Kleine Anfrage ergibt: Keine Sonderkontrollzonen der Polizei im 1. Quartal 2016 in Leipzig. Findet das Innenministerium nach Verwaltungsgerichtsurteil zurück zu rechtskonformen Handeln?
Am 14. Januar 2016 hat das Verwaltungsgericht Leipzig entschieden (Az.: 3 K 1994/14), dass eine verdachtsunabhängige Polizei-Kontrolle auf einer Straße in Leipzig-Connewitz rechtswidrig war. Die Maßnahme war gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SächsPolG mit der angeblich erheblichen Bedeutung des Verkehrsweges für die grenzüberschreitende Kriminalität gerechtfertigt worden. Auch die Linksfraktion kritisiert diese Praxis der Polizei; die in Connewitz direkt gewählte Abgeordnete Juliane Nagel prüft quartalsweise mit Anfragen die Kontrolltätigkeit. Wie die Staatsregierung (Drucksache 6/4697) mitteilt, hat die Polizei im 1. Quartal 2016 keine Sonderkontrollzonen in Leipzig mehr eingerichtet. Juliane Nagel erklärt dazu:
Im 4. Quartal 2015 hatte die Polizei noch 16 Leipziger Straßen mit Verweis auf grenzüberschreitende Kriminalität als Sonderkontrollzonen ausgewiesen. 2013 und 2014 waren es allein im Stadtbezirk Leipzig-Süd 17 Straßen. In diesen Sonderzonen darf die Polizei ereignis- und verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen. Dass im 1. Quartal 2016 keine solchen Straßen mehr ausgewiesen wurden, ist ein Erfolg für das Ringen um eine rechtsstaatskonforme Polizeipraxis und für die parlamentarische Kontrolle.
Laut dem Verwaltungsgericht Leipzig war eine Identitätsfeststellung in einer Nebenstraße in Leipzig-Connewitz, die laut Polizei „von erheblicher Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität“ sein sollte, rechtswidrig. Dieses Urteil ist folgenreich. So wies das Gericht darauf hin, dass ein vorab zu dokumentierendes polizeiliches Konzept und schriftlich festgehaltene Lageerkenntnisse notwendig sind, um eine solche Einstufung vorzunehmen. Bei Straßen in Leipzig gelingt das offenbar kaum. Es ist folgerichtig, dass diese Kontrolltätigkeit auf zweifelhafter Rechtsgrundlage nun ein Ende hat.
Ereignis- und verdachtsunabhängige Kontrollen greifen in Grundrechte ein. Diese polizeiliche Praxis gehört grundsätzlich auf den Prüfstand! Wie bei der Dauer-Videoüberwachung öffentlicher Räume wird dabei die Unschuldsvermutung außer Kraft gesetzt. Aus dieser Praxis spricht die Logik des Überwachungsstaates. Nicht durch konkrete Personen verübte Straftaten sind dann Anlass polizeilichen Handelns, allein der Aufenthalt an definierten „gefährlichen Orten“ macht verdächtig. Diese Praxis ist nicht nur aus Grundrechtserwägungen heraus abzulehnen. Ihre Wirksamkeit mit Blick auf Gefahrenabwehr und Strafverfolgung ist mindestens fragwürdig.