Kleingewerbe im Wandel: Herausforderungen und Hoffnungen im Kiez

Auch in Connewitz kämpfen kleine Geschäfte gegen steigende Kosten und veränderte Konsumgewohnheiten. Leerstände und Schließungen sind auch hier sichtbar. Sowohl Unterstützung als auch innovative Modelle für Entlastung und Organisation sind gefordert, um das vielfältige Kleingewerbe langfristig zu erhalten.

Bei einem aufmerksamen Spaziergang durch die beiden Hauptstraßen Connewitz‘, die Wolfgang-Heinze und die Bornaische Straße, fällt der zunehmende Leerstand von Geschäften ins Auge. Derzeit sind auf der Wolfgang-Heinze-Straße die Kaya-Bar und das Schwella-Elektronik-Geschäft, das von den meisten als Poststelle genutzt wurde, betroffen. Auch Ankes Kaufmannsladen in der Biedermannstraße und die Top-Drive-Fahrschule auf der Bornaischen schließen ihre Türen.

 

 

 

 

Seit mindestens zwei Jahren ist der Zeitungs- und Lottoladen in der Wolfgang-Heinze 17 geschlossen, und eine Neuvermietung bleibt aus.
Das Gastrogewerbe scheint dagegen stabil zu sein: Einzig nach dem Rausschmiss der Vergebung aus dem Domizil in der Bornaischen Straße 33 Anfang 2023 steht auch dieses Objekt leer. Andreas versucht sich derweil auf der Freifläche in der Neudorfgasse, was bei Wind und Wetter eine echte Herausforderung ist.

Die Gründe für die Schließungen sind vielfältig, aber es gibt auch Gemeinsamkeiten. Dazu gehört der steigende Kostendruck: Energiepreise, steigende Material-, Liefer- und Lohnkosten. Viele Kleingewerbe haben die Corona-Zeit zwar mit Ach und Krach und staatlichen Hilfen überstanden, aber die Kosten und teilweise auch die Rückzahlungen der Corona-Hilfen samt Steuern belasten sie nun zusätzlich. Da die finanziellen Belastungen auch die Privathaushalte der Kundschaft betreffen, können die Einnahmen die Kostensteigerungen nicht ausreichend kompensieren: Der Besuch einer Kneipe oder der Einkauf zu Preisen oberhalb der Discounter wird für viele unerschwinglich.

Mit der Rückkehr der vollen Mehrwertsteuer für Speisen im Gastro-Bereich zum Jahreswechsel und der CO2-Steuer, die die Preise für Energie und Kraftstoff nach oben treiben wird, verschärft sich die Lage für viele Kleingewerbe und mittelständische Betriebe zusätzlich. Und das wird auch im eigenen Wohnumfeld sichtbar.

Hinzu kommt, dass wir uns mitten in einer Zeit multipler Krisen befinden – Pandemie und Kriege haben das Freizeit- und Ausgehverhalten verändert – und in einer Phase der Veränderungen der Konsumgewohnheiten: In Zeiten des Internets und der Überflutung mit Billigprodukten fällt die Wahl vieler auf die Bestellung per Mausklick. Ein Zeitungs- oder Elektroladen ist für viele inzwischen aus der Zeit gefallen.

An dieser Stelle könnte ein dringender Appell stehen, den Einzelhandel im eigenen Kiez zu unterstützen. Und sicher, ein reflektierter Einkauf ohne Autofahrt an den Rand der Stadt oder die Bestellung über ausbeuterische Vertriebe und Lieferdienste ist ratsam. Doch lässt sich dieser Trend wirklich brechen? Ich wünsche es mir und wünsche mir den Fortbestand des kleinteiligen Gewerbes in den Vierteln und Straßen. Um dies zu gewährleisten, muss jedoch über kurz oder lang über stärkere finanzielle Subventionen und genossenschaftliche Strukturen gesprochen werden. Der kapitalistische Markt wird es in der Perspektive eben nicht richten oder sogar zu weiterem Ausbluten kleinteiliger wirtschaftlicher Strukturen führen.

Ein erster Schritt wären Entlastungen für die Gastronomie mit der Fortführung der abgesenkten Umsatzsteuer und Preisbremsen für die Energieversorgung, finanziert über eine Übergewinn- und Vermögenssteuer. Die CO2-Abgabe in ihrer jetzigen Form führt zu Ungerechtigkeit, denn die steigenden Kosten werden pauschal auf alle umgelegt, egal wie der individuelle Verbrauch aussieht und egal wie prekär die eigene Lebens- oder wirtschaftliche Situation ist.

Und bekanntermaßen leiden unter diesen allgemeinen Kostensteigerungen vor allem diejenigen, die sowieso wenig haben.

Daher ein kleines Plädoyer: Seien wir achtsam, unterstützen wir die Kneipe, den Bäcker und den Buchladen nebenan und damit das ökonomische Rückgrat und die sozialen Orte im Viertel. Denken wir auch darüber hinaus: Die Kleinen müssen unterstützt bzw. entlastet werden, während den großen kapitalistischen Playern ans Geld gegangen werden muss!

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