Derzeit steigt die Zahl der in Sachsen ankommenden Schutzsuchenden aus Syrien, Afghanistan, der Türkei und Venezuela. Die Erstaufnahmeeinrichtungen sind zu knapp zwei Dritteln belegt, in den Landkreisen und Kreisfreien Städten schwinden die Reserven zur Unterbringung. Zur Jahresmitte 2022 waren 75 Prozent der Kapazitäten in den Kommunen belegt (Drucksache 7/10456). Bereits seit August übt sich der Innenminister in Alarmismus.
Mein Kommentar:
„Wir sollten nicht vergessen, dass es sich um Menschen handelt, die Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen. Die Hauptherkunftsländer weisen uns mit aller Wucht auf die schwelenden Konflikte in dieser Welt hin. Wer es hierher schafft, erhält zwar Zugang zum Asylverfahren – doch dann passiert eine Weile lang nichts. Eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung ist nicht gewährleistet, dabei sind sie keine Kür, sondern Pflicht! Anstatt immer wieder vor den Schutzsuchenden zu warnen, sollte Innenminister Schuster seiner Aufgabe nachgehen, Erstaufnahmekapazitäten zu sichern und die Landkreise und Kreisfreien Städte zu unterstützen. Ich weise in dem Zusammenhang auf die Kapazitäten des Staatsbetriebes Immobilien- und Baumanagement hin: Diese zu ertüchtigen wäre ein guter Beitrag zur menschenwürdigen Unterbringung.
Sachsen sollte sich an der nicht reibungslos, aber immerhin besser gelaufenen Aufnahme und Versorgung der ukrainischen Geflüchteten ein Beispiel nehmen und für gleichwertige Bedingungen aller Geflüchteten auch im Bund werben. So wird der schwelenden Stimmungsmache gegen Geflüchtete, ob aus der Ukraine oder aus Ländern wie Syrien, konstruktiv und mit kluger Politik begegnet. Zudem gilt es, damit diejenigen Teile der sächsischen Gesellschaft zu ermutigen, die sich haupt- und ehrenamtlich für ein gutes Ankommen und für die Teilhabe der Geflüchteten engagieren. Gerade sie haben häufig seit 2015 jede Fluchtbewegung auf unterschiedliche Weise unterstützt und sehr deutlich gemerkt, wie kräftezehrend langjährige Unterstützung aussehen kann.
Auch deshalb unterstützen wir den Innenminister in seiner Forderung nach einer fairen Verteilung zwischen den Bundesländern sowie einer Kostenerstattung für anfallende Aufgaben durch den Bund. Nach dem, was wir im Zuge der Ukraine-Fluchtbewegung beobachten konnten, erleichtert sich vieles, wenn engmaschige Wohnsitzauflagen und bürokratische Kontrollen schlicht nicht angewendet werden. Selbstverständlich registrieren es geflüchtete Menschen, wenn aus einer Stadt das Signal erschöpfter Kapazitäten kommt, und sehen sich nach Alternativen im Bundesgebiet um. So können Konflikte und Bürokratie vermieden und die Unterstützung durch Familienangehörige, Communities und Zivilgesellschaft in weit höherem Maße mobilisiert werden.“
PM 09.10.22