Mit unserem Gesetz über den sozialen Wohnraum (Drs 7/ 891)in Sachsen wollen wir erreichen, dass der Freistaat endlich eine aktive und sozial orientierte Wohnungspolitik betreibt, mit den Instrumenten, die die örtlichen Situationen erfordern. Nach der Debatte im Landtagsplenum am 17. Dezember 2020 wurde der Entwurf leider abgelehnt.
Anrede
Die Linke will, dass es in Sachsen endlich eine nennenswerte Wohnungspolitik gibt! Ein zentraler Bestandteil davon ist die soziale Wohnraumförderung.
Der Bestand an Sozialwohnungen ist in Sachsen in den letzten Jahren auf ein Drittel geschrumpft: Von 32.605 im Jahr 2014 auf 11.469 in 2019. Und: Mit der erst 2017 wieder gestarteten finanziellen Unterstützung für sozialen Wohnungsbau wurde das Defizit keineswegs kompensiert: Nur wenig mehr als 200 Wohnungen sind seitdem in den Großstädten Dresden und Leipzig real neu geschaffen worden. Das ist viel zu wenig: In Leipzig geben die Menschen im Schnitt 30 % ihres Einkommens für Miete aus, Alleinerziehende und allein stehende Rentner*innen sogar bis zu 36 %. In Dresden sieht es kaum anders aus. Die explodierenden Mieten belasten vor allem ältere Menschen und Geringverdienerinnen und Geringverdiener. Und Sachsen ist das Land des Niedriglohns. Das Problem verschärft sich durch die Corona-Krise weiter.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen: Wohnraum ist ein elementares Bedürfnis und kann durch kein Ersatzgut substituiert werden. Die Wohnraumversorgung ist zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge und zählt zu den Kernaufgaben des Sozialstaats. Nach Artikel 7 Abs. 1 der sächsischen Verfassung erkennt der Freistaat das Recht eines jeden Menschen auf angemessenen Wohnraum als Staatsziel an.
In diesem Sinne wollen wir erreichen, dass der Freistaat endlich eine aktive und sozial orientierte Wohnungspolitik betreibt, mit den Instrumenten, die die örtlichen Situationen erfordern.
Ja, wir haben in Sachsen sehr verschiedene Entwicklungen im Wohnungswesen, Wohnungsnot und massiv steigende Mieten in Bestand und Neubau in den beiden Großstädten und zunehmend auch Speckgürteln auf der einen Seite, und Wohnungsleerstand und Modernisierungs- und Sanierungsstau im übrigen Land.
Doch der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in den Großstädten lässt sich nicht mit Verweis auf die Situation im ländlichen Raum beheben. Das eine gegen das andere auszuspielen hilft keinem, sondern führt zu Stillstand, so, wie wir ihn wohnungspolitisch in Sachsen erleben.
Wir können im Bereich der Landes-Wohnungspolitik auf ein Sammelsurium aus Förderrichtlinien und Verordnungen blicken, eine systematische Grundlage oder gar Strategie fehlt. Selbst der von den rechten Seiten des Parlaments gern zitierte Prof Kofner plädierte in der Anhörung am 3. Juli diesen Jahres im ARE für eine Konsolidierung der bestehenden Vorschriften in einem Wohnraumfördergesetz.
Denn: Sachsen ist eines der wenigen Bundesländer das nicht über ein Landeswohnraumfördergesetz verfügt. Stattdessen greifen wir auf das Bundesgesetz zurück. Sicher: Wir brauchen kein Gesetz des Gesetzes willen, aber wir könnten damit innovative Ziele formulieren, eine stabile Basis für ein Fördersystem und mehr Planungs- und Rechtssicherheit für Bauträger schaffen. Diese grundsätzlichen Erwägungen waren unter den sehr verschiedenen Sachverständigen in der Anhörung hier im Plenarsaal Konsens. Und dies schlagen wir ihnen mit diesem Gesetz vor.
Mit der gesetzlichen Verankerung von Maßnahmen der sozialen Wohnraumförderung wollen wir eine dauerhafte und stetige Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum erreichen und dies auch an Ziele wie etwa die Förderung von ökologischen und ressourcenschonenden Bauweisen knüpfen. Gefördert werden sollen Wohnungsneubau, aber auch der Erwerb von Bestandswohnraum zur Selbstnutzung oder von Belegungsrechten an bestehendem Wohnraum, energetische Sanierung und barrierearmer Umbau im Bestand und Pilot- und Modellprojekte: Die Förderung ist an die Gewährleistung der Ziele sozialer Wohnraumförderung gebunden, also daran Haushalte mit angemessenem Wohnraum zu versorgen, die das nicht aus eigener Kraft vermögen. Dies soll mittels Belegungs- und Mietbindungen geschehen.
Wohnumfeld und Quartiersmaßnahmen sollen mit unserem Änderungsantrag auch nur in Verbindung mit Belegungsbindungen förderfähig sein. Hier nehmen wir uns der Kritik aus der Sachverständigenanhörung an, denn Hauptziel des Gesetzes ist und bleibt die Senkung der Mietbelastungsquoten.
Dass wir neben den Darlehen oder Zuschüssen auch preisvergünstigtes Bauland vorzugsweise im Erbbaurecht als Förderinstrument vorsehen, wurde vom Gros der Sachverständigen als innovativ und nachhaltig gelobt. Über die Vergabe von Baugrundstücken in Erbbaupacht kann die öffentliche Hand die Hoheit über Grund und Boden behalten und die Vergabe dauerhaft an soziale Kriterien binden und damit das Prinzip des sozialen Wohnungsbaus als zeitlich begrenzter Zwischennutzung beenden. Wir wollen diesen Punkt durch explizite Erwähnung in § 6 Absatz 2 mit unserem Änderungsantrag auch noch unterstreichen.
Von sozialer Wohnraumförderung sollen die profitieren, die ihn brauchen. In den Begriffsbestimmungen passen wir die Definition dessen, was Haushalte sind, an die Gegenwart an. Oder wie Steffen Jäckel, Geschäftsführer der kommunalen Dresdner WID in der Anhörung sagte: „Der überarbeitete Begriff der Bedarfsgemeinschaften wirkt passgenau ins 21. Jahrhundert. Wir leben nicht mehr nur in traditionellen Familien mit Vati, Mutti, Kind; es gibt mittlerweile sehr viele Formen dazwischen.“
Und auch die Einkommensgrenzen wollen wir mit dem Gesetz anfassen, damit noch mehr Menschen Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein haben.
Wir haben uns hier der Kritik aus der Anhörung angenommen und orientieren uns mit dem Vorschlag im Änderungsantrag an den Einkommensgrenzen des Landes Brandenburg. Dies würde nichts desto trotz zur einer Erweiterung des Berechtigtenkreises führen. Zahlengenau wollen wir die geltenden Einkommensgrenzen von derzeit 13.800 Euro für den Einzelhaushalt auf 15.600 Euro, für einen Zweipersonenhaushalt von 20.700 auf 22.000 Euro und für jede weitere Person im Haushalt auf 4900 Euro heraufsetzen. Jährlich sollen die Einkommensgrenzen entsprechend des Verbraucherpreisindex automatisch angepasst werden.
Wir haben die recht hohen Einkommensgrenzen aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf wieder ein wenig herabgesetzt, damit wir der Gefahr aus dem Weg gehen, dass die angestellte Ärztin mit ihrer Partnerin, die Lehrerin ist, mit einem alleinerziehenden Vater mit zwei Kindern um eine der knappen Sozialwohnungen konkurrieren muss. Wir sind gespannt, was die Staatsregierung uns mit der angekündigten Einkommensgrenzen-Verordnung vorlegen wird, die in dieser Woche im Kabinett Thema war. Wir können zumindest schon mal festhalten: Links wirkt!
Ein weiterer Punkt ist das Berichtswesen: wir wollen mit unserem Gesetz einen jährlichen Wohnraumbericht einführen, mit dem das zuständige Ministerium zur Entwicklung der Versorgung der Bevölkerung in Sachsen mit leistbarem Wohnraum berichtet: Dieser soll auch statistische Daten zur Mietentwicklung, Mietbelastung, zu den Wohnungsbeständen, aber auch zu Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit enthalten. In Dresden und Leipzig gibt es bereits derartige Berichte. Und auch auf Landesebene brauchen wir diese Grundlage, um Ableitungen für eine aktive und wirksame soziale Wohnungspolitik zu finden, aber auch um Transparenz zu schaffen und damit die öffentliche Debatte zum Thema zu beleben. Wie Jonathan Dieselhorst von der IG Bau in der Anhörung sagte: Ein Wohnungswesen-Bericht hätte auch demokratiepolitisch einen Mehrwert.
Einen allerletzten Punkt unseres Änderungsantrages möchte ich ans Ende stellen: Das liebe Geld. Wir haben hier die Empfehlung des Städte- und Gemeindetages aufgenommen. Wenn wir beim sozialen Wohnungsbau durchstarten wollen, braucht es hier auch mehr verlässliche finanzielle Bemühungen. Wir wollen an zentraler Stelle des Gesetzesentwurfes darum eine Finanzierungsgarantie festschreiben. Es reicht nicht die Bundesmittel weiterzureichen, obwohl wir froh sind, dass dies seit geraumer Zeit überhaupt geschieht, seit diesem Jahr mit zwingender Co-Finanzierung. Aber wir wissen: Die 50 bzw. 65 Mio p.a. reichen sowohl für Dresden als auch Leipzig und auch die darüber hinaus formulierten Bedarfe von Städten und Landkreisen nicht.
In diesem Sinne: Beenden Sie den wohnungspolitischen Stillstand in Sachsen endlich und stimmen sie unserem Gesetzesentwurf zu. Dies wäre gerade in winterlichen Zeiten, in denen Menschen auch in Sachsen Mietschulden anhäufen und räumungsbedroht sind, und in Zeiten der ökonomischen Einbussen durch die Corona-Beschränkungen, ein wichtiges Signal!