Gewalt gegen Wohnungslose zeichnet sich häufig durch eine besondere Brutalität aus. So auch in Oschatz, wo fünf ortsansässige Täter André K. mit Schlägen und Tritten so massiv misshandelten, dass dieser wenige Tage später an den schweren Kopfverletzungen verstarb.
Dokumentation eines Beitrages im Newsletter der Beratungsstellen für Opfer rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt des RAA Sachsen e.V., Juli 2011
Mindestens einer der Angreifer wird, laut Angaben der Linksfraktion im Sächsischen Landtag und des antifaschistischen Informationsportals GAMMA, in der Naziszene verortet. Die bisherigen Informationen sowohl zum Tathergang als auch zu den mutmaßlichen Tätern lassen befürchten, dass rechte Gewalt erneut ein Todesopfer gefordert hat. Der Verlust eines Menschen durch brachiale Gewalt erschüttert uns zutiefst. Wir sprechen den Angehörigen und Freund_innen von André K. unser tiefes Beileid aus.
(Information zur Anklageerhebung: Obdachlosen zu Tode geprügelt: Anklage gegen sechs Männer erhoben in der L-iz, 12.9.2011)
Fokus rechte Gewalt
Unter rechter Gewalt werden häufig rassistische und antisemitische Taten sowie Angriffe gegen Nichtrechte oder alternative Jugendliche verstanden. Insbesondere im Freistaat haben diese Betroffenengruppen zunehmend Aufmerksamkeit gefunden, nachdem organisierte Nazigruppierungen wie „Sturm 34“ oder die „Skinheads Sächsische Schweiz“ erklärt hatten, ganze Landstriche zu „zecken- und ausländerfreien Zonen“ machen zu wollen.
So relevant diese Phänomene sind, so verdrängen sie in der Öffentlichkeit häufig, dass auch andere Personengruppen Opfer rechter Angriffe werden. Ablehnung gegenüber Minderheiten aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Identität, Behinderung oder ihrer Wohnungslosigkeit bzw. prekären sozialen Lage sind tief verwurzelte Einstellungsphänomene in der Mehrheitsbevölkerung. Diese Ablehnung schlägt sich auch in physischen Angriffen gegenüber diesen Personengruppen nieder. Der Begriff „rechtsmotivierte Gewalt“ umfasst neben (neo)nationalsozialistisch motivierten Angriffen2 , auch Taten, die sich aus sozialdarwinistischen3 oder homo-/transphoben Motiven speisen. Diese beschriebene Auslegung des Begriffs „rechtsmotivierte Gewalt“ wird sowohl von den Beratungsstellen als auch von den Behörden geteilt. Umso mehr erstaunt es, dass über die Opfer sozialdarwinistischer sowie homo-/transphober Gewalt so gut wie nichts bekannt ist.
Erschreckende Dimension von Gewalt gegen Wohnungslose
Die Ignoranz gegenüber Gewalttaten gegen Wohnungslose spiegelt sich auch in der Recherche zu den Todesopfern rechter Gewalt wieder, wonach diese nach Migrant_innen am häufigsten tödlich angegriffen wurden.4 So sind in den Jahren von 1989 bis 2010 mindestens 28 Menschen aus dem Motiv der Ablehnung von Wohnungslosen ermordet worden. Bei drei weiteren getöteten Obdachlosen bzw. sozial Ausgegrenzten besteht der Verdacht eines rechten Tötungsverbrechens.5 Nur sieben dieser Todesfälle sind durch die Behörden offiziell als rechte Morde anerkannt.
Diese gewalttätige Dimension bestätigen auch Expert_innen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V., die von 1989 bis Mitte 2009 sogar 167 Tötungsdelikte und 366 Körperverletzungen mit schweren Folgen gegen Wohnungslose recherchierten, die von Tätern außerhalb der Wohnungslosenszene begangen wurden.6 Derzeit wird von vier bis neun jährlichen Todesfällen durch Gewalt gegen Wohnungslose ausgegangen. Sogenannte Milieutaten sind in all diese Zählung nicht einbezogen.
