Zum 73. Mal jährt sich am 2. August der Tag an dem der Genozid an den Sinti und Roma seinen traurigen Höhepunkt fand. Die Initiative Leipzig korrektiv ruft zum Gedenken am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma am Schwanenteich in Leipzig auf
Am 2. August 1944 wurde der Abschnitt BIIe im Konzentrationslager Auschwitz geräumt und die 2897 noch verbliebenen Sinti und Roma in den Gaskammern ermordet. Allein in Auschwitz starben zwischen Februar 1943 und August 1944 19300 in diesem Abschnitt untergebrachte Menschen. Insgesamt fielen hunderttausende Sinti und Roma den Nazis zum Opfer.
In Deutschland ist das Bewusstsein für die leidvolle Geschichte der größten Minderheit Europas und für die eigene Verantwortung dafür jedoch kaum ausgeprägt. So ist der 2. August in Deutschland kein offizieller Gedenktag. Vom Europäischen Parlament wurde der Tag dagegen vor zwei Jahren als „European Roma Holocaust Memorial Day“ anerkannt.
Wir werden den 2. August auch in diesem Jahr für ein würdiges Gedenken nutzen. Zu erinnern heißt für uns dabei vor allem auch Konsequenzen für die Gegenwart zu ziehen.
Die Geschichte der Roma ist die auch heute fortgeschriebene Geschichte von Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung.
Vor allem in den Ländern Südost- und Osteuropas leben Roma am Rande der Gesellschaft, oft abgeschnitten von humanitären Lebensstandards. Kindern und Jugendlichen bleibt der Zugang zu gleichwertiger Bildung verwehrt und Erwachsenen der Zugang zu Wohnraum und dem Arbeitsmarkt. Die Betroffenen sind oft einem rigorosen Rassismus ausgesetzt. Dieser hat seinen Nährboden in den noch lebendigen Stereotypen von den „nicht Anpassbaren“, vom „fahrenden Volk“ und von quasi-biologischer Kriminalitätsneigung.
Diese falschen Zuschreibungen bilden auch in Deutschland die Basis von Diskriminierung der Sinti und Roma. Die aktuelle „Mitte-Studie“, mit der SozialwissenschaftlerInnen seit vielen Jahren Vorurteilsmuster in der deutschen Bevölkerung untersuchen, zeigte erst 2016, dass die Ablehnung von Roma deutlich zugenommen hat. 57,8 % hätten demnach ein Problem damit, wenn Sinti und Roma sich in ihrer Gegend aufhalten würden.
Gleichzeitig hat sich die staatliche Gangart gegen die Angehörigen der Roma-Minderheit mit der immer weiteren Verschärfung der deutschen Asylgesetzgebung verhärtet. Die Erklärung von sechs Westbalkanstaaten zu so genannten „sicheren Herkunftsländern“ verunmöglicht den meisten von ihnen in Deutschland Schutz zu finden. Aus der Mitte unserer Gesellschaft wurden und werden Roma zu tausenden abgeschoben. Oft sind Kinder und Jugendliche betroffen, die hier geboren sind und keinerlei Bezüge zu den Herkunftsstaaten ihrer Eltern haben.
Wir meinen auch und vor allem im Jahr 2017: Aus dem nationalsozialistischen Genozid an Sinti und Roma erwächst gerade für Deutschland eine große Verantwortung. Wir fordern eine würdige Erinnerungskultur und die Erklärung des 2. August zum offiziellen Gedenktag. Wir fordern eine Ende der Abschiebungen von Angehörigen der Roma-Minderheit und eine Verbesserung der Lebenssituation von Roma in ganz Europa!
Darum rufen wir am 2. August 2017 anlässlich der Liquidation des Abschnitts BIIe im KZ Auschwitz zum Gedenken am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma am Schwanenteich in Leipzig auf. Setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen eine falsche Asylpolitik, gegen rassistische Stimmungsmache und für ein würdiges Erinnern!
Treff: Mittwoch, 2. August 17:00 Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma am Schwanenteich in Leipzig
Als Redner konnten wir in diesem Jahr Aladar Horvath, den Präsidenten des ungarischen Roma Parlaments gewinnen. Er wird über die Situation von Roma in Ungarn seit der Machtübernahme durch Viktor Orban und seine Partei Fidesz sprechen. Bereits am 1. August, dem Vorabend des Gedenktages, wird er im Kultur- und Wohnprojekt B12 in der Braustrasse 20 zu diesen und weiteren Fragen in Rahmen einer Podiumsdiskussion, Rede und Antwort stehen.