Statement von Marco Böhme, Franz Sodann und mir zu den aktuell erhobenen Rücktrittsforderungen gegenüber der sächsischen LINKEN-Spitze:
„Anders als die anderen“ – das sagen wir LINKE gerne über unsere Partei. Und in vielen Bereichen stimmt es auch – aber in einigen leider nicht. Nachdem wir nun lange Debatten auf Bundesebene erlebt haben, deren Art und Ort der Austragung auch für unsere Landtagswahl alles andere als dienlich gewesen sein dürften, erleben wir nun, dass leider einige Akteure die gleiche Form der Auseinandersetzung auf Landesebene führen wollen. Statt gemeinsam, konstruktiv und vor allem innerhalb unserer Partei die jüngsten Wahlen, zu denen auch Bundestags-, Europa- und Kommunalwahlen zählen, auszuwerten, werden nun über die Presse Rücktrittsforderungen lanciert. Unter der Überschrift „Leipziger Linke fordern Rücktritt der Landesspitze“ werden diese Forderung mit Erfolgen aus Leipzig unterstrichen, die keineswegs nur das Ergebnis eines einzelnen Bundestagsabgeordneten oder des Stadtvorsitzenden sind. Wir halten fest: Auch wir sind „Leipziger Linke“, aber wir wollen eine andere Debatte. Dabei müssen wir uns in Leipzig auch gemeinsam an die eigene Nase fassen. Die Ergebnisse in den Wahlkreisen fallen auch bei uns weit auseinander. Im Wahlkreis des Stadtvorsitzenden haben wir beispielsweise die drittmeisten Prozentpunkte verloren. Auch gesamtgesellschaftlich stellen die Wahlergebnisse eine Zäsur dar, die auch nicht durch das bessere oder weniger schlechte Abschneiden in einigen Wahlkreisen besser wird – auch nicht durch die Ergebnisse in unseren Wahlkreisen. Wir sind es nicht zuletzt unseren Genossinnen und Genossen aus Thüringen schuldig, die aus der Bundespartei bekannten harten, öffentlichen Auseinandersetzungen jetzt nicht auch noch im Landesverband zu führen. Im November ist Parteitag und wie in unserer Partei üblich kann jede und jeder dort kandidieren. Vorzugsweise mit konstruktiven und konkreten Ideen, die zuerst der Partei und nicht der Presse vorgestellt werden.
Jule Nagel | Franz Sodann | Marco Böhme
Liebe Ihr, ich wäre wahrscheinlich besser bezahlt als derzeit, hätte ich die Lösung gegen die Schockstarre und für einen Aufwind Der Linken. Trotzdem bin ich fest davon überzeugt, dass Die Linke einen Fehler macht, wenn sie für sich reklamiert, (nur) für eine bestimmte Gesellschaftsschicht (abhängig Beschäftigte, Geringverdiener, Harzt-IV-Bezieher) Politik zu machen. Wenn wir Gesellschaft als etwas Komplexes, Ganzes sehen, dann führt das zu der Erkenntnis, dass man ohne die Anderen nicht ans Ziel kommt. Das soll heißen: Das (politische) Angebot, das man dem einen macht, muss immer auch den anderen mitdenken. Und bestenfalls entsteht eine Win-win-Situation.
Nein, es geht nicht darum, beliebig zu sein. Es geht um die Überzeugung, dass eine sozial gerechte Welt schlussendlich Allen zugute kommt. Nur diejenigen, die erst im zweiten Schritt davon profitieren, darf man nicht, wie es von Den Linken häufig praktiziert, vergraulen, sondern man muss sie mitnehmen, ihnen erklären, dass sie selbst langfristig davon profitieren, dass es einen Mindestlohn gibt, (fast) alle Schüler die Gemeinschaftsschule besuchen usw usf.
Es geht darum, auch Menschen aus anderen Gesellschaftsschichten als den primär gemeinten glaubhaft zu vermitteln, dass die (beabsichtigte) Politik Der Linken schlussendlich auch ihnen zunutze ist. Dann kann man vielleicht auch damit rechnen, dass Die Linke (in Thüringen) nicht nur au Kalkül, sondern überzeugt von Menschen gewählt wird, die nicht zu den „üblichen Verdächtigen“ zählen. Es ist meine Überzeugung, dass Die Linke nur dann ein nennenswertes Wählerpotential aufbauen kann, wenn es ihr gelingt, breite Gesellschaftsschichten auf ihrem Weg mitzunehmen.
Dafür braucht es m. E. keiner „Schlachteplatte“, sondern inhaltlicher und strategischer Diskussionen.