So einfach wie es sich die VertreterInnen der Leipziger Stadtverwaltung und auch die Leipziger Internetzeitung bei der Abwehr der Kritik an einer Frage, die in der Kommunalen Bürgerumfrage der Stadt zum „Verhältnis von Deutschen und Ausländern“ gestellt wird, machen, ist es nicht.
von Juliane Nagel, erschienen in der Leipziger Internetzeitung, 20.10.2011, zum Artikel „Diskussion um einen Leipziger Fragebogen: Die Deutschen, die Ausländer und die Sorgen der Linken“ (L-iz, 14.10.2011)
In der kritisierten Frage 30 wird nach dem Verhältnis von Deutschen und AusländerInnen gefragt. Vier von fünf Antwortoptionen greifen dabei xenophobe Einstellungen auf, die erste Frage beschränkt MigrantInnen darauf, dass sie eine „kulturelle Bereicherung“ sind, reduziert sie also auf eine ethnische Gruppe, die in Differenz zur „deutschen Kultur“ steht. Keine der Antworten bietet die Möglichkeit Menschen mit Migrationshintergrund ohne positive oder negative Zuschreibungen, nämlich als normale Menschen, zu betrachten.
Jeder Statistiker und jede Statistikerin müsste wissen, dass Umfragen immer etwas Manipulatives in sich tragen. Um diese Tendenz einzudämmen, sollten Fragen bzw. Antwortoptionen zumindest ausgewogen formuliert sein. Dies ist im Fall der Kommunalen Bürgerumfrage bezüglich der Frage nach dem Verhältnis zwischen Deutschen und Ausländern nicht der Fall.
Der Verweis auf den Fragenkatalog der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) von 2006 taugt nicht um die Kritik an Frage 30 zurückzuweisen. Zwar werden in ALLBUS einzelne Thesen, wie sie in Frage 30 der kritisierten Leipziger Umfrage verwendet wurden, aufgeführt, allerdings explizit nicht als geschlossenes Fragemodell.
Den Vergleich, den wiederum der Leiter des Referates für Migration und Integration, Herr Gugutschkow, mit Studien a la „Vom Rand zur Mitte“ der Friedrich-Ebert-Stiftung zieht ist ebenso schief, denn bei der Kommunalen Bürgerumfrage handelt es sich nicht um eine sozialwissenschaftliche Studie, wie es bei den „Mitte“-Studien der FES oder der Langzeitstudie des Bielefelder Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer der Fall ist.
Es steht außer Frage, dass auch wir – entgegen der Behauptung von Herrn Gugutschkow – Einstellungen der Leipziger Stadtbevölkerung realistisch erhoben wissen und die Augen nicht vor rassistischen oder anderen diskriminierenden Denkweisen verschließen wollen.
Dazu bräuchte es allerdings, gerade weil es sich um ein so wichtiges und brisantes Thema handelt, qualifiziertere und spezialisierte Fragenkataloge.
Wir ermutigen die Stadt Leipzig ein solches Projekt anzugehen. Beratung kann sie sich dabei beispielsweise in der Stadt Borna holen, wo Wilhelm Heitmeyer im Rahmen eines Forschungsprojektes rechtsextreme Einstellungen untersucht hat.