Beim Bezirksklassespiel zwischen SV Mügeln-Ablaß gegen Roter Stern Leipzig `99 kam es am vergangenen Samstag zu massiven antisemitischen und anderen neonazistischen Äußerungen aus dem Mügelner Fanblock. Außerdem wurde der in Mügeln aktive zivilgesellschaftliche Verein „Vive le courage“ beschimpft
verfasst für Sachsens Linke/ Mai 2010
In der 80. Minute wurde das Spiel durch den Schiedsrichter abgebrochen – eine Reaktion auf die nicht enden wollenden Hetz-Gesände aus dem Mügeln-Fan-Block.
„Seit Spielbeginn riefen Anhänger des SV Mügeln Parolen wie „Ein Baum, ein Strick, ein Judengenick“ und „Eine U-Bahn bauen wir, von Jerusalem bis nach Auschwitz“. Daneben gab es auch homophobe und nazistische Äußerungen: „Schwule, Schwule, Schwule“, „Scheiß Schwuchteln“, „Zecken vergasen“ und „Frei, Sozial und National“.“, beschreibt der Roter Stern die Szenerie.
Der Mügelner Bürgermeister Gotthart Deuse, der gleichzeitig Präsident des SV Mügeln-Ablaß ist, weist zurück, dass es neonazistische Äußerungen gab und beschuldigt die Fans des Roten Sterns provoziert zu haben. Mit dieser Meinung steht er allein da: selbst der Pressesprecher des Vereins bestätigte unmittelbar nach dem Spiel öffentlich, dass es nationalsozialistische Gesänge gab.
Führenden Politiker und Sportfunktionäre hantierten auf den Fuß folgend mit dem Extremismustheorem. So beklagten der sächsische Innenminister Markus Ulbig sowie Klaus Reichenbach, Präsident des sächsischen Fußballverbandes, die politische Instrumentalisierung des Fussballs „durch rechte und linke gewaltbereite Extremisten“. Ulbig kündigte verschärfte Sicherheitsmaßnahmen bei Fußballspielen an.
So werden menschenverachtende, diskriminierende Äußerungen und Handlungen ein weiteres Mal auf eine Stufe mit Antirassismus, Antifaschismus und der Forderung nach Gleichberechtigung aller Menschen gestellt. Dabei zeigt gerade der Vorfall in Mügeln sehr deutlich, dass das Problem neonazistischer Einstellung insbesondere im ländlichen Raum und im Fussball-Milieu virulent ist. Dass den offen neonazistisch auftretenden Mügelner Fans weder von ihrem Fussballverein, noch von den anderen Fans und insbesondere nicht von der Polizei Einhalt geboten wurde, ist unfassbar und muss Konsequenzen haben. Wie kann es sein, dass die Polizei gewaltvoll gegen Fans des Roten Sterns vorging – dabei gab es mehrere Verletzte, während die Hitler-Gruss-zeigenden und antisemitische Gesänge anstimmenden Mügelner Fans unbehelligt blieben?
Anstelle von Forderungen nach verschärften Sicherheitsmassnahmen müssen die Vorfälle in Mügeln auf politischer Ebene den Blick auf das bedenkliche Ausmaß von rechten Einstellungen in Stadien wie in allen gesellschaftlichen Bereichen lenken. Ein Mehr an Repression hat dagegen noch nie viel anrichten können. Vielmehr müssen sich die Sportvereine ihrer herausgehobenen Funktion bei der Vermittlung demokratischer Grundwerte und im Vorgehen gegen Diskriminierung bewusst werden. Die Abwehrreaktionen des SV Mügeln-Ablaß oder des FSV Brandis auf Kritik an den verbalen und tätlichen Übergriffe der eigenen Fans zeugen davon, dass es hier noch einiges an Sensibilisierung bedarf.
Pressemitteilung DIE LINKE Sachsen, 25.4.2010
Juliane Nagel, Mitglied im Landesvorstand der LINKEN Sachsen erklärt:
„Der Vorfall in Mügeln zeigt sehr deutlich, dass das Problem neonazistischer Einstellung insbesondere im ländlichen Raum und im Fussball-Milieu virulent ist. Dass den offen neonazistisch auftretenden Mügelner Fans weder von ihrem Fussballverein, noch von den anderen Fans und insbesondere nicht von der Polizei Einhalt geboten wurde, ist unfassbar. Ich fordere die Aufklärung der Beweggründe für das Nicht-Handeln der Polizei und gegebenenfalls Konsequenzen!
Herr Deuse, Bürgermeister von Mügeln und Präsident des SV Mügeln-Ablass macht sich mit seinen Äußerungen unglaubwürdig. Selbst der Pressesprecher des Vereins hat öffentlich bestätigt, dass es
nationalsozialistische Gesänge gab.“
Zu den Äußerungen des sächsischen Innenministers Markus Ulbig sowie von Klaus Reichenbach, Präsident des sächsischen Fußballverbandes, die beide von politischer Instrumentalisierung des Fussballs durch rechte und linke gewaltbereiten Extremisten sprechen, ergänzt Juliane Nagel:
„Es kann nicht sein, dass menschenverachtende, diskriminierende Äußerungen und Handlungen immer wieder auf eine Stufe mit Antirassismus, Antifaschismus und der Forderung nach Gleichberechtigung aller Menschen gestellt werden! Diese Werte müssten gesellschaftlicher Konsens sein. Sportvereine haben bei der Vermittlung von Demokratie und Toleranz aufgrund ihrer gesellschaftlichen Bindungsfunktion eine herausgehobene Rolle.
Es bedarf keiner überzogenen Sicherheits-Maßnahmen für ein politikfreies Fussball-Stadion,sondern Bemühungen für ein Stadion ohne Nazis, für ein Klima der Toleranz und Vielfalt im Fussball!“