Die Europawahlen sorgen auch in der politischen Rechten für Bewegung. Während die NPD sich an der Frage der Spitzenkandidatur zerlegt, zieht auch in der Alternative für Deutschland Unruhe ein.Es ist unter anderem die Frage des Umgangs mit potentiellen Mitgliedern, die aus rechtspopulistischen Splitterparteien kommen, die die elitären EU-Skeptiker umtreibt und spaltet. Ihre Verortung im Spektrum der EU-Rechten hat die AfD schon mal festgelegt. Im Falle des Einzugs in das Europaparlament im Mai 2014 wolle man sich der nationalkonservativen Fraktion anschließen. In der momentan fünftgrößten Fraktion „Europäische Konservative und Reformisten“ (ECR) sind unter anderem die britische Konservative Partei (Tories), die tschechischen Konservativen (ODS) und die polnische Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) vertreten. Ihre inhaltliche Ausrichtung lässt sich mit der Klammer „Vaterland und Neoliberalismus“ beschreiben.
Die rechten Parteien, die mit deutlichen rassistischen, homophoben und europafeindlichen Positionen auftreten, haben sich im Europaparlament als Fraktion „Europa der Freiheit und der Demokratie“ (EFD) zusammengeschlossen. Die Abgeordneten, die sich bis November 2007 in der nur 10 Monate existierenden Fraktion „Identität, Tradition, Souveränität“ (ITS) sammelten, sind im Europaparlament derzeit zum großen Teil fraktionslos. Darunter Ex-ITS-Chef und Front-National-Protagonist Bruno Gollnisch.
Der Front National (FN), der in Frankreich laut Umfragen derzeit das Potential hat bei den Europawahlen stärkste Partei zu werden, gehört auch zu den InitiatorInnen eines neuen rechten Parteienbündnisses. Mitte November trafen sich in Wien sechs Parteien – neben dem FN die FPÖ, die niederländische Partei für die Freiheit (PVV) die italienische Lega Nord, der belgische Vlaams Belang (VB), die Schwedendemokraten (SD) und die Slowakische Nationalpartei (SNS) – und formulierten das Ziel im nächsten Europaparlament die drittstärkste Fraktion nach Christ- und Sozialdemokraten zu stellen.
Um ihr Ziel zu erreichen muss das Bündnis noch eine weitere Partei finden. Die Regularien des Europaparlaments sehen vor, dass mindestens 25 Abgeordnete aus sieben verschiedenen Mitgliedsländern der EU zur Bildung einer Fraktion notwendig sind.
Das Bindeglied zwischen den Akteuren ist „die Bewahrung der kulturellen Identitäten der europäischen Völker, gegen eine Masseneinwanderung und eine Islamisierung Europas“, wie es in einem gemeinsamen Kommuniqué formuliert ist. Ein Spaltpilz könnte die Frage des Verhältnisses zum Staat Israel sein. Während der niederländische Rechtspopulist Geerd Wilders (PVV) traditionell eine enge Verbindung zur israelischen Rechten unterhält und dies als auch als strategischen Schachzug gegen eine vermeintliche „Islamisierung“ deklariert, winkt beispielsweise die Dänische Volkspartei im Hinblick auf diese Frage ab und geht auf Distanz zur neuen Rechtsallianz.
Ein größerer Konsens dürfte in der Frage der Wiedererlangung nationalstaatlicher Kompetenzen, der Abwehr von Zuwanderung und des Stopps weiterer Zahlungen an überschuldete Mitgliedstaaten bestehen.
Eine Trennlinie wird in Richtung extrem rechter Parteien gezogen: so kappte der Front National noch kurz vor dem Treffen in Wien die letzten Verbindungen zur ungarischen Nazi-Partei Jobbik. Gemeinsam hatten die französischen und ungarischen Ultra-Nationalisten seit 2009 das Bündnis „Europäische Allianz der nationalen Bewegungen“ betrieben.
Doch auch das Abstreifen klarer Bezüge in die extrem rechte Ecke überzeugt die Alternative für Deutschland, die voraussichtlich angeführt von Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke in den Europawahlkampf ziehen will, nicht sich als Partnerin anzubieten. „Eine Zusammenarbeit mit PVV, FPÖ oder Front National und Ähnlichen lehnen wir entschieden ab“, tönte es in Reaktion auf die Bildung des Rechtsbündnisses aus der Führungsetage der AfD. Bleibt abzuwarten, was die Zukunft bringt.
Für eine demokratische, europäische Linke das Erstarken rechter, europaskeptischer bis -feindlicher Kräfte eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Die schwelende Eurokrise bietet Futter für nationalistische und anti-solidarische Positionen. Dem gilt es einen positiven Bezug auf ein vereintes Europa mit starken sozialstaatlichen und demokratischen Mechanismen entgegenzustellen.
Juliane Nagel & Cornelia Ernst, erschienen in LINKS! Dezember 2013
Was ist mit Parteien die nur Europafeindlich sind? Sind die zwangsläufig auch rechts? Oder nur rechtspopulistisch; und wo liegt die Grenze zwischen rechts und rechtspopulistisch?
Apropos Populismus. Ist Populismus Eurer Lesart nach immer schlecht oder nur wenn dieser von anderen Parteien bedient wird, die der LINKEN Wählerstimmen wegnehmen?
Wenn die Wähler überwiegend, mehrheitlich das Gefühl haben, eine EU wie sie jetzt existiert ist nur zu unserem Schaden, dann fühlen sich linke EU-Politiker auf den Schlips getreten? Warum, eigentlich?
Ich finde Ihr seid eine Zumutung für den normalen common sense. Aber das ist Vermutlich die Voraussetzung für Eure Politik.
Auf was bezieht sich dieser Kommentar? Die erwähnten Parteien zeichnen sich alle durch eine rechte, nationalistische und z.T. durch rassistische Positionen aus. Also verkoppelt sich hier Europafeindlichkeit bzw – skeptizismus mit einer rechten Ideologie, ja.
Ich würde auch soweit gehen zu sagen, dass die, die sich gegen die Gründungsidee eines Vereinten Europas stellen, die ja unter anderem im Ziel eines friedlichen Staatenbundes und auch der gegenseitigen ökonomischen Unterstützung bestand, die, die sich gegen die Inhalte der Grundrechtecharta stellen und die, die zurück zum Nationalstaat wollen, aus emanzipatorischer Perspektive zu kritisieren sind.
Eine Kritik an der EU, die das fehlende Sozialstaatsprinzip, fehlende demokratische Elemente und Weltmachtstreben zum Inhalt haben, sind dagegen richtig und wichtig, tasten die Idee eines vereinten Europas aber nicht an.
Populismus: ist ein Mittel, auf das auch die LINKE/ Linke zurückgreift/ greifen. Aber auch hier muss qualitativ geschaut werden: geht es um mehr Grund- und Menschenrechte, die populistisch zugespitzt gefordert werden, oder um das Anrufen „niederer Instinkte“ z.B. gegen Deklassierte, gegen MigrantInnen etcpp.
Populismus ist i.d.R. un- bzw. sogar antidemokratisch.
Und noch kurz: was ist der „Common sense“ (die GegnerInnenschaft zur EU ist es m.e. nicht) und ist Widerspruch gegen jenen in ihrer Sicht auf die Dinge störend, abzustellen etcpp? Dann zeichnen sie sich nicht gerade durch ein demokratisches Verständnis aus..