Sind schon tödlich endende Gewaltverbrechen gegen Wohnungslose und sozial an den Rand Gedrängte nahezu nicht erfasst, so kann bei allen anderen Delikten das Ausmaß nicht einmal annähernd abgeschätzt werden. Wohnungslose sind aufgrund ihres Aufenthalts auf der Straße und Mehrfachproblematiken wie Alkoholkrankheit, psychische Beeinträchtigungen und allgemeine gesundheitliche Probleme potenziellen Tätern praktisch wehrlos ausgesetzt sind.7 So titelten Zeitungen in den Jahren beispielsweise “Obdachloser verlor nach Überfall sein Augenlicht“, „Obdachloser wurde von Trio misshandelt“, „Obdachlosen überfallen – Täter möglicherweise aus dem rechten Spektrum“ oder „Obdachlosen in die Elbe geworfen“ um allein auf sächsische Schlagzeilen zu verweisen.8 Insgesamt ist von einem immensen Dunkelfeld auszugehen, da der weit überwiegende Teil der Taten von den Betroffenen überhaupt nicht angezeigt wird.
Neben der beiläufigen Ausübung der Angriffe ist erschreckend, dass das Motiv häufig kein bewusstes ist, sondern die Tat auf einer verinnerlichten Ablehnung von Wohnungslosen beruht. So können manche Täter vor Gericht keinen Grund benennen, außer, dass sie Lust darauf hatten, einen „Penner“ fertig zu machen.9 Die Taten zeichnen sich – wie im gesamten Forschungsfeld vorurteilsmotivierter Gewalttaten bekannt – durch besondere Brutalität aus. Der Angriff selbst, aber auch die Art der Tatbegehung rechtfertigt sich aus der Sichtweise, dass die Betroffenen minderwertig seien und ihnen deshalb kein Recht auf Leben zustehe. Aus dieser Einstellung, die Wohnungslose zu „wertlosen Menschen“ erklärt, legitimiert sich häufig die massive Gewalteskalation. Die meist wehrlosen, älteren Opfer werden gefoltert, gequält, mit Benzin übergossen oder mit Springerstiefeln zu Tode getreten.
So stellte die BAG Wohnungslosenhilfe e.V. 2006 nahezu resigniert fest: „Obwohl jedes Jahr Wohnungslose getötet oder auf offener Straße misshandelt werden, obwohl die Täter auffallend jugendlich und außerordentlich brutal sind, obwohl sich in zahlreichen Fällen die Täter in einem rechtsradikalen Umfeld bewegen und sogar in einigen Fällen Polizisten und so genannte „Ordnungshüter“ an den Übergriffen beteiligt sind, finden diese Taten in der Öffentlichkeit keine nachhaltige Beachtung.“10 Leider hat sich an dieser Feststellung auch fünf Jahre später wenig geändert.
Gesellschaftliche Zustimmung
Ebenso wie bei anderen Phänomenbereichen vorurteilsmotivierter Gewalt bieten die Einstellungen der Mehrheitsgesellschaft den Resonanzboden für diese Taten. Diskriminierung von Wohnungslosen wird nicht wahrgenommen oder bewusst ignoriert; im schlimmsten Fall erfolgt verdeckte oder offene Zustimmung.
Ein großer Teil der Täter zeigt ein Verhalten, das extrem rechten Ideologien entspricht, ohne dass diese in entsprechenden Organisationsstrukturen verankert sind oder sich selbst dem rechten Spektrum zugehörig fühlen. Gewalt gegen Wohnungslose wird verübt, weil diese als „gesellschaftlich unproduktiv“ eingestuft, als „Parasiten“, „Penner“ oder „Assis“ abgewertet werden. Sie werden zwar nicht als ernsthafte Bedrohung, aber doch als überflüssig und unerwünscht angesehen.11 Diese Abwertung hat auch eine spezifische historische Komponente in der Verfolgung sog. Asozialer im Nationalsozialismus. Angriffe gegen Wohnungslose sind also einerseits tief in einem (neo)nazistischen Weltbild verankert und treffen andererseits auf weit verbreitete Ungleichwertigkeitsvorstellungen in der Mehrheitsgesellschaft. Bekräftigt werden diese Haltungen durch eine Politik der Verdrängung und Vertreibung all Jener, die von der mehrheitlichen Norm abweichen, seien es Wohnungslose, Drogenkonsument_innen, Bettler oder Punks.
