Mit einem Antrag fordern wir als Linksfraktion eine Landesoffensive Sozialwohnungsbau in Sachsen (Drs 7/ 14784). Dazu sollen Förderrichtlinien vereinfacht und ein Fonds von 250 Millionen Euro aufgelegt werden. Sozialwohnungen sollen für mindestens 25 Jahre Sozialwohnungen bleiben. Auch Wohnungen für Schwellenhaushalte sollen gefördert werden, die wegen ihres Einkommens keine Sozialwohnung anmieten und anderweitig kaum bezahlbare Wohnungen finden können. Meine Rede:
Die Hütte brennt, anders lässt sich die aktuelle Situation beim Wohnungsbau nicht beschreiben: Bundesweit gibt es einen dramatischen Einbruch bei den Baugenehmigungen, viele Bauprojekte liegen auf Eis, Baufirmen werden Aufträge storniert, Fachpersonal geht von der Fahne. Der Sozialwohnungsbau lahmt bundesweit am meisten.
Dabei ist die Wohnraumversorgung gerade für die Menschen, die am wenigsten Einkommen haben problematisch: Niedriglöhner*innen , Alleinerziehende, Renter*innen, Azubis und Studierende sind am meisten gefährdet. Insbesondere in den Großstädten geht immer mehr Einkommen für die Miete drauf: 40 % der Leipziger*innen wenden ein Drittel des Einkommens und 15 % sogar fast die Hälfte ihres Einkommens für die Miete auf. Auch die Speckgürtel der Großstädte, aber auch Landkreise wie das Vogtland, verzeichnen eine Mietenanstieg. Von den Betriebskostenabrechnungen, die in den nächsten Monaten ins Haus flattern und gerade für einkommensarme Haushalte eine extreme Belastung darstellen dürften, ganz zu schweigen.
Hinzu kommt: alle 37 Minuten fällt in Deutschland eine Sozialwohnung aus den Bindungen, und wird eben nicht durch Neubau kompensiert. Nicht mal ein Viertel der Zielmarge von 100.000 neuen Sozialwohnungen wurden im vergangenen Jahr fertig. Für das laufende Jahr dürfte die Bilanz noch vernichtender werden. In Sachsen sieht es kaum besser aus: Von 134.000 Sozialwohnungen in 2006 sind wir 2017 bei einem Tiefstand von 11.500 gelandet. Ein großer Bruch war im Jahr 2014, als in Leipzig über 20.000 Wohnungen aus der Bindung fielen. In Sachsen blickten wir Ende 2022 auf einen Bestand von etwa 12.500 Wohnungen, wobei 10.000 davon durch die Privatisierung in Dresden mit Sozialbindungen versehen sind.
Wir kennen die Lage, wir wissen auch, dass Ursachen für die Krise in den gestiegenen Baukosten und Zinsen, steigenden Bodenpreisen und fehlendem Personal liegen. Das nutzt den Mieterinnen und Mietern in Sachsen aber herzlich wenig. Es muss endlich politisch gegengesteuert werden.
Die aktuelle Krise beim Wohnungsbau und bei der Wohnraumversorgung zeigt deutlich, dass es der Markt nicht richten wird. Wohnen ist ein Teil der Daseinsvorsorge und darum müssen wir als Staat hier auch eingreifen, steuern und gestalten!
Wir machen ihnen im vorliegenden Antrag Vorschläge für eine Landesoffensive Sozialwohnungsbau!
1. Wollen wir einen Finanzierungsfonds von 250 Millionen Euro auflegen. Es kann nicht sein, dass der Freistaat 1 Milliarde Euro in den Sparstrumpf steckt, wenn doch dringend Investitionen in die soziale Infrastruktur, in die soziale Absicherung von Hunderttausenden Menschen gebraucht wird.
2. Wollen wir insbesondere die Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum verändern, denn: Sie ist trotz ihrer Überarbeitung im März 2023 für die Kommunen schlecht anwendbar. In der Stadt Leipzig mussten kommunale Co-Finanzierungen aufgelegt werden, in Dresden ist der Sozialwohnungsbau weitgehend ins Stocken gekommen.
Wir wollen eine Kopplung an den Baukostenindex, wie es Hamburg mit regelmäßigen Baukostengutachten vormacht. Wir fordern eine realistische Abbildung der Bewilligungsmiete, die Grundlage für die Berechnung der Zuschüsse zur geförderten Sozialmiete ist.
Wir wollen endlich einen zweiten Förderweg einführen, der sich auf Mittelschichthaushalte oberhalb des Sozialwohnungssegments konzentriert. Auch diese Bevölkerungsgruppe leidet unter den heftigen Mietanstiegen. Eine Familie mit zwei Kindern und einem Monatseinkommen von durchschnittlich 6.000 Euro kann sich den marktorientierten Wohnungsbau nicht mehr leisten, der in den Städten mittlerweile Kaltmieten von 15 Euro / Quadratmeter hervorbringt!
Und: Wir müssen im Sozialwohnungsbau endlich grundsätzlich umsteuern: Weg von der Finanzierung privater Marktakteure für zeitlich limitierte soziale Zwischennutzungen – darum braucht es längere Bindungen.
Wir wollen 3. eine eigene Förderlinie für Baugemeinschaften, welche mit dauerhaftem gemeinschaftlichem Eigentum das Ziel verfolgen, bezahlbar und generationenübergreifend zu wohnen. Diese Genossenschaften und andere gemeinwohlorientierte Akteure sind eine wichtige, soziale Ergänzung der Wohnungsbaulandschaft.
Wir wollen 4. den Start eines Förderprogramms Energieeffizienz mit stabilen Mieten: Die FRL preisgünstiger Wohnraum, inzwischen durch Wohnungsunternehmen im gesamten Land gut nachgefragt, ist ein Anfang. Hier wird aber nur die Effizienzhausstufe 85 gefördert. Wir haben für eine klimagerechte Ertüchtigung des Wohnungsbestandes in Sachsen quantitativ und qualitativ noch viel zu tun. Energetische Modernisierungen dürfen nicht dazu führen, dass Menschen aus ihren Wohnungen verdrängt werden!
Wir wollen 5. Erleichterungen bei der Förderung des altersgerechten sowie des barrierefreien, rollstuhlgerechten Umbaus von Wohnraum. Denn: der Anteil älterer Menschen nimmt zu, 10 % der Menschen in Sachsen hatten zudem 2021 einen Schwerbehindertenausweis. In einem Gutachten des SMI von 2017 wurde ein Bedarf von 77.000 weiteren Wohnungen für Mobilitätseinschränkungen bis 2030 ermittelt. Aktuell werden über die RiLi Wohnraumanpassung ca. 1500 Umbaumaßnahmen pro Jahr gefördert – in Anbetracht des Bedarfs viel zu wenig.
Und last but not least: Anstatt auf der Bremse zu stehen, wenn es um Mieter*innen-Schutzinstrumente geht, statt Brandbriefe nach Berlin zu schicken, um Klimaziele anzuprangern, fordern wir von dieser Regierung, dass sie sich auch gegenüber dem Bund für eine fundamentale Wende im Wohnungsbereich einsetzt: Ein Sondervermögen für bezahlbares Wohnen, wie es der Mieterbund fordert, wäre ein Schritt. Der Einsatz für eine echte Wohnungsgemeinnützigkeit das andere. Wer sich dauerhaft auf Prinzipien einer sozialen Wohnraumversorgung verpflichtet, soll durch Steuervergünstigungen und einen bevorzugten Zugang zu Bundesfördermitteln und öffentlichen Grundstücken belohnt werden. Im Gegenzug sollen sich die Unternehmen zur Vermietung zu rein kostendeckenden Miethöhen verpflichten, im Falle von Gewinnen müssen diese in die Bestände reinvestiert werden. Eine solche Wohnungsgemeinnützigkeit gab es bis 1990 in der Bundesrepublik, sie umfasste 30% des Mietwohnungsbestandes. Bisher hat die Bundesregierung nur ein vages Eckpunktepapier mit 3 vagen Varianten einer NWG vorgelegt. Hier muss es endlich los gehen und Druck muss auch aus Sachsen kommen. Im Interesse unserer öffentlichen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften, im Interesse der Mieterinnen und Mieter.
Damit die Sozialwohnungen, die wir jetzt bauen, nicht in 15-20 Jahren wieder verloren gehen.