Bei der Frage der Nominierung eines oder einer Oberbürgermeister*innenkandidatin für Leipzig macht es sich DIE LINKE nicht leicht. Dies steht einer demokratischen Partei gut zu Gesicht. Die Aussendarstellung einer urdemokratischen Frage – nämlich wer von der Partei als Kandidat*in gekürt wird – nimmt jedoch schon jetzt falsche Züge an.
Ein paar Zeilen aus meiner Perspektive:
Als der amtierende Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) im Mai 2019 seine erneute Kandidatur erklärte, war klar: Es gibt keinen Spielraum für eine*n gemeinsame*n Mitte-links-Kandidat*in. Ich hätte eine solche gemeinsam von LINKE, Grünen und SPD unterstützte Personalie gut und gerade in diesen Zeiten für äußerst charmant gehalten.
Doch dann ging es Schlag auf Schlag: Die Grünen gingen mit Stadträtin Katharina Krefft und die CDU geht mit Justizminister Sebastian Gemkow an den Start. Auch die faschistische AfD will mit MdB Neumann einen eigenen Kandidaten stellen.
Und DIE LINKE? Meine Partei nominiert ihre*n Kandidat*in am 9. November 2019. Im Zuge der parteiinternen Kandidat*innenfindung ging es in den letzten Tage turbulent zu. Dies ist für eine solch plurale und altersübergreifende Partei nicht verwunderlich und solange Umgang und Mittel demokratisch und solidarisch bleiben auch in Ordnung.
Kurz und knapp: Alle Genoss*innen waren angehalten an der Kandidat*innenfindung mitzuwirken. Auch ich habe mit Menschen gesprochen, bekam Körbe oder neue Ideen.
Eine positive Rückmeldung gab es von Dirk Feiertag, Sozialrechtsanwalt und ehemaliger unabhängiger OBM-Kandidat.
Dieser Vorschlag wurde zusammen mit der weiteren Kandidaturbereitschaft der Stadträtin Franziska Riekewald in der Vorstandssitzung am 8. Oktober diskutiert. Meines Wissens wurde dort keine Entscheidung zwischen beiden Kandidat*innen getroffen, hatten doch beide auch keine Möglichkeit sich dort vorzustellen.
Leider ging die Kandidatin auf eigene Faust am Freitagvormittag über die Mailadresse des Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann an die Öffentlichkeit. Der Vorstand der Leipziger LINKEN stellte die Kandidat*innenlage am Montag, 14. Oktober richtig: Es gibt zwei starke Kandidat*innen!
Die Kandidatur von zwei kompetenten Menschen halte ich für einen Gewinn, nicht für einen Makel. Das macht Demokratie aus, gerade die innerparteiliche. Wenn jetzt der eine Kandidat in ein Lager gesteckt wird, ist das falsch und unterkomplex. Dirk Feiertag will als parteiloser für die gesamte LINKE kandidieren und das mit einem starken Profil*.
Nun heißt es die Zeit bis zur Gesamtmitgliederversammlung am 9. November zu nutzen um eine lebendige Debatte um die Ideen und Konzepte der beiden Kandidierenden zu ermöglichen und dabei ggf. auch Partner*innen der LINKEN einzubeziehen. Ich erwarte hier Fairness und gleiche Chancen, wie es dem Anspruch der LINKEN als pluraler, basisdemokratischer und solidarischer Partei gerecht wird.
Es geht schließlich nicht um Befindlichkeiten, sondern um eine starke LINKE Kandidatur in einer bewegten Stadt, in der es soziale Schieflagen, Ungleichheit, die Wohnungs- und Klimafrage noch beherzter anzupacken gilt!
* Dirk Feiertag ist Sozialrechtsanwalt und kämpft schon lange für soziale Rechte von Menschen, zum Beispiel im Bereich der Kosten der Unterkunft, Hartz-4-Sanktionen und für den Zugang zu Kitabetreuung. Er war und ist engagiert in der Erwerbslosen- und Umweltbewegung. Als unabhängiger Kandