Seit meiner Wahl werden ich häufig an verschiedenste Orte Sachsen eingeladen um in meiner neuen Funktion als Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik über dieses Thema in die Diskussion zu kommen. Letzte Woche war Glaucha im Landkreis Zwickau dran
Artikel von Simone Hock (DIE LINKE Zwickau)
Juliane (Jule) Nagel hat bei der letzten Landtagswahl das einzige Direktmandat für DIE LINKE geholt und sitzt seither im Landtag. Als langjährige Stadträtin in Leipzig hatte sie sich dort unter anderem um die Asylpolitik gekümmert, darum, die Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen sozialer und menschlicher zu gestalten. Insofern ist es nur folgerichtig, dass sie in der Landtagsfraktion nun Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik und zudem für Datenschutz ist.
Und natürlich ging es in der Diskussion am 22. April 2015 vorwiegend um Flüchtlings- und Asylpolitik, einem Thema das aktuell in verschiedenster Form die Medien beherrscht. Jule wies eingangs darauf hin, dass in der Vergangenheit viele Fehler gemacht wurden. Ehrenamtliches Engagement wurde nicht gewürdigt und gleichzeitig ging man davon aus, dass Flüchtlinge nach ein paar Monaten wieder verschwinden. Doch die Realität sieht anders aus, auch Flüchtlinge bleiben oft viele Monate oder Jahre, manche für immer. Die Versäumnisse der Vergangenheit haben nun schlimme Folgen, finden ihren Niederschlag in steigendem Rassismus, An- und Übergriffe auf Flüchtlinge, Flüchtlingsunterkunft, Politiker und Helfer und zeigen sich in den zahlreichen Demonstrationen von Pegida und ihren Ablegern und anderen rechten Organisationen. Die auf diesen Demonstrationen verbreitete Botschaft: Wir werden von Flüchtlingen überflutet, sie stellen eine Gefahr für unsere Kultur und unsere Bevölkerung dar. Doch betrachten wir doch mal die Fakten.
Fakt ist, weltweit sind rund 57 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung, Krankheit und Hungersnöten, Tendenz steigend. Man könnte auch vom Beginn einer neuen Völkerwanderung sprechen.
Fakt ist, Deutschland hat 2014 200.000 Flüchtlinge aufgenommen, fünf Prozent davon – also 11.700 – davon kamen nach Sachsen mit vier Millionen Einwohnern. Für 2015 rechnet man in Deutschland mit rund 400.000 Flüchtlingen, von denen etwa 25.000 nach Sachsen kommen werden.
Fakt ist, dass keiner dieser Flüchtlinge seine Heimat leichtfertig verlässt. Es sind schwerwiegende Gründe, die Menschen dazu bringen ihre angestammte Heimat, Freunde, Familie, Nachbarn zu verlassen und sich auf einen beschwerlichen und oft auch tödlichen Weg in die Fremde zu machen.
Fakt ist, dass auch wir als Exportland vielfältig für die Situation in den Heimatländern mitverantwortlich sind, leben wir doch letztlich auf Kosten anderer.
Fakt ist, ein Handy ist für die Flüchtlinge kein Zeichen von Wohlstand sondern einzige Kommunikationsmöglichkeit mit Verwandten und Freunden in der Heimat.
Fakt ist, dass es Flüchtlingen zu Anfang gar nicht, nach drei Monaten unter bestimmten Voraussetzungen und erst nach 15 Monaten generell erlaubt ist zu arbeiten. Sie würden dies gern von Anfang an tun, für ihren Lebensunterhalt selber aufkommen.
Fakt ist auch, ohne Hilfe hier vor Ort ist es fast unmöglich, die Neuankömmlinge zu integrieren. Das Erlernen der Deutschen Sprache, der Kontakt zu Ortsansässigen, die Einbindung ins gesellschaftliche Leben sind hierfür wesentliche Voraussetzung. All das zu leisten ist ohne ehrenamtliche Helferinnen und Helfer vielerorts nicht möglich. Spenden an Kleidung, Spielsachen, Haushalts- und Einrichtungsgegenstände sowie Patenschaften sind wichtige Elemente einer positiven Willkommenskultur.
Und Fakt ist auch, wenn Flüchtlinge statt in großen Sammelunterkünften mit oft mehreren hundert Menschen in kleineren Einheiten bis zu 50 Menschen oder dezentral in Wohnungen untergebracht werden, gelingt die Integration besser. Positive Beispiele sind hier Leipzig mit bis zu 8 kleineren Unterkünften mit bis zu 50 Personen, Deutschkursen für allen ankommenden Flüchtlinge und einer höheren Zahl von Betreuern; die Sächsische Schweiz, wo Familien vom Erstaufnahmelager direkt in Wohnungen vermittelt werden oder auch Glauchau, wo ehrenamtlich Sprachkurse angeboten werden. Im Landkreis Zwickau gibt es verschiedene Initiativen, die Flüchtlingen helfen sich zurechtzufinden und ihnen das Leben erleichtern.
Als Resümee der Veranstaltung kann man sagen, dass es wichtig ist und wir täglich gefordert sind, der kruden Vorstellung von Pegida und co aber auch so mancher Politiker und Medien mit Fakten entgegen zu treten. Ebenso wichtig ist es, den Flüchtlingen Hilfe zuteil werden zu lassen – so wie es dem Einzelnen/der Einzelnen möglich ist – durch Sachspenden, Hilfe bei Behörden- oder Arztbesuchen, Einkaufen, beim Erlernen der Deutschen Sprache oder einfach durch Gespräche, das Ermöglichen von Teilhabe an Kultur und Sport. Die Möglichkeiten sind so vielfältig wie die Herkunftsländer der Flüchtlinge. Und manchmal hilft schon einfach zuhören, eine kleine Geste, damit sich Fremde angenommen fühlen und vielleicht zu Freunden werden.