Schutz vor häuslicher Gewalt braucht verbindliche Maßnahmen – Ursachen müssen konsequent bekämpft werden!

Am 19. Dezember debattierte der Sächsische Landtag über häusliche Gewalt und Gegenstrategien. Die Maßgaben der Istanbul-Konvention müssen verbindlich umgesetzt und Schutz- und Beratungsstrukturen ausgebaut werden. Doch mehr noch heißt es antifeministische und sexistische Einstellungen konsequent zu bekämpfen. Meine Rede:

„Tödlicher Beziehungsstreit in Mittelsachsen“, Tödliches Eifersuchtsdrama im Erzgebirge“, „Haftbefehl gegen Ehemann im Frankenberger Familiendrama“ – das sind Überschriften aus sächsischen Zeitungen der letzten Monate, die eins zeigen: Gewalt an Frauen wird gesellschaftlich weiterhin verharmlost und als Ergebnis persönlicher Verwerfungen oder Dramen dargestellt:

Dabei müssen wir doch endlich klar haben: häusliche Gewalt ist eine Form der Menschenrechtsverletzung, Femizide sind Hassverbrechen – es handelt sich nicht um ein Privatproblem betroffener Paare oder Familien, es handelt sich auch nicht um ein „importiertes Problem“, es ist ein gesellschaftliches Problem und somit auch eine gesellschaftliche und öffentliche Aufgabe dagegen ohne Ansehnens der Person vorzugehen, das steht außer Frage, das schreibt uns auch die Istanbul-Konvention ins Stammbuch.

In den letzten 5 Jahren wurde von der Gleichstellungsministerin Katja Meier in dem Bereich in Sachsen viel auf den Weg gebracht, das erkennen wir als Linke an. Beratungs- und Unterstützungsstrukturen wurden deutlich ausgebaut, Schutz-Kapazitäten wurden geschaffen.

Doch wir dürfen in unseren Bemühungen nicht aufhören, denn wir sind noch lang nicht am Ziel:

Zum ersten gibt es in Sachsen gerade einmal 166 Plätze in Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen, die Istanbul Konvention verlangt mindestens 404.

Der Opferschutz bei familiengerichtlichen Prozessen lässt zweitens zu wünschen übrig: noch immer werden in Familiengerichten regelmäßig Urteile gefällt, die das Umgangsrecht des gewaltausübenden Elternteils höher wiegen als den Schutz der Betroffenen und somit zu regelmäßigem Kontakt mit dem (ehemaligen) Peiniger zwingt.

Die Strukturen der Beratung und des Opferschutzes wurden drittens zwar deutlich ausgebaut in den letzten Jahren, haben aber keine langfristige Sicherheit und können mit einem nächsten Doppelhaushalt wieder verschwinden

Gleichzeitig müssen wir konstatieren, dass die Zahlen der Betroffenen stetig steigen. Im Jahr 2023 war eine Steigerung um 12 % auf 10.546 Opfer zu verzeichnen, der überwiegende Teil ist weiblich. Die Dunkelziffer liegt um einiges höher, darum wird es leider nicht darum gehen die statistischen Zahlen zu denken, sondern das Dunkelfeld zu erhellen.

Ein Grund für das geringe Anzeigeverhalten ist die Sorge die Taten würden nicht ernst genommen – das kommt nicht von ungefähr.

Nach wie vor wird häusliche Gewalt bis hin zur Ermordung der eigenen Partnerin häufig verharmlost, siehe die Eingangszitate.

Dass vor allem Frauen betroffen sind, ist das Ergebnis gesellschaftlich etablierter Denkweisen. Die Leipziger Autoritarismus-Studie (LAS) zeigt: 18 % der Bevölkerung haben ein geschlossen antifeministisches und 25 % ein geschlossen sexistisches Weltbild. In der Gesellschaft sind männliche Überlegenheitsvorstellungen weit verbreitet, besonders ausgeprägt und aggressiv in der extremen Rechten, aber eben mit großen Schnittmengen in die Mehrheitsgesellschaft.
Das heißt: Antifeministische Handlungen oder Äußerungen, die vermeintlich harmlos daher kommen, müssen ebenso konsequent bekämpft werden und als das bezeichnet werden, was sie sind: Wegbereiter von Gewalttaten gegen Frauen.

Dass das Gewaltschutzgesetz im Bund nun aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr kommen wird, ist wirklich bitter, damit wurde eine Chance vertan, die sich vermutlich über viele Jahre nicht mehr bieten wird.

Doch auch der Blick in den sächsischen Koalitionsvertrag lässt einen eher ratlos zurück. Darin finden sich Allgemeinplätze und wenig ambitionierte Ziele die Maßgaben der Istanbul-Konvention zu erfüllen. Dazu gehört nicht allein der Ausbau von Schutzplätzen, sondern eben auch Täter*innen zur Reflexion ihrer Taten zu verpflichten, Präventionsmaßnahmen massiv auszubauen, Professionen, die mit dem Thema betraut sind umfangreich und regelmäßig zu schulen. Dringend nachgebessert werden muss zudem bei den Anlaufstellen für überdurchschnittlich gefährdete Gruppen wie z.B. Frauen mit Behinderungen und bei der Cyber-Gewalt.

Als Linke werden wir dafür streiten!

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