In seiner Sitzung am 12. Dezember 2018 diskutierte und beschloss der Leipziger Stadtrat den neuen Fachplan Wohnungsnotfallhilfe. In das Papier flossen zahlreiche Änderungsvorschläge verschiedener Fraktionen, so auch der LINKEN, mit ein. Das Fazit bleibt trotzdem gemischt. Mein Stadtratskollege Mathias Weber und ich kommentieren:
„Die immer weiter steigende Zahl der Wohnungsnotfälle – im Jahr 2018 waren es 3.510, davon fast 2.000 neue – zeigt die dringende Notwendigkeit der Debatte. In Sachen Zwangsräumungen belegt Leipzig im sächsischen Vergleich seit Jahren einen traurigen Spitzenplatz.
Wohnen ist ein soziales Menschenrecht, und wir müssen auch in Leipzig alles dazu tun, dies zu realisieren. Wir freuen uns, dass mit dem Beschluss über den Fachplan zahlreiche Stellschrauben gedreht werden. So soll es zum Beispiel Änderungen in den Notunterkünften geben, so dass dort auch Paare und Menschen mit Hunden schlafen können. Zudem wird die Etablierung von medizinischen Versorgungsangeboten in den Notunterkünften und Tagestreffs geprüft. Zudem wird der von der Linksfraktion initiierte Hilfebus nun an den Start gehen. Nicht zuletzt werden die bisher über EU-Mittel finanzierten Streetworkangebote für Erwachsene vom Suchtzentrum und der Diakonie nun mit kommunalen Mitteln verstetigt und erweitert.
Ein Hauptaugenmerk muss darauf liegen, Notunterkunfts“karrieren“ zu vermeiden und Menschen möglichst schnell wieder in eigenen Wohnraum zu bekommen und passgenaue Hilfen zur Seite zu stellen. Wir freuen uns insbesondere, dass der Antrag der LINKEN auf Initiierung eines „housing first“-Modellprojekts im Stadtrat eine Mehrheit fand. Im Sinne des „housing first“-Ansatzes bekommen auf der Straße lebende Menschen zuerst eine Wohnung mit unbefristetem Mietvertrag und können dann freiwillig Hilfen in Anspruch nehmen. „Housing first“ wird allerdings nur funktionieren, wenn dafür auch Wohnungen zur Verfügung gestellt werden,“ kommentiert Juliane Nagel, Stadträtin der LINKEN.
Mathias Weber, wohnungspolitscher Sprecher der Linksfraktion, ergänzt:
„In der Vergangenheit konnten sich Betroffene auf einem entspannten Wohnungsmarkt noch selbst mit alternativem Wohnraum bedienen. Die Zeit ist spätestens 2018 vorbei. Selbst im KdU-Preissegment ist es für Vermieter selbstverständlich geworden, eine positive Schufa und eine positive Vorvermieterbescheinigung zu verlangen. Menschen, die sich an die soziale Wohnungsnotfallhilfe wenden, können oftmals eines von beidem nicht vorweisen.
Die Wohnungsnotfallhilfe profitierte in den zurückliegenden Jahren vom entspannten Wohnungsmarkt in Leipzig. Der ist mit einem marktaktiven Leerstand von 1 bis 2 Prozent nun mehr als angespannt. Auch die Reserve an Wohnungen mit Benennungsrechten ist viel zu gering.
Der Fachplan enthielt lediglich eine Soll-Bestimmung, dass die LWB dem Sozialamt zehn Wohnungen zur Benennung zur Verfügung stellen soll. Das war uns zu schwach formuliert und in der Anzahl zu wenig. Mit einem Änderungsantrag wollten wir die LWB verpflichten, 25 Wohnungen pro Monat dem Sozialamt zur Verfügung zu stellen. Da allen Wohnungsberechtigten Alg II zusteht, wäre auch kein wirtschaftlicher Schaden für die LWB entstanden. Wir sind enttäuscht, dass dieser wichtige Antrag, der eine essentielle Basis für die Prävention vor Wohnungslosigkeit ist, lediglich von der Linksfraktion unterstützt wurde.“
Der Fachplan soll nun auch mittels einer zweijährlich stattfindenden Strategiekonferenz mit Trägern und Betroffenen diskutiert und weiterentwickelt werden.
Änderungsanträge der Linksfraktion:
- Schaffung eines Angebots am Hauptbahnhof (abgelehnt) und Modellprojekt „housing first“ (geändert angenommen) ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp
- Wohnungen von der LWB (abgelehnt): ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp
- Anpassung Öffnungszeiten Notunterbringung und Tagestreffs, Medizinische Versorgung, ehrenamtliches Engagement, regelmäßige Durchführung Strategiekonferenz (alle geändert angenommen) ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp
PM 17. Dezember 2018