Meine Rede zum Einzelplan 08 – Ministerium für Soziales und Verbraucherschutz, Geschäftsbereich Gleichstellung und Integratio, in der Haushaltsdebatte des Sächsischen Landtages
In den vergangenen beiden Jahren, hat sich nicht nur einmal gezeigt wie wichtig die Einrichtung eines eigenen Ministeriums bzw. Geschäftsbereiches für Integration und Gleichstellung im Jahr 2014 war.
Der Dreiklang aus Integration, Gleichstellung und Demokratieförderung ist eine der zentralen Fragen unserer Zeit. Vor allem in Sachsen. Das vergangene Jahr, die zahlreichen rassistischen Aufmärsche und Anschläge, haben dramatisch zugespitzt gezeigt wie prekär der demokratische Konsens gerade im Freistaat ist. Schwarz auf weiß können wir das im erst vor kurzem veröffentlichten Sachsen-Monitor ablesen. „Die Bundesrepublik ist in einem gefährlichen Maß überfremdet“ sagen 58 % der Sachsen, bundesweit sind es 18 %, diese Position wird vor dem Hintergrund eines Ausländeranteils von 4 % vorgetragen! In Sachsen fremdeln insbesondere junge Menschen zudem mit der Demokratie und ein Drittel der Sachsen finden gleichgeschlechtliche Liebe unnatürlich.
Diesem Ausmaß an gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Demokratieskepsis entgegenzuwirken muss zentrale Aufgabe dieser Staatsregierung sein. Viel zu lange wurden die Probleme ignoriert und schön geredet.
Wir haben in den vergangenen zwei Jahren, vor allem im Jahr 2015, die Aktivitäten der Integrationsministerin und ihrer MitarbeiterInnen wohlwollend begleitet. Nicht selten fungierte sie als Feuerlöscherin, machte Ehrenamtlichen, Verantwortungsträgern und auch von Rassismus und Diskriminierung Betroffenen Mut, sorgte für Transparenz und war damit auch der Gegenpol zur CDU. Nicht zuletzt schuf die Ministerin mit ihrem Geschäftsbereich den Rahmen und Ressourcen für das, was in den Jahren, ja Jahrzehnten zuvor stiefmütterlich vernachlässigt wurde. Das betrifft insbesondere die Bereiche der Integration aber auch der Gleichstellung.
Werfen wir einen Blick auf den Teilhaushalt der Ministerin. Ohne Frage können wir relevante Aufstockungen verzeichnen: fast 35 Millionen Euro mehr im ursprünglich vorgelegten Doppelhaushalt 2017/ 18 im Vergleich zum laufenden Jahr und ein Plus von 8 Stellen. Gleichsam wachsen Aufgaben und Herausforderungen, so dass wir eher von einer Annäherung des Budgets an real existierende Bedarfe und von einer weiteren Phase des Aufbaus des Bereiches sprechen wollen.
Im Bereich der Integration sind zahlreiche wichtige und richtige Maßnahmen auf den Weg gebracht, daran gibt es nichts zu deuteln. Nichts desto trotz sehen wir Nachbesserungsbedarf:
1. Wir wollen die soziale Betreuung von Geflüchteten auf eine ordentliche Grundlage stellen, indem wir den Personalschlüssel auf 1:80 absenken. Diese Forderung ist kein Papiertiger, sondern folgt aus den Erfahrungen und Bedarfen vor Ort.
2. Wollen wir die Zuwendungen an die zivilgesellschaftliche Träger im Rahmen der Förderrichtlinie Integrative Maßnahmen erhöhen. Die vorliegenden Anträge übersteigen das zur Verfügung gestellte Budget um ein Vielfaches.
3. Durch eine Umwidmung wollten wir komplementär zur Rückkehrberatung die Asylverfahrensberatung fördern. Sachsen ist eines der wenigen Bundesländern, in denen diese wichtige Aufgabe nicht finanziert wird, nicht selten wird die fadenscheinige Begründung, dass Rechtsberatung für Menschen im Asylverfahren beim Austricksen der Behörden helfen soll, im Munde geführt. Das Gegenteil ist der Fall: Asylverfahrensberatung würde rechtsstaatliches Handeln stärken, indem sie Geflüchteten hilft die komplizierten asylrechtlichen Grundlagen zu verstehen und sich adäquat auf ihre Verfahren vorzubereiten. Letztendlich würde dies auch die Arbeit der zuständigen Behörden vereinfachen. Unser Antrag jährlich 1,3 Millionen Euro in den Doppelhaushalt einstellen, um damit die Arbeit der bisher ehrenamtlich tätigen freier Träger und Initiativen zu finanzieren, wurde leider abgelehnt.
Wohlwollend sehen wir die Stärkung des Programms Weltoffenes Sachsen und die Bündelung der verschiedenen Ansätze im Kampf gegen Neonazismus im Geschäftsbereich von Frau Köpping. Der Sachsen-Monitor muss in den beiden kommenden Jahren quasi Vorlage sein Demokratiearbeit über dieses Programm zielgenau zu stärken.
Last but no least Bleibt der Bereich der Gleichstellungs- und Queerpolitik:
Im Bereich Vielfalt von Lebensweisen hat sich haushalterisch viel getan. Dies ist folgerichtig, da der Landesaktionsplan auf den Weg gebracht, leider aber noch nicht verabschiedet ist. Der Landesaktionsplan konstatiert selbst, dass es für Sachsen keine Lebenslagenstudie zu LSBTIQ* gibt. Diese Kritik aufgreifend haben wir genau dazu einen HH-Antrag gestellt, der im Sozialausschuss leider abgelehnt wurde, ebenso wie unser Vorschlag einen eigenen Topf zur Umsetzung des Aktionsplans zu schaffen.
Positiv hervorzuheben ist die Berücksichtigung der von uns bereits im letzten Doppel-Haushalt geforderten Erhöhungen im Bereich der Frauenschutzhäuser. Dieser Aufwuchs ist bitter nötig ist. Wir begrüßen auch, dass nun endlich auch Kinder- und Jugendberatung bei häuslicher Gewalt über Richtlinie förderfähig ist, dass Männerschutzprojekte auf den Weg gebracht wurden und dafür nun auch die finanzielle Untersetzung stimmt. Jedoch ist es nicht ausreichend, nur Geld einzustellen. Denn die Vereine müssen auch in der Lage sein, diese Mittel abzurufen, indem sie Eigenmittel aufbringen. Genau dies stellt Vereine, die nicht dazu gedacht sind, Geld zu erwirtschaften, vor große Herausforderungen. Ähnliche Probleme gibt es bei den Vereinen, die für die Gleichstellung von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität arbeiten. Infolge des erfreulichen Stellenaufwuchses haben die Akteure nun Probleme, Finanzierungslücken mit Eigenmitteln zu überbrücken, die durch Einjahresförderung entsteht.
Ich will an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen sie an ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zu erinnern. Darin heißt es, dass alle Förderrichtlinien im Sozialministerium einer Prüfung und ggf Überarbeitung unterzogen werden mit dem Ziel mehrjährige Förderungen als Regelförderung zu etablieren, den Eigenanteil der Träger zu verringern und Finanzierungslücken aufgrund von Jahresübergängen sicherzustellen.
Zusammenfassend lässt sich zum Haushaltsplan der Staatsministerin für Gleichstellung und Integration sagen: Es geht vorwärts. Von einem Quantensprung, der den realen Bedarf an Maßnahmen in diesen Bereichen entspricht, können wir jedoch noch nicht sprechen, ganz zu schweigen von der schwachen Stellung der Ministerin ohne Ministerium im Reigen der Staatsregierung. Ich kann an dieser Stelle nur wiederholen, dass wir uns eine weitere Aufwertung zu einem Vollministerium sehr gut vorstellen können. Nicht zuletzt würde damit auch ein Signal gesetzt. dass die oft als weiche Themen verharmlosten Fragen von Gleichstellung, Integration und Demokratieförderung für die Entwicklung, ja für den sozialen Frieden in diesem Land existenziell sind.
14. Dezember 2016