Scheindebatte um Rechtssicherheit von Wagenplätzen in Leipzig

Zum CDU-Antrag rechtssichere Lösungen für Wagenplätze gab es in der März-Stadtratssizung eine lebhafte Debatte. Mein Redebeitrag ist hier nachzulesen:

Wir diskutieren heute über rechtssichere und anliegerverträgliche Lösungen für Wagenplätze. Dagegen spricht nichts, nur bleibt der Background dieser Initiative zumindest unklar.

Als antragsstellende Fraktion haben sie, liebe Damen und Herren der CDU, in den letzten Jahren immer wieder Stimmung gegen Wagenplätze in Leipzig gemacht.

Ich erinnere hier an das Thema Fockestraße oder an das Jahrtausendfeld. Auch gegen den Vertragsabschluss mit dem Wildwuchs e.V. in der Alten Salzsztraße, auf den in dem vorliegenden Antrag Bezug genommen wird, haben sie mit ihrer Fraktion gestimmt.

Um so mehr verwundert nun ihr Interesse ordnend in die Szenerie einzugreifen und den von ihnen abgelehnten Vertrag als gutes Beispiel anzupreisen. Besonders glaubhaft ist das nicht. Genau wie ihr Antrag zeigt, dass sie sich nicht mal ordentlich über den Status quo von Wagenplätzen auf städtischem Grund informiert haben.

Ich würde behaupten, dass sie hier eine Scheindebatte lostreten, denn – und das könnten auch sie spätestens seit unserer Anfrage im Oktober 2016 inzwischen wissen – haben alle der bestehenden Wagenplätze auf städtischen Grundstücken bereits Verträge bzw. befinden sich vor dem Vertragsabschluss: der „Tote Arm“ im Lauerschen Weg in Großzschocher hat bereits seit 2000 einen Pachtvertrag, der Platz in der Saalfelder Straße seit 2015 sowie„Anna Ecke“ hinter dem Spinnereigelände seit 2016 jeweils einen Mietvertrag. Im Jahr 2016 beschloss der Stadtrat mehrheitlich – und gegen die Stimmen der CDU – dem seit 17 Jahren bestehenden Platz in der Fockestraße 80 ebenfalls einen Pachtvertrag zu geben, die Verhandlungen zum Vertragsabschluss laufen. Und: Auch die meisten der Wagenplätze auf anderen Grundstücken – wie die Scherbelburg oder der Lindenhof – haben Grundstücke gekauft und die meisten auf Privatgrundstücken ansässigen haben ebenfalls Verträge abgeschlossen.
In den die städtischen Flächen betreffenden Verträgen sind im Wesentlichen angemessene Nutzungsentgelte, die Übernahme der Verkehrssicherung, die Pflege der Flächen oder auch privatrechtliche Vereinbarungen zur Ver- und Entsorgung von und mit Energie, Wasser und Abwasser sowie zum Heizen und zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften geregelt.

Das Problem ist aber oft der Weg zu einem Platz und zu einem Vertragsabschluss, was auch zu unserem Änderungsantrag führte, mit dem wir eine klar Ansprechperson für die Belange von Wagenplätzen fordern. In der Vergangenheit ist es zu oft passiert, dass WagenbewohnerInnen mit oder ohne Fläche bei der Verwaltung abgeblitzt sind oder hingehalten wurden. Genau darum wurde auch immer wieder mehr oder weniger sanfter Druck durch Besetzungen ausgeübt, was dann zumeist zum Erfolg also zu Fläche und Vertrag führte.

Doch zurück zum Antrag. Wenn in einer der gedruckten Lokaltageszeitungen dieser Stadt Anfang der Woche von der Legalisierung von Wagenplätzen geschrieben wird, die der uns vorliegende CDU-Antrag intendieren würde, ist dies irreführend. Wenn wir über eine echte Legalisierung sprechen wollen würden, müssten wir bau- und planungsrechtliche Aspekte in den Blick nehmen. Dass das Bau- und Planungsrecht eine Wohnform in Bauwagensiedlungen nicht vorsieht, ist das eigentliche Dilemma an der Sache und führt zur im Verwaltungsstandpunkt erwähnten Duldungspraxis.

Wer es mit der Legalisierung von Wagenplätzen ernst meint, muss sich also an landes- und bundesgesetzliche Grundlagen heranmachen oder an den Flächennutzungsplan und darin die Ausweisung von Sondernnutzungsflächen für z.B. experimentelles Wohnen etablieren. Und auch letzteres bleibt für bestehende Plätze problembehaftet.

Ergo: der vorliegende Antrag geht ist in seiner Form an der Realität vorbei.

Meine Fraktion wird dem Antrag mehrheitlich zustimmen, auch weil sie unser Anliegen der Schaffung einer klaren Ansprechperson für die Belange von Wagenplätzen aufgenommen haben.

Wenn wir in Zukunft echte Wege in Richtung der Legalisierung gehen wollen, erinnere ich an die Forderung des Kollegen Weber und mir einen Runden Tisch mit WagenbewohnerInnen ins Leben zu rufen, um dort kollektiv und der Vielfalt der bestehenden Plätze entsprechend, Lösungen zu finden.

(8. März 2017)

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