In der Sitzung des Leipziger Stadtrates am 12. Februar entbrannte eine hitzige Diskussion über die Mitgliedschaft der Stadt im Bündnis „Städte sicherer Häfen“, welchem Leipzig im Jahr 2020 beitrat. Ausgangspunkt war ein Antrag auf Austritt aus dem Netzwerk von der AfD-Fraktion, welchen die CDU-Fraktion mit einem Änderungsantrag zusätzlich verschärfte. Mein Statement:
„Es ist richtig, dass sich die Stadt Leipzig der Bewegung von Kommunen bundesweit angeschlossen hat. Über 320 sind es inzwischen. Das Label sicherer Hafen ist einerseits symbolisch: Wir helfen Menschen in Not und nehmen sie auf. Andererseits ist dieser Titel auch mit politischem Engagement für sichere und legale Fluchtwege verbunden. Denn diese gibt es faktisch nicht.
Das Leid an den Außengrenzen und die Toten im Mittelmeer – sie sind politisch erzeugt. Und solange nichts für die Schaffung legaler Fluchtwege – zum Beispiel durch humanitäre Visa oder mehr Aufnahmekontingente – getan wird, werden die Wege weiterhin gefährlich und kriminalisiert sein.
Dass die CDU, die schließlich immer noch das C im Parteinamen trägt, den Antrag der gesichert rechtsextremen AfD heute noch mit einem Änderungsantrag zusätzlich Feuer gibt, verwundert angesichts der dumpfen Schlagrichtung der asylpolitischen Reden und Initiativen nicht wirklich. Als Linke sagen wir: Wer Asylfeindlichkeit und Rassismus nährt und seinem menschenfeindlichen Gehalt nicht widerspricht, der reagiert nicht auf Sorgen und Ängste, sondern zündelt.
Anstatt hausgemachte Probleme auf dem Rücken geflüchteter Personen auszutragen, gilt es, Menschen, die vor Krieg und Leid fliehen, eine Zuflucht zu bieten. Leipzig hat in den letzten Jahren bereits viel getan, es ist aber noch immer Luft nach oben – siehe zum Beispiel bei der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Geflüchtete oder der auskömmlichen Förderung von Migrant*innenselbstorganisationen.
Darum ist es wichtig, weiter ‚Stadt sicherer Häfen‘ zu sein. Das bedeutet, Menschen mit Fluchtgeschichte gleichberechtigt zu behandeln und deren Teilhabe zu fördern. Es heißt, offen dafür zu sein, Menschen auch über Zuweisungsquoten hinaus aufzunehmen und Teil unserer Stadtgesellschaft werden zu lassen.“
Meine Rede:
Im Juni 2018 rettet das Schiff Lifeline der Dresdner NGO Mission lifeline 234 Menschen in Seenot auf dem Mittelmeer. Sowohl Italien als auch Malta verweigerten dem Schiff mitsamt den geschundenen, hilfebedürftigen Menschen das Anladen. „Ich bin zur Rettung verpflichtet und muss sie in einen sicheren Hafen bringen“, sagte seinerzeit der Kapitän des Schiffes Klaus-Peter Reisch. Das Schiff durfte nach mehreren Tagen und nachdem europäische Staaten Aufnahmezusagen für die geretteten Geflüchteten gegeben hatten, anlegen. Diese Geschichte war kein Einzelfall: auch andere zivile Seenotrettungsschiffe hatten seinerzeit mit Anlegeverboten und Restriktionen zu tun. Ein Abwehren und Feilschen auf dem Rücken von schutzbedürftigen Menschen. Die Antwort der Zivilgesellschaft und auch von Kommunen bundes- und europaweit waren stark: Demonstrationen, Spendenaktionen und die Erklärung von Städten sicherer Hafen zu sein und Menschen aufzunehmen.
Im März 2019 wurde auch Leipzig mit Stadtratsbeschluss sicherer Hafen für aus Seenot gerettete Menschen. Es ist und bleibt richtig, dass sich die Stadt Leipzig der Bewegung von mittlerweile 320 Kommunen bundesweit angeschlossen hat. Seitdem ist die Lage kaum besser geworden. Die Zahl von Menschen, die auf ihrer Flucht übers Mittelmeer sterben oder vermisst sind, steigt. Im Jahr 2024 waren es fast 2300. Und die Mittelmeeranrainerstaaten allen voran Italien machen es den engagierten Retterinnen und Rettern weiter schwer.
„>Leipzig muss sicherer Hafen bleiben! Das sagen auch über 15.000 Menschen, die die entsprechende Petition der Leipziger Seebrücke unterzeichnet haben.
Das heißt praktisch bereit zu sein, Menschen in Not aufzunehmen, ihre sichere Ankunft zu unterstützen und sich für sichere und legale Fluchtwege einzusetzen.
Für die, die es vergessen haben oder die Augen davor verschließen: diese legalen Fluchtwege gibt es faktisch nicht. Sowohl CDU als auch und leider SPD und Grüne haben in politischer Verantwortung versagt und die Situation sogar verschärft, Stichwort GEAS. Das Leid an den Außengrenzen und die Toten im Mittelmeer:
Sie sind politisch erzeugt. Niemand würde sich in einem wackligen Schlauchboot in Lebensgefahr begeben, sich von brutalen Grenzschützern verprügeln lassen, in überfüllten Lastwagen durch Europa fahren und für all das auch noch tausende an Euros bezahlen, wenn er oder sie sicher mit dem Flugzeug einreisen könnte. Solange politisch nicht für die Schaffung legaler Fluchtwege z.B. durch humanitäre Visa oder mehr Aufnahmekontingente getan wird, werden die Wege weiterhin gefährlich, tödlich und kriminalisiert sein. Und solange braucht es das Engagement von Städten wie der unseren.
Dass die CDU, die immer noch das C im Parteinamen trägt, den Antrag der gesichert rechtsextremen AfD heute noch mit einem Änderungsantrag verschärfen will, ist wirklich finster. Lassen Sie sich nur eins sagen: Wer Asylfeindlichkeit und Rassismus nährt und seinem menschenfeindlichen Gehalt nicht widerspricht, der reagiert nicht auf Sorgen und Ängste, sondern zündelt.
Stadt sicherer Häfen zu sein heißt auch praktisch Solidarität zu zeigen. Die 3 zusätzlich aufgenommenen Menschen und die symbolische Patenschaft für das Rettungsschiffe Rise above von mission lifeline gehören dazu genau wie das Sorge für gute Integration und Teilhabe. Wir wünschen uns ausdrücklich dass die Stadt Leipzig diesen Weg weiter beschreitet und damit ein humanistischer Pfeiler bleibt: In Zeiten, in denen fast alle nach rechts rücken, in Zeiten in denen politisches Kapital daraus geschlagen wird, Menschen mit Fluchtgeschichte zu entrechten und klein zu halten ist dies bitter nötig!