD in LE) ausrichten und damit auch das wirtschaftliche Risiko tragen, drohen auch bei diesem Projekt erhebliche Einschnitte.“
Die junge Linke-Politikern weist auch auf die wichtige Arbeit und Bedeutung des Vereins hin, und sagt: „Auch in den Lehrplänen der sächsischen Schulen noch an den Hochschulen fehlt eine Lebenswelt nahe, moderne Sexualpädagogik. Vereine wie der RosaLinde e.V. leisten mit ihren Beratungs- und Begegnungsmöglichkeiten für Lesben, Schwule und Transgender eine unabdingbare Arbeit, die von den öffentlichen Bildungsinstitution vernachlässigt wird!“
Mit dem Schulaufklärungsprojekt „Liebe bekennt Farbe!“ des Landesprogramms „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ sind die engagierten Vereinsmitglieder in Leipzig und Umgebung aktiv, bieten für Bildungseinrichtungen Sexualaufklärungsworkshops, -unterrichtsstunden und Lehrerweiterbildungen an, die zu einer Förderung der Toleranz gegenüber nichtheterosexuellen Lebensweisen schon in der Schule beiträgt. „Auch dieses Projekt steht durch die Einschnitte bei der Förderung des Vereins auf der Kippe“, so die RosaLinde.
Und das ist genau der Ansatz, der wohl künftig an Schulen und Bildungseinrichtungen fehlen wird, beklagt Nagel und sieht düster in die Zukunft: „Der Kürzungswahn, der immer wieder die betrifft, die sowieso prekär arbeiten, die sich mit großer Aufopferung für ein solidarisches gesellschaftliches Klima engagieren ist nicht hinzunehmen und bedroht nicht zuletzt den sozialen Frieden.“
Die Vereinsmitglieder sind betrübt und lesbar sauer, dass dieses Streichkonzert überhaupt erfolgt. „Leipzig versteht sich als weltoffene, tolerante und lebenswerte Stadt, die sich auch um die Sorgen ihrer Bürger kümmert. Anscheinend gilt das aber nicht mehr für alle Bürger! Es ist beschämend, in welchem Maße sozio-kulturelle Projekte, wie die RosaLinde, von dieser Stadt am langen Arm verhungert gelassen werden. Seit Jahren wird, trotz inflationsbedingt steigender Lohn- und Unterhaltskosten, der Zuschuss der Stadt stabil gehalten; und nun wird er in erheblichem Maße zusammengestrichen. Unter solchen Voraussetzungen muss der Verein sich fragen, ob und wie er das derzeitige Angebot an Beratung, Information, Selbsthilfegruppen, Projekten, wie dem CSD in LE und das Schulaufklärungsprojekt, sowie niedrigschwelligen Angeboten für Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender aufrecht erhalten kann.“
Für Nagel ist der Fall auch im Namen der Linken in Leipzig sonnenklar. „Für die Linksfraktion im Stadtrat zu Leipzig ist die Kürzung bei Vereinen und Verbänden und grundsätzlich in allen Bereichen, die dem sozialen Zusammenhalt zugute kommen ein No-Go!“