
Dazu gehören grundlegende Gesundheitsversorgungsangebote wie mobile Teams, die psychologische Unterstützung für Frauen leisten, sowie Zentren für eine umfassende medizinische, psychologische und soziale Versorgung von vertriebenen Personen mit Gewalterfahrungen.
Wir erleben erneut, dass Nichtregierungsorganisationen in der Ukraine grundlegende Leistungen der sozialen Daseinsvorsorge erbringen, während der Staat mit seinem rudimentären Gesundheits- und Sozialsystem diese Aufgaben kaum übernimmt. Der Wegfall finanzieller humanitärer Unterstützungsprogramme – insbesondere von USAID – hat daher gravierende Folgen. Nicht nur in der Ukraine fallen dadurch Leistungen weg, die in Deutschland als staatliche Basisversorgung gelten. Für die Stiftung bedeutet das Ende von USAID den Verlust von 35 % der Gesamtfinanzierung, weshalb erste mobile Teams bereits abgezogen werden mussten. Ein weiteres Problem ist, dass Geldgeber vor allem Krisenregionen nahe der Front unterstützen. Viele Menschen fliehen jedoch in sicherere Gebiete, etwa in den Westen der Ukraine – 2023 waren es über fünf Millionen. Auch dort müssen Strukturen wie die Wohnraumversorgung sichergestellt werden.
Ein weiteres drängendes Thema ist die Versorgung von HIV-Patientinnen. Die Ukraine hat eine der höchsten HIV-Infektionsraten in Europa: 2020 lag die Inzidenz bei 41 pro 100.000 Einwohnerinnen, in Deutschland bei 3,1. Seit der großangelegten Invasion hat sich die Versorgung massiv verschlechtert, und mit dem Wegfall humanitärer Hilfsprogramme wird sich die Lage weiter zuspitzen. Wir treffen ein engagiertes und empathisches Team von Mitarbeiterinnen, das sich auch an legislativen Prozessen beteiligt, etwa an der Umsetzung der 2022 von der Ukraine ratifizierten Istanbul-Konvention. Ein Beispiel ist die Transformation häuslicher Gewalt von einem Antragsdelikt zu einem Offizialdelikt.
Ein weiteres drängendes Thema ist die Versorgung von HIV-Patientinnen. Die Ukraine hat eine der höchsten HIV-Infektionsraten in Europa: 2020 lag die Inzidenz bei 41 pro 100.000 Einwohnerinnen, in Deutschland bei 3,1. Seit der großangelegten Invasion hat sich die Versorgung massiv verschlechtert, und mit dem Wegfall humanitärer Hilfsprogramme wird sich die Lage weiter zuspitzen. Wir treffen ein engagiertes und empathisches Team von Mitarbeiterinnen, das sich auch an legislativen Prozessen beteiligt, etwa an der Umsetzung der 2022 von der Ukraine ratifizierten Istanbul-Konvention. Ein Beispiel ist die Transformation häuslicher Gewalt von einem Antragsdelikt zu einem Offizialdelikt.
Während des Besuchs entsteht die Idee, die Städtepartnerschaft Leipzig-Kyiv stärker zu nutzen und über die Stadt sowie die Zivilgesellschaft in Leipzig Kooperationen anzustoßen. Unser Dank gilt den engagierten Mitarbeiterinnen und Felix für ihre wertvolle Arbeit.

Im Gespräch mit Ira thematisieren wir den Feminismus in der Ukraine, der aus ihrer Sicht einen konservativen Rückschritt erlebt. 2016 nahm ein anarchafeministischer Block an der Frauentagsdemonstration in Kyiv teil, wurde jedoch von traditionellen Frauengruppen stark kritisiert und erfuhr staatliche Repression. Auch in der queeren Community beobachtet sie einen „Homonationalismus“, der die Prides prägt und sich von emanzipatorischen, egalitären Zielen entfernt. Die Gesellschaft rücke nach rechts, was auch mit der zunehmenden Militarisierung zusammenhänge, die sogar von der staatlichen Kulturstiftung in Förderprogrammen für junge Menschen forciert werde.
Dennoch gibt es Hoffnung: Ira nimmt wahr, dass es immer mehr junge Menschen mit radikalen, progressiven Ideen gibt. Gleichzeitig gelingt es extrem rechten Gruppierungen, sehr junge, aktionsorientierte Menschen zu rekrutieren, die etwa am Karfreitag gegen das LGBTQIA-Festival mobilisieren. Ähnliche Entwicklungen kennen wir aus Sachsen, wo jedoch auch eine Repolitisierung der CSD-Bewegung zu beobachten ist.
Ira betont die Notwendigkeit sozialer Reformen in der Ukraine: Es brauche dringend ein Programm zur sozialen Wohnraumversorgung für marginalisierte und vertriebene Menschen sowie verbesserte HIV-Programme. Diese dringenden Fragen werden von politisch Verantwortlichen, ob auf kommunaler oder nationaler Ebene, jedoch nicht angegangen. Wir nehmen diese Botschaft mit.

Be Like We Are agiert zweigleisig: als landesweites Netzwerk und mit lokalen Gewerkschaften. Die Facebook-Gruppe hat über 85.000 Mitglieder, die NGO über 700. Über 90 % der Aktiven sind Frauen, was das Geschlechterverhältnis im Pflegebereich widerspiegelt. Das Gesundheitssystem in der Ukraine ist äußerst prekär. Zwar gibt es eine öffentliche Basisversorgung, doch spezielle Behandlungen, Medikamente und Operationen müssen teilweise von den Patientinnen bezahlt werden. Eine flächendeckende staatliche Krankenversicherung existiert nicht. Der staatlich finanzierte Basiskatalog für medizinische Leistungen ist seit über zehn Jahren unverändert – trotz Inflation, komplexer Bedarfe und Krieg. Das System droht zu kollabieren, und die Leidtragenden sind vor allem die Krankenpfleger*innen. „Während ihr euch in Deutschland über einen Betreuungsschlüssel von 1:12 beschwert, ist er bei uns 1:50“, erzählt Oksana. Hinzu kommen Belastungen durch verletzte Soldat*innen, die bevorzugt versorgt werden, was die Versorgung der Zivilbevölkerung beeinträchtigt.
Es fehlt an gesellschaftlichem Respekt für die Arbeit der Fachkräfte und vor allem an staatlicher Unterstützung für diesen zentralen Bereich der sozialen Daseinsvorsorge. Die Regierung strebt eine Reform des Gesundheitswesens nach britischem Vorbild an – eine steuerfinanzierte Grundversorgung, die jedoch chronisch unterfinanziert ist. Durch den Krieg ist dieser Umbau noch nicht vollzogen. Be Like We Are organisiert Beschäftigte, um ihre Interessen durchzusetzen – keine Selbstverständlichkeit in der Ukraine, besonders im Krieg.
Ein konkreter Erfolg der Bewegung ist die Einführung einer monatlichen Zulage für Ärztinnen in Höhe von 20.000 Hrywnja (über 400 Euro) und für Pflegerinnen von 15.000 Hrywnja (über 300 Euro) – allerdings nur, wenn die Personalkosten des Krankenhauses 85 % nicht überschreiten. Anfang Mai werden Vertreter*innen von Be Like We Are bei der Streikkonferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin präsent sein. Wir sind beeindruckt: Diese Organisierung hat Kraft und Potenzial, ist europaweit gut vernetzt und wünscht sich Unterstützung. We will care!
An diesem Abend fallen wir erschöpft ins Bett. Es war der letzte, ereignisreiche Tag einer intensiven Reise. Inzwischen sitzen wir im Zug Richtung Polen. Danke an alle, die wir treffen und mit denen wir sprechen durften, und an alles, was wir sehen und erfahren konnten. Weiteres Getexte folgt in jedem Fall!