Gemeinsam mit meinen Landtagskolleg*innen Petra Čagalj Sejdi und Frank Richter besuche ich am Mittwoch, dem 6. September 2023, um 10 Uhr gemeinsam die Unterkunft für Asylsuchende in Hoyerswerda (Thomas-Müntzer-Str.). Wir wollen uns ein eigenes Bild von der Lebens- und Betreuungssituation der Untergebrachten verschaffen und ins Gespräch mit ihnen sowie mit der Leitung des Hauses kommen. Anlass des Besuches ist die am 13. Juni dieses Jahres erfolgte Abschiebung eines in Hoyerswerda gut integrierten Asylbewerbers, der sich in Folge falscher Angaben ins Gesundheitsamt der Stadt begeben hatte. Ihm wurde dort nicht, wie er aufgrund einer E-Mail annehmen musste, Blut abgenommen. Stattdessen erwarteten ihn Polizeibeamte. Sie verhafteten ihn und führten ihn umgehend der Abschiebung nach Pakistan zu. Sie hinderten ihn, noch einmal in die Gemeinschaftsunterkunft zurückzukehren und seine persönlichen Sachen abzuholen. Unser Statement:
Juliane Nagel erklärt:
„Im Ergebnis meiner Kleinen Anfrage zur Abschiebung von Faisal R. (Drucksache 7/13730) trägt das Innenministerium wenig zur Aufklärung des Sachverhaltes bei. Schlimmer noch wird schwarz auf weiß behauptet, dass der Zugriff beim Gesundheitsamt vom Leitfaden Rückführungspraxis gedeckt wäre. Mit diesem Leitfaden gibt die Staatsregierung sich Standards für die Abschiebepraxis. Ein weiterer Aspekt kommt außerdem zutage: Die Ausländerbehörde Bautzen hatte es versäumt, den Betroffenen über das Ergebnis seines Antrages auf den Chancenaufenthalt zu informieren und ihm damit seines Rechtes beraubt, die ihm zustehenden Rechtsmittel zu ergreifen. Geflüchtete Menschen haben Rechte und eine Würde: Das müssen insbesondere die Ausländerbehörden endlich respektieren.“
Frank Richter erklärt:
„Gesundheitsämter sind Orte, an denen man amtliche und medizinische Hilfe erwartet. Wer einen Menschen mit verlogenen Angaben ins Gesundheitsamt lockt, um ihm eine Falle zu stellen, um ihn eben dort zu verhaften, gefährdet das Vertrauen in den Staat. Was soll man von einem Innenminister halten, der solches zulässt? Noch schlimmer finde ich Folgendes: Auf Anfrage schrieb mir Staatsekretär Dr. Pfeil, dass man von Seiten des Ministeriums nicht erklären könne, wie es zur polizeilichen Verhaftung auf dem Gesundheitsamt Hoyerswerda kommen konnte. Auf Nachfrage, ob er künftig ausschließen könne, dass Gesundheitsämter von der Polizei gezielt als Orte von Verhaftungen ausgesucht werden, antwortete er nicht.“
Petra Čagalj Sejdi erklärt:
„Auf meine Anfrage hin gab das Sächsische Innenministerium an, keine genauen Kenntnisse über den Termin beim Gesundheitsamt zu haben, das lässt Fragen offen. Ich erwarte hier weitere Aufklärung und eine deutliche Positionierung, die klar macht, dass Gesundheitseinrichtungen kein Teil von Abschiebungen werden dürfen. Wenn Menschen aus Angst vor Abschiebung nicht mehr zum Arzt gehen, hat das schwerwiegende Folgen, nicht nur für die Betroffenen. Die Vorkommnisse in Hoyerswerda zeigen, dass der Leitfaden zur Umsetzung von Abschiebungen, seinen Zweck – Menschlichkeit zu wahren und die schrecklichen Umstände der Abschiebung so human wie möglich umzusetzen – nicht erfüllt, er muss überarbeitet werden.“
Hintergrund: Erklärung des Sächsischen Flüchtlingsrates vom 22. Juni 2023 zu Fall Faisal R.