Passend“ zum 20.4.2012 im Nazizentrum in Leipzig: Vortrag mit der verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel

Reger Veranstaltungsbetrieb der letzten Monate zeigt, dass das Zentrum in der Odermannstraße 8 in Lindenau zentraler Ort der regionalen Naziszene bleibt bzw. re-etabliert werden soll. Die Forderung nach ordnungsrechtlichen Maßnahmen gegen das Nazi-Zentrum – z.B. ein Alkoholverbot am 20.4.12 – wird antifaschistische Interventionen nie aufwiegen können.

Am 20.4.2012, den Nazis als „Führergeburtstag“ (Geburtstag Adolf Hitlers) begehen, hat sich im Nazi-Zentrum in der Odermannstraße in Leipzig die verurteilte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel angesagt. Haverbeck-Wetzel, die bereits mehrfach mit antisemitischen und geschichtsrevisionistischen Vorträgen in Leipzig aufwartete, gehört zu den Schlüsselfiguren der deutschen Geschichtsrevisionisten-Szene. Sie war eine der GründerInnen und langjährige Leiterin des „Collegium Humanum“, einem Zentrum für Antisemitismus und Holocaustleugnung, das 2008 verboten wurde.

Seit einiger Zeit herrscht in der Odermannstraße wieder ein reger Veranstaltungsbetrieb. Die Veranstaltung am 20.4.2012 wird die mindestens sechste dieser Art seit Februar sein. Das Zentrum in der Odermannstraße muss also weiterhin als zentraler Ort der Gruppen- und Ideologiebildung der Leipziger Naziszene eingeschätzt werden.

Zum Jahreswechsel 2011/ 2012 galt die Zukunft des Objektes aufgrund des Todes des NPD-Landtagsabgeordneten und Hauptfinanziers Winfried Petzold im Dezember 2011, dem Auszug des Hauptmieters Kulturverein Leipzig-West im Herbst 2011 und aufgrund massiver interner Zerwürfnisse als ungewiss. Kontinuierliche Proteste und auch Problemanzeigen bei Behörden wegen widerrechtlicher Nutzung der Räumlichkeiten und unsachgemäßer Abwasserableitung machten dem Zentrum und seinen NutzerInnen im vergangenen Jahr zudem das Leben schwer.

Im November 2011 ermittelten antifaschistische Gruppen und der Sächsische Verfassungsschutz eine Abwanderung der „Freien Kräfte“ in den Leipziger Osten. Dort sollen sie Räumlichkeiten in der Wurzner Straße als Treffpunkt genutzt haben. Eine tatsächliche Verstetigung dieses neuen Treffpunktes konnte nicht beobachtet werden. Zudem wurde der Einmietungsversuch von ProtagonistInnen des aus der Odermannstraße herausgeflogenen Nazitarnvereins Kulturverein Leipzig-West in ein Wohnhaus in der Lange Straße 15 im Zentrum-Ost durch Intervention von AntifaschistInnen vereitelt.

Doch mittlerweile wird versucht das Zentrum in der Nazi-Szene wieder zu pushen. Nils Larisch, Komunalwahlkandidat der NPD in Leipzig 2009 und Schnittstelle zur Fußball-Szene, fungierte in jüngster Zeit als Einlader diverser Veranstaltungen in der Odermannstraße 8. Bei der Ortsbegehung durch das Bauordnungsamt der Stadt Leipzig im Dezember 2011 stellte er sich als Ansprechperson vor. Bei dieser Ortsbegehung wurde nur der Neubau, nicht aber das Bestandsgebäude der „O8“ in Augenschein genommen. Ansonsten hätten die BehördenvertreterInnen wohlmöglich die Existenz einer Bar im Bestandsgebäude, an der gegen Geld auch alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, registriert. Die Bar unterstreicht die Funktion des Objektes als Anlaufpunkt und sozialer Ort der Nazi-Szene und ruft KritikerInnen des Umgangs der Stadt mit dem Zentrum auf den Plan. So fordert die Leipziger Internetzeitung die Stadt heraus zumindest ein Alkoholverbot für die Veranstaltung am Freitag zu erlassen und wartet sogar mit einem Verwaltungsrechtsexperten, Prof. Faßbender, auf, der auf die Anzeigepflicht von Getränkeausschank auch für Vereine und Gesellschaften, die kein Gaststättengewerbe sind, hinweist. Für Alkoholausschank ist mit dem novellierten Sächsischen Gaststättengesetz (download als pdf) sogar eine Zuverlässigkeitsprüfung notwendig.

Dass sich in der Odermannstraße antisemitische, rassistische, antidemokratische und gewaltaffine Ideologien ballen, entsprechende Propaganda und Schulungen stattfinden und Gruppenzusammenhalt befördert wird, tasten solche ordnungsrechtlichen Forderungen allerdings nicht an. Darum bleiben die inhaltliche Auseinandersetzung und antifaschistischer Widerstand die zentralen Instrumente in der Auseinandersetzung mit dem Nazi-Zentrum.

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