Die Zahl der Abschiebungen bleibt auch im 3. Quartal 2016 auf hohem Niveau. 539 Menschen wurden bis Ende September 2016 aus Sachsen abgeschoben, im Gesamtjahr waren es bisher 2.613 (Drucksache 6/6650). Mehr als die Hälfte stammt aus Westbalkan-Staaten, die zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt worden sind. Durch Abschiebungen sind 2016 bereits 19 Familien getrennt worden (Drucksachen 6/6618). Mein Statement dazu:
Die Staatsregierung geht weiter mit voller Härte vor, auch gegen Familien. Das ist schockierend. Familientrennungen werden laut Innenministerium nur in begründeten Ausnahmefällen vollzogen, denn die „zuständigen Behörden und Gerichte [sind] verpflichtet, bei der Entscheidung über den weiteren Aufenthalt eines Ausländers die bestehenden familiären Bindungen in einer Weise zu berücksichtigen, die der Bedeutung entspricht, welche das Grundgesetz in Art. 6 dem Schutz von Ehe und Familie beimisst“ (Drucksache 6/5205). Solche Ausnahmefälle werden immer zahlreicher – Sachsen will offenbar seine bundesweite Führungsrolle bei Abschiebungen halten. Dem selbst auferlegten Druck, den Stimmungsmachern von Pegida und Co. zu genügen, darf die Humanität nicht geopfert werden!
Für Aufmerksamkeit sorgen die Abschiebung der Alleinerziehenden Raisa D. ohne ihren 13-jährigen Sohn aus Grimma nach Polen im April 2016 sowie die Abschiebung von Azbije Kamberovik nebst drei Kindern aus Riesa nach Mazedonien, wobei der Vater Sami Bekir und vier weitere Kinder zurückblieben. In beiden Fällen wurden offensichtlich auch gesundheitliche Aspekte ungenügend beachtet. In beiden Fällen haben die Betroffenen mit zivilgesellschaftlicher Unterstützung bereits kleine Erfolge errungen. Raisa D.s Strafanzeige wegen Kindesentziehung wird nach einer Beschwerde gegen die Einstellung der Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft wieder verfolgt. Im Fall der Familie Bekir/Kamberovik wurde die Abschiebung des Vaters mit vier Kindern nach einer Güteverhandlung ausgesetzt. Die Landesdirektion prüft nun Anträge auf ein dauerhaftes Bleiberecht, das auch die Rückkehr der abgeschobenen Familienmitglieder bedeuten würde (https://siesollenbleiben.noblogs.org). Es lohnt sich, das Vorgehen der sächsischen Behörden nicht einfach hinzunehmen.
Abschiebungen sind Zwangsmittel. Die Betroffenen werden in Gebiete zurückgeschickt, in denen ihnen Not, Armut oder Diskriminierung drohen. Wir treten für rechtstaatliche Einzelfallprüfungen zugunsten der Betroffenen ein und wenden uns gegen Pauschalurteile, wie sie im Dogma der „sicheren Herkunftsländer“ angelegt sind. Die Westbalkan-Staaten sind insbesondere für Roma wie die Familie Bekir/Kamberovik keineswegs sicher!
PM Fraktion DIE LINKE im SLT, 1. November 2016
Bildquelle: MitschülerInnen von Suela und Eduvan protestieren gegen die drohende Abschiebung