Evaluierung der Waffenverbotszone in Leipzig: Die Betroffenen einbeziehen!

Die Linksfraktion hat im Leipziger Stadtrat (erfolgreich) beantragt, dass in die am 5. November 2019 beginnende Evaluierung der Waffenverbotszone auch die im Geltungsbereich ansässigen Vereine, Initiativen und weitere Akteure einbezogen werden. Meine Rede zum Antrag:

Fast ein Jahr ist es her seit die Waffenverbotszone im Leipziger Osten unter Beisein des Sächsischen Innenministers und des Leipziger Oberbürgermeisters am 5. November 2018 mit allerlei Medienpremborium eröffnet wurde. Eine Landesverordnung regelt die räumliche Ausdehnung – immerhin 70 Fußballfelder, die Zielrichtung der Verbote, die sich nicht nur auf Waffen sondern auch gefährliche Gegenstände richtet, und zahlreiche Ausnahmetatbestände.

Die Einrichtung der Waffenverbotszone ging bei weitem nicht unwidersprochen über die Bühne. Zivilgesellschaftliche Initiativen und Vereine und auch ansässige Einzelhändler kritisierten das von Land und Stadt vorangetriebene Projekt. Und das zurecht.
Denn: Die Waffenverbotszone ist vor allem ein Instrument zur Stigmatisierung eines Stadtviertels, erhöht den alltäglichen Kontrolldruck gegen alle, die sich im Viertel bewegen, die dort leben und arbeiten und schafft rechtliche und gesellschaftliche Unsicherheit. Gegen organisierte kriminelle Netzwerke richtet die Zone nicht wirklich etwas aus. Sie ist Symbolpolitik.

In einem offenen Brief, der von zwanzig Vereinen und Initiativen aus dem betroffenen Viertel und zahlreichen Einzelpersonen unterzeichnet wurde, heißt es:

„Indem mit der neuen Verordnung die Möglichkeiten verdachtsunabhängiger Kontrollen auf ein Maximum erhöht werden, werden die Grundrechte auf freien Verkehr, Unversehrtheit und Privatsphäre ausgehebelt und die Unschuldsvermutung umgekehrt. Alle Anwohner/-innen und Gäste der Eisenbahnstraße werden so zu Bürgern 2. Klasse degradiert und pauschal kriminalisiert.“

Auch im Migrantenbeirat der Stadt, in den Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal und Polizeipräsident a.D. Bernd Merbitz Anfang des Jahres eingeladen waren, gab es durch die Bank Kritik. Denn: Die Waffenverbotszone leistet dem grundgesetzwidrigen racial profiling Vorschub. Vor allem junge männliche Migranten fallen schneller ins Raster der Polizei. Gegen soziale Verwerfungen oder Probleme im Zusammenleben kann die Waffenverbotszone nichts, rein gar nichts ausrichten.

Was ist nun die Bilanz der Waffenverbotszone?

Vom November 2018 bis Anfang Oktober 2019 hat die Polizei in der Waffenverbotszone insgesamt 218 Kontrollen durchgeführt. Davon betroffen waren 2600 Menschen und 640 Autos. Es wurden 152 Gegenstände sichergestellt und beschlagnahmt: unter anderem 112 Messer, drei Elektroschocker und eine scharfe Pistole samt Magazin und Patronen. Klingt gewichtig. Die ganz überwiegende Teil der kontrollierten Personen hatte aber Nichts bei sich. Die Trefferquote liegt bei maximal 5 % und hätte an jedem anderen Ort, an dem die Polizei genauer hinschaut, vergleichbar sein können.

Nun wissen wir, dass wir im Stadtrat nicht für oder gegen die Waffenverbotszone entscheiden können. Leider wurden wir als Kommunalparlament allerdings nie in die Entscheidung zur Einführung dieser Sonderzone einbezogen. Unser Antrag stellt darauf ab zumindest an der Evaluierung beteiligt zu sein. Ein nach Inkrafttreten, sprich zum 5. November 2019, beginnt die Evaluierung, mit der die Fachhochschule der Polizei betraut ist.

Unser Anliegen lautet kurz und knapp, dass sich die Stadt dafür einsetzt, dass in diese Evaluierung auch im Gebiet ansässige Vereine, Läden und Initiativen einbezogen werden. Denn diese sind die Akteure, die die Auswirkungen von Stigmatisierung, von verdachtsunabhängigen Kontrollen und der Veränderung des Sicherheitsgefühls am Besten einschätzen können. Wir uns eine Evaluierung, die nicht nur mit nackten Zahlen hantiert, sondern die gesellschaftlichen Wirkungen dieses Instruments in den Blick nimmt. Wir haben also eine Neufassung vorgelegt, die die Vorschläge der Grünen in veränderter Form aufnehmen. Eine Anwohner*innenbefragung zu virulenten Fragen und eine Anwohner*innenversammlung halten wir für sinnvolle Instrumente. Dafür haben wir die Fragestellungen minimal geändert und wollen insbesondere die Perspektiven von von Rassismus betroffenen und prekarisierten Menschen einholen,die bekanntermaßen von Polizeikontrollen am meisten betroffen sind.

Wir bitten um Zustimmung zum Antrag und wünschen uns dass solche Formen der Beteiligung der Bewohner*innen unserer Stadt, gerade bei solch grundlegenden Vorhaben, in Zukunft ganz von selbst praktiziert wird.

Und ja: Wir hoffen, dass die Waffenverbotszone mit der Evaluierung Geschichte wird und endlich sozialpolitische Maßnahmen zum Zuge kommen!

Antrag „Beteiligung der Stadt Leipzig und des Stadtrats an der Evaluierung der Waffenverbotszone“

Der Antrag wurde angenommen

 

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