Im Nachgang der Buchmesse kritisiere ich den Umgang der Leipziger Messe mit extrem und neu-rechten Verlagen. Statt sich für einen Ausschluss von Publikationsorganen wie dem Compact Magazin, dem neurechten Vordenker-Verlag Antaios und dem NPD-Verlag Deutsche Stimme stark zu machen, wie DIE LINKE mit einem Antrag im Stadtrat im Vorfeld forderte, wurde die Buchmesse leider auch zur Präsentationsfläche rassistischer und nationalistischer Hetze und rechter Systemumsturz-Phantasien genutzt.
Vor allem am Wochenende wurde die Ecke extrem rechter Verlage in der Halle 3 zum Wallfahrtsort von Neonazis wie den Identitären, Legida- und Pegida-AnhängerInnen und NPD. Immer wieder fiel auch der Hallenser Neonazi Sven L. auf, der Vorbeilaufende mit einer Kamera bedrängte. Bereits im vergangenen Jahr hatte L. vom Compact-Stand aus zu Gewalt gegen Protestierende aufgerufen. Private Sicherheitsleute und die faschistischen Anhänger der genannten Verlage machten das gesamte Umfeld der Stände der extrem rechten Verlage zur Angstzone für die, die nicht in deren Weltbild passen.
Wer sich dort aufhielt, musste damit rechnen, bepöbelt und gefilmt zu werden. Dies merkte ich am eigenen Leib: Am Sonntag wurde ich vom Stand des Antaios-Verlages aus angepöbelt, fotografiert und gefilmt. Auch umliegende Aussteller berichteten von der bedrückenden und bedrängenden Situation durch die permanente Präsenz von Faschisten und deren privaten Sicherheitsleuten. Menschen, die tatsächlich von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch machen wollten, wurden zum Beispiel von einer Veranstaltung des Antaios-Verlages geprügelt.
Im Rahmen mehrere Veranstaltungen konnten der Antaios-Verlag und die Compact-Magazin GmbH ihr krudes Weltbild propagieren. So beispielsweise am Samstag, als der Autor Akif Pirinçci seine rassistischen Ansichten zum Besten gab. Pirinçci war wegen einer Rede bei einem Pegida-Aufmarsch im Oktober 2015 wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Verschiedene Verlagen trennten sich daraufhin von ihm.
Auch das Gespräch zwischen Antaios-Chef Götz Kubitschek und Compact-Chef Jürgen Elsässer bestätigte die Kritik. Wiederholt rief Elsässer dabei zum „Sturz des Regimes“ auf. Die System-Alternative der extrem Rechten ist eine autoritäre und repressive, in der kein Platz mehr für die VerteidigerInnen einer demokratischen Kultur und für Menschenrechte, natürlich auch für Geflüchtete, ist. Auch mit der Meinungsfreiheit, die der Forderung nach Ausschluss der extrem rechten Verlage von der Buchmesse immer wieder entgegengehalten wurde, dürfte es dann zu Ende sein. Die rechten Netzwerke, die am Wochenende auf der Buchmesse ihre Muskeln spielen ließen, sind es, die die Meinungsfreiheit bedrohen, weil sie bestimmten Gruppen von Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung aberkennen. Weil ihre Denkweisen radikal gegen Menschenrechte und Demokratie gerichtet sind.
Die Messe GmbH täte gut daran, ihre Strategie im Umgang mit den extrem rechten Verlagen sorgfältig und kritisch auszuwerten. Denn: Die Prinzipien von Freiheit, Vielfalt und Toleranz (Martin Bul-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe) wurden in der Halle 3 keineswegs gewahrt. Weder blieb es „größtenteils friedlich“, wie die Buchmesse selbst in einer Erklärung glauben machen will, noch gab es irgend einen „Meinungsaustausch“ mit den Faschisten und (neu-)rechten Ideologen, die daran wirklich gar kein Interesse haben.
Die gute Kooperation mit dem Netzwerk „Verlage gegen Rechts“ ist eine durchaus begrüßenswerte Sache. Der Ausschluss von Menschen- und Demokratiefeinden ist die andere Sache; kein Vergehen gegen die Meinungsfreiheit, die von den Rechten nur als Kampfbegriff gebraucht wird, sondern ein Verdienst im Sinne der Menschenrechte und Demokratie.
PM, 19. März 2018
>>> Eindrücklicher Videobeitrag zu den Ereignissen auf der Messe (JFDA)