Bunte Platte gibt AJZ auf

Viel Herzblut reingelegt (Grünau bleibt bunt 2007, Her mit der bunten Vielfalt 2008, Grünau hat ein AJZ!, Antirassismuswoche 2010) und genauso sehr schmerzt die nun offiziell gemachte, länger schon fest stehende Entscheidung: das lang erkämpfte und ein Jahr existierende Alternative Jugendzentrum in Leipzig-Grünau schließt seine Türen.
Die Bunte Platte sollte mehr sein als ein die existente Jugendhilfe-Landschaft ergänzendes Projekt. Das AJZ hatte den Anspruch Freiraum zu sein, ein Freiraum von Neonazis und Diskriminierungsdenken, ein Freiraum für die freie Entfaltung alternativer Jugendkultur und solidarisches Miteinander.

Als 1999 der Treff 2 im Kirschberghaus seine Pforten schließen musste, weil dort akzeptierende Jugendarbeit mit Neonazis betrieben wurde, forderten junge, antifaschistische Menschen einen eigenen Raum. Die Forderung verhallte trotz Aktionen und Lobbyarbeit ungehört. Vier-fünf Jahre später nahm eine andere Gruppe Jugendlicher die Dinge wieder in die Hand. In einem eigenen Raum nahe des Kulkwitzer Sees trafen sie sich, feierten Partys, machten Veranstaltungen und Projekte. Weil den Vermieter vor allem die Nazi-Bedrohungen störten, musste die „Bunte Platte“ allerdings im November 2007 ihre Zelte abbrechen. Fast zwei Jahre und zwei Demonstrationen später endete die Suche nach einem neuen Raum: das Jugendamt der Stadt Leipzig übergab die Räumlichkeiten des geschlossenen Offenen Freizeittreffs „Olympic“ in die Hände des Bunte Platte e.V.
… Zu spät …

Erklärung der Bunte Platte, 18.10.2010


Bunte Platte e.V. beendet zum 31.12.2010 Freiraumprojekt „AJZ Bunte Platte“ in Grünau

Das AJZ Bunte Platte wird zum Jahresende 2010 schließen. Die InitiatorInnen und BetreiberInnen des selbstorganisierten Projektes haben sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Schließlich ging es dem Verein Bunte Platte mit der Eröffnung am 1.8.2009 darum, ein alternatives Jugend- und Kulturzentrum, ein Zentrum für demokratische Kultur, zu schaffen.
Nach über einem Jahr des Betreibens des AJZ Bunte Platte ist jedoch die Erkenntnis gereift, dass die Arbeit und damit das Aufrechterhalten des AJZ in der Pfaffensteinstraße für uns unmöglich geworden ist.

Ein kurzer Rückblick: Die bis November 2007 genutzten Räumlichkeiten nahe des Kulkwitzer Sees waren vom Vermieter gekündigt worden, da das Haus mehrfach Zielscheibe neonazistischer Angriffe geworden war. Mit hohem Krafteinsatz wurde nach einer neuen Räumlichkeit gesucht. Dabei mussten jedoch mehrere Rückschläge in Kauf genommen werden. Im Februar 2009 entschied der Stadtrat zu Leipzig den städtischen Jugendtreff Olympic zu schließen und die Räumlichkeit in die Hände des Bunte Platte e.V. zu geben. Rückblickend ist die Erkenntnis gereift, dass das Angebot der Stadt Leipzig viel zu spät kam. Ohne einen festen Ort, der Möglichkeiten zur selbstbestimmten Gestaltung von Angeboten und für soziale Zusammenkünfte bot, wurde die Gruppe brüchig. Für viele bestand kein Sinn mehr in Grünau wohnen zu bleiben.
Nichts desto trotz nahmen die verbliebenen AkteurInnen das Angebot der Stadt, die Räumlichkeiten des alten „Olympic“ zu nutzen, gern an.
Im ersten halben Jahr zahlte der Bunte Platte e.V. die monatliche Miete in Höhe von über 1000€ selbständig. Dies führte den Verein schnell an den Rand seiner finanziellen Möglichkeiten. Darüber hinaus stellte sich schnell heraus, dass das ehrenamtliche Betreiben des AJZ die Kräfte der wenigen Aktiven übersteigt.
Aus den vielen Jugendlichen, die sich in der Bunten Platte engagier(t)en wurden seit dem Verlust des Objektes am See junge Erwachsene, die berufstätig sind und teilweise Familien gegründet haben. Individuelle Ressourcen für die sehr anspruchsvolle Arbeit im AJZ waren dadurch weniger vorhanden.
Ohne eine bezahlte Personalstelle, die sich um Öffnungszeiten und tagtäglich anfallende Aufgaben kümmert, ist für uns das Betreiben eines Jugendzentrums nicht möglich. Die Aussichten auf solch eine Stelle waren jedoch von Anfang an sehr schlecht und ein erneuter, zäher politischer Kampf darum hätte trotz zahlreicher UnterstützerInnen erneut Kraft gekostet, die nicht mehr zu bündeln war.

Vor diesem Hintergrund und der schwer erreichbaren Lage des AJZ (am äußersten Rand der Stadt) ist es nicht gelungen, neue Jugendliche in die Arbeit einzubinden und das Angebot eines alternativen Freiraumes, in dem nicht-rechte Jugendliche ihre Freizeit verbringen und selbstbestimmt kreativ gestalten können, ausreichend zu popularisieren.
An alternativen Projekten, wie sie gerade ihre Blütezeit in Leipzig-Plagwitz haben, mangelt es nach wie vor in Grünau. Seit Ende der neunziger Jahre hat sich jedoch in Grünau einiges bewegt. So stehen die Offenen Freizeittreffs allen nicht-rechten Jugendlichen offen und werden auch durch diese genutzt.
Die Idee eines selbstorganisierten Freiraumes für alternative und demokratische (Jugend-) Kultur wird durch die Bunten Platte Aktiven und deren FreundInnen weiterhin nachdrücklich unterstützt. Solche Räume bieten die Möglichkeiten Kritikfähigkeit, Selbstbestimmung und Kreativität auszubilden, jenseits wirtschaftlicher Interessen sowie jenseits politischer Beliebigkeit. Sie sind und bleiben zentrale Möglichkeiten neonazistischen Jugendbewegungen vorzubeugen und stattdessen soziales, antifaschistisches Engagement und gegenseitiges Interesse zu fördern. Das Betreiben solcher Räume benötigt allerdings ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen.
Die Schließung des AJZ Bunte Platte ermöglicht uns, unsere knapper gewordene Zeit in andere Projekte zu investieren. Wir werden weiterhin im Stadtteil tätig bleiben. So soll unter anderem auch 2011 wieder zum „Bunte Platte Cup“ gegen Rassismus und Diskriminierung gekickt werden. Die Internetpräsenz des Vereins wird weiterhin bestehen bleiben ebenso wie wir neue Aktionen, Events und politische Diskussionen anregen werden.

Engagierte und Interessierte, die mit uns gemeinsam aktiv werden wollen, können uns über Email (die auch auf der Homepage zu finden ist) kontaktieren .
Der Bunte Platte e.V. dankt last but not least allen, die sich in den vergangenen Jahren für das Projekt Alternatives Jugendzentrum eingesetzt haben. Wir wissen, dass wir mit unserer Entscheidung auch Enttäuschung auslösen. Wir sind als Gruppe und Bunte Platte e.V. weiterhin ansprechbar, stehen für individuelle Gespräche bereit und benötigen bei der fortlaufenden Tätigkeit auch weiterhin Unterstützung.