Wir sind auf dem Weg in die Ukraine. Anknüpfend an unsere Reise im Januar 2023 wollen Engagierte aus dem linXXnet-Kollektiv & friends vor Ort Stimmen und Stimmungen erkunden.
Seit 2023 ist viel geschehen: der russische Krieg währt nun schon seit über drei Jahren. Seit dem völkerrechtswidrigen Angriff sind laut UN-Hochkommissariats für Menschenrechte fast 13.000 Zivilist*innen in der Ukraine getötet wurden, fast 20.000 Kinder wurden nach Russland verschleppt, fast 7 Millionen Ukrainer*innen sind ins Ausland geflohen. Für zu viele ist dieses Grauen zur Normalität verblasst, für Menschen in der Ukraine ist es der bittere Alltag.
Spätestens die Annäherung von US-Präsident Trump an den Aggressor Russland rüttelt auf: Die Ukraine droht im globalen Machtspiel an den Rand gedrängt zu werden. Wieder wird viel über die Ukraine gesprochen, aber nicht mit den Menschen, die es betrifft.
Wir planen während unserer 1-wöchigen Reise erneut Gespräche mit Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, linker Organisationen, Gewerkschaften und Akteuren, die humanitäre Hilfe leisten. Gerade in diesen Tagen, wo ein Waffenstillstand und ein gerechter Frieden zum Spielball von Autokraten zu werden droht, sind uns die Eindrücke derer, die es unmittelbar betrifft, wichtig. Dabei ist uns und sicher auch denen, die wir treffen die Ambivalenz der aktuellen Lage durchaus bewusst. Die Weiterführung des Krieges wird noch mehr Menschenleben kosten und die soziale Lage in der Ukraine weiter verschärfen. Auch demokratiepolitisch leidet das Land und dabei besonders die politische und gewerkschaftliche Linke. Männer werden von der Straße weggefangen und fürs Militär zwangsrekrutiert, das Streik- und Versammlungsrecht in Kriegszeiten ausgehöhlt, während soziale Kürzungen und Arbeitsrechtsverschärfungen auf der Tagesordnung sind. An eine Rückkehr der vielen Geflohenen glaubt fast keiner mehr. Das Land leidet unter einer riesigen Schuldenlast, die Folgen muss die einfache Bevölkerung tragen.
Trotzdem nehmen wir aus der Ferne weiter einen starken Willen wahr nicht unter russischem Diktat zu leben und die Ukraine in Richtung Europas und auch der EU zu entwickeln.
In unserem Gepäck haben wir eure Spenden – 1700 Euro sind zusammen gekommen – die wir vor Ort in vertrauensvolle Hände geben werden.
Nicht zuletzt steht unser Besuch auch im Zeichen des 80. Jahrestages der Befreiung von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Viel zu oft fällt unter den Tisch, dass auch ukrainische Angehörige der Roten Armee an der Niederschlagung Nazi-Deutschlands beteiligt waren, und dass die Ukraine besonders unter dem NS-Feldzug im Osten litt. Unter anderem das Massaker von Babyn jar zeugt davon. In dem Tal in/bei Kyiv erschossen Angehörige von Wehrmacht und SS am 29./30. September 1941 mehr als 33.000 Jüdinnen und Juden – das größte Einzelmassaker an Jüd*innen im NS. Bereits bei unserem letzten Besuch in Kyiv besuchten wir Babyn jar und bekamen einen Überblick über die wechselvolle Geschichte des Umgangs mit diesem historischen Ort. Wir hoffen gerade in diesen Tagen daran anknüpfen zu können.
Wir werden versuchen jeden Tag einen kleinen Bericht über Erlebtes und Erkenntnisse publizieren zu können: An dieser Stelle, auf Blueskye, Mastodon oder Instagram unter dem Hashtag #ukrXX