Das Forschungsprojekt „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ des Instituts für „Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung“ der Universität Bielefeld belegt die erschreckenden Zustimmungswerte zur Abwertung von Wohnungslosen in der Breite der Gesellschaft.12 So stimmte 2010 ein Drittel der Befragten der Aussage zu, dass ihnen Obdachlose in Städten unangenehm seien, ebenso viele schlossen sich der Forderung an, dass bettelnde Obdachlose aus den Fußgängerzonen entfernt werden sollten. Reichlich ein Viertel der Befragten war der Auffassung, dass Obdachlose arbeitsscheu seien. 13
Zum Beispiel Dresden
Dass der Zustimmung zu diesen Aussagen politisch Handlungen folgen, lässt sich auch in Sachsen feststellen. So findet sich ein unterschiedlicher Umgang mit Wohnungslosen beispielsweise in der Ausgestaltung von Polizeiverordnungen, die in kommunaler Hoheit liegen. Die rigorose Polizeiverordnung der Stadt Dresden verbietet in Paragraph 12 unter dem bezeichnenden Titel „Stadtstreicherei sowie öffentliche Belästigungen und Störungen“ auf allen öffentlichen Straßen sowie Grün- und Erholungsanlagen „zu lagern oder zu nächtigen“; untersagt ist auch die Belästigung anderer „durch Lärm, Aufdringlichkeit, trunkenheits- oder rauschbedingtes Verhalten.“ Leipzig und Chemnitz verfügen über weniger repressive Polizeiverordnungen, verwehren „nur“ das sog. aggressive Betteln und die Belästigung durch Trunkenheit.
Auch wenn diese Regelungen auf den ersten Blick in Teilen unproblematisch erscheinen, so richten sie sich in der Realität gegen bestimmte gesellschaftliche Randgruppen. Ist beispielsweise „trunkenheits- oder rauschbedingtes Verhalten“ im Rahmen von Volksfesten oder Junggesell_innenabschieden gesellschaftlich akzeptiert, so dient es bei sozial Marginalisierten als Vorwand zur Vertreibung aus den Innenstädten. Insbesondere die weite Definition des Begriffs der „Belästigung“ bietet zahlreiche Missbrauchsoptionen gegen eine gesellschaftliche Randgruppe, die sich kaum wehren (kann).
Es steht außer Frage, dass ein friedvolles Miteinander von allen Seiten gewährleistet werden muss. Dazu gehört aber ebenso, die Abweichung von einer gesellschaftlichen konstruierten Norm zu tolerieren. Allerdings gibt es in den letzten Jahren eine zunehmende Tendenz der Vertreibung derjenigen, die nicht in ein „sauberes“ konsumorientiertes Stadtbild passen. Dazu zählen neben repressiven Vorschriften auch die möglichst unwirtliche Gestaltung von Sitzgelegenheiten, Videoüberwachung und Gängelung durch private Sicherheitsdienste. Im Interesse des Stadtmarketings werden „saubere Innenstädte“ produziert und soziale Probleme in Randgebiete verdrängt.
Die Aktualität von Ressentiments – auch in vermeintlich liberalen Wohnvierteln – zeigte sich in der Debatte der Neueinrichtung einer Wohnungslosenunterkunft im Dresdner Hechtviertel.14 Hier formierte sich Protest von Anwohner_ innen und Wohnungseigentümer_innen gegen die Einrichtung, gefüttert mit den gängigen Slogans von Ordnung und Sicherheit; insbesondere mit dem emotionalen Verweis auf Kinder. Urinieren in der Öffentlichkeit, Pöbeleien und Lärmbelästigungen wurden dabei ebenso gegen die Unterkunft ins Feld geführt wie der Diebstahl eines Autos aus der Tiefgarage. Insbesondere der Verweis auf die „enorme Anzahl“ von verschwundenen PKW ist typisch für diskriminierende Stereotype gegen Minderheiten. Erfreulicherweise muss aber auch gesagt werden, dass in weiten Teilen eine sachgerechte Debatte geführt wurde, die sichtlich darum bemüht war, Vorurteile abzubauen, Forderungen aus der Wohnungslosenhilfe einzubringen und ein Klima der Akzeptanz zu festigen.
Selbstkritische Reflektion und Forderungen
Traurig müssen wir feststellen, dass sich an der Nichtwahrnehmung dieser Betroffenengruppe in den letzten Jahren nicht viel verbessert hat. Gibt es zu den Problemfeldern Antisemitismus, Rassismus oder zum Terror organisierter Nazis eine zumindest in Teilen sensibilisierte Öffentlichkeit, bleibt das Thema der gesellschaftlichen und institutionellen Diskriminierung von Wohnungslosen fast unsichtbar.
Als Beratungsstellen müssen wir selbstkritisch resümieren, dass diese Betroffenengruppe stärker im Fokus unserer Arbeit stehen sollte und die Kooperation mit Lobbygruppen in der Wohnungslosenhilfe ausgebaut werden muss. Probleme in der Beratung der Betroffenengruppe resultieren auch aus den geschilderten Mehrfachproblematiken, die den Zugang erschweren. Als Beratungsstellen leisten wir im Kontext der Gewalterfahrung Unterstützungsarbeit. Soziale, familiäre oder suchtbedingte Probleme sind dabei zwar nicht ausblendbar, aber ihr spezifischer Unterstützungsbedarf wird bereits durch soziale Träger kompetent und fachspezifisch wahrgenommen. In diesem Zusammenhang bleibt insbesondere anzumerken, dass die Beratungsstellen derzeit schon am obersten Limit ihrer personellen und finanziellen Auslastung arbeiten.
So ist sich auch zehn Jahre später auf die im Jahr 2000 durch die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V.15 erhobenen Forderungen zu berufen und zu verlangen:
- Wir fordern in den Städten und Gemeinden ein Klima der Toleranz und der Zivilcourage – gegen das Klima der Gewalt und Ausgrenzung
- Die Behörden müssen gemeinsam mit Betroffenen und Lobbygruppen Konzepte zum Schutz von wohnungslosen Bürger_innen entwickeln
- Gewalt gegen Wohnungslose muss besser erfasst, Unterstützungs- und Präventionsprojekte gestärkt werden
- Strukturelle Gewalt gegen Wohnungslose darf nicht geduldet werden, Freizügigkeit auf den Straßen muss für alle gelten
- Soziale Gerechtigkeit statt Vertreibung
- Gewalt gegen Wohnungslose muss in den gesellschaftlichen Fokus rücken und ihre Verankerung in rechten Denk- und Handlungsstrukturen wahrgenommen werden
- Verbände, die sich für ein menschenwürdiges Leben von Wohnungslosen einsetzen, müssen unterstützt und gestärkt werden
Morde an Wohnungslosen in Sachsen zwischen 1990 – 2010
Karl-Heinz Teichmann, Leipzig
Am 23. Juli 2008 wurde Karl-Heinz Teichmann im Leipziger Stadtzentrum brutal zusammengeschlagen. Der 59-Jährige Wohnungslose lag schlafend auf einer Bank, als ihn in den frühen Morgenstunden ein alkoholisierter 18-Jähriger angriff. Der Täter befand sich auf dem Rückweg von einer Naziveranstaltung, die von den „Freien Kräften Leipzig“ organisiert wurde. Mindestens zwanzig Mal schlug er auf den wehrlosen Mann ein, ließ ihn liegen und kehrte nach einer halben Stunde noch einmal zurück, um weiter auf ihn einzuschlagen. Am nächsten Morgen fand man Karl-Heinz Teichmann blutüberströmt und vom Regen durchnässt. Zwei Wochen später starb er an den Folgen seiner Verletzungen. Im Urteil heißt es zur Motivation des Täters: „Aus seiner schlechten Laune heraus störte ihn der Anblick des schlafenden Mannes, dessen Schlafplatz er willkürlich als unpassend bewertete“. Der Täter wurde wegen heimtückischen Mordes zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und drei Monaten verurteilt. Obwohl der Mörder eindeutig dem rechten Spektrum zuzuordnen war und selbst sein Verteidiger einräumte, dass die Tat einen rechten Hintergrund hatte, wird Karl-Heinz Teichmann seitens der Bundes-und Landesregierung nicht als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Günter T., Stauchitz bei Riesa
Während einer Feier am 20. April 2003 wurde der 35-Jährige im stark betrunkenen Zustand im Jugendclub »Giftmische Stauchitz« über zwei Stunden schwer misshandelt. Der ehemalige Stahlarbeiter starb zwei Tage später an schweren Hirnverletzungen. Im Ort war er als arbeitslos und alkoholkrank bekannt. Die Staatsanwaltschaft Dresden klagte vier Männer im Alter von 29 bis 36 Jahren wegen Totschlags an. Bei einem 31-jährigen Angeklagten hatten die Ermittler neonazistisches Propagandamaterial gefunden. Das Landgericht Dresden kritisierte bei Prozessende nicht allein die Angeklagten, sondern das gesamte Dorf Stauchitz. Niemand habe dem Tod von Günter T. Bedeutung beigemessen. Zeugen seien eingeschüchtert worden und insgesamt habe die Haltung vorgeherrscht, »es sei ja nur ein Trinker gewesen«. Die Vorsitzende Richterin Birgit Wiegand führte in ihrem Urteilsspruch aus: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Egal, ob er trinkt oder arm ist.« Da ein Gutachter nicht mit Sicherheit ausschließen konnte, dass das Opfer bereits vor den Misshandlungen schwere Kopfverletzungen erlitten hatte, wurden die Angeklagten lediglich wegen Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung zu Bewährungsstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren verurteilt. Dieser Todesfall wird seitens der Journalist_innen als sogenannter Verdachtsfall aufgeführt, da das schriftliche Urteil trotz mehrfacher Nachfrage nicht zur Verfügung gestellt wurde und somit die notwendigen Belege für eine begründete Einordnung als rechtsmotivierte Tötung nicht vorliegen.
Bernd Schmidt, Weißwasser
Am 31. Januar 2000 verstarb der 52-jährige Wohnungslose Bernd Schmidt aus Weißwasser an massiven Kopfverletzungen. Zwei 15-Jährige hatten Schmidt drei Tage lang in einer Abrissbaracke schwer misshandelt. Anfangs hatte sich auch ein 16-Jähriger beteiligt. Im Urteil stellte das Gericht fest, ein Täter habe »die bisher unkorrigierte Fehlhaltung, dass Obdachlose, sozial Schwache und Ausländer wenig wert sind und kein Recht auf Unversehrtheit haben«. Der 15-Jährige hatte gesagt, Leute wie Schmidt seien »menschlicher Schrott«. Der Angeklagte wurde wegen versuchter räuberischer Erpressung mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung zu sieben Jahren Haft verurteilt. Der gleichaltrige Mittäter erhielt viereinhalb Jahre, der 16-Jährige ein Jahr auf Bewährung.
Die Beschreibung der Todesfälle beruht auf den umfangreichen Recherchen von: Radke, Johannes / Jansen, Frank / Staud, Toralf / Kleffner, Heike: 137 Schicksale. In: Die Zeit Online. 15.09.2010. URL: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-09/ todesopfer-rechte-gewalt/seite-1. Zuletzt gesehen am 16. Mai 2011.
1 Als Wohnungslose werden laut Definition der Bundesarbeitsgemeinschaft für Wohnungslosenhilfe Menschen verstanden, die über keinen mietvertraglich abgesicherten Wohnraum verfügen und auf ordnungs- oder sozialrechtlicher Grundlage in eine kommunale Wohnung oder in ein Heim der Wohnungslosenhilfe eingewiesen werden. Darüber hinaus besteht Wohnungslosigkeit auch, wenn die Betroffenen in einer Notunterkunft oder als Selbstzahler in einer Billigpension leben.
2 Angriffe auf (vermeintliche) politische Gegner_innen und Demokrat_innen, Rassismus, Antisemitismus.
3 Angriff auf Wohnungslose und Menschen mit Behinderunge.
4 Siehe den Vergleich auf der interaktiven Karte: Die Zeit Online. 2010. URL: http:// www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/todesopfer-rechter-gewalt. Zuletzt gesehen am 18. April 2011.
5 Radke, Johannes/Jansen, Frank/Staud, Toralf/Kleffner, Heike: Erstochen, erschlagen, verbrannt – 14 Verdachtsfälle. In: Die Zeit Online. 16.09.2010. URL: http://www. zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-09/verdachtsfaelle-toetungsdelikt-rechterhintergrund?page=1. Zuletzt gesehen am 16. Mai 2011.
6 Die Zahlen beruhen auf einer unveröffentlichten Statistik der BAG Wohnungslosenhilfe e.V., welche der Autorin von Werena Rosenke freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurden.
7 Linde, Christian: Obdachlose“ als Opfer struktureller, direkter und vierter Gewalt. In: Berliner Forum Gewaltprävention, Nr. 16. 2004. URL: http://www.berlin.de/imperia/md/content/lb-lkbgg/bfg/nummer16/20_linde. pdf?start&ts=1239198007&file=20_linde.pdf Zuletzt gesehen am 22.11.2010.
8 zitiert nach: Linde, Christian: Toter dritter Klasse. In: Konkret 03/01, S. 2
9 Vgl. Rosenke, Werena: Leben in ständiger Angst vor Gewalt. 20.02.2006. URL: http:// www.ik-armut.de/inhalt/Leben%20in%20staendiger%20Angst%20vor%20Gewalt.htm. Zuletzt gesehen am 16.05.2011.
10 ebd.
11 Fattah, Ezzat A.: Gewalt gegen „gesellschaftlich Überflüssige“. In: Heitmeyer, Wilhelm/Hagan, John (Hrsg.): Internationales Handbuch der Gewaltforschung. Wiesbaden 2002, S. 958.
12 Vgl. die Ergebnisse der Langzeituntersuchung zu Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (2000 – 2010): Heitmeyer, Wilhelm: Deutsche Zustände Folge 1 – 9. Berlin.
13 Institut für interdisziplinäre Konfliktforschung: Entwicklung der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit 2002-2009. Im Internet abrufbar unter: http://www.unibielefeld.de/ikg/projekte/GMF/EntwicklungGMF.html. Zuletzt gesehen am 06. Juni 2011.
14 Vgl.: Ärger über geplantes Obdachlosenheim. In: Sächsische Zeitung. 01.04.2011. Im Internet unter: http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2699991. Zuletzt gesehen am 16.05.2011.
15 Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe: Pressemitteilung. Bilanz eines Jahrzehnts der direkten und strukturellen Gewalt gegen Wohnungslose. 19.12.2000. Im Internet unter: http://www.bag-wohnungslosenhilfe.de/presse/pa.html?ID=20001219. Zuletzt gesehen am 16.05.2011.
Hallo,
danke für den gelungenen Beitrag. Ich sehe das ähnlich auch wenn ich in meinem Blog nicht ganz so ausführlich darauf eingehe.
Gruß,
Daniel
http://kehraus.blogspot.com/2011/12/die-verrohte-burgerlichkeit-der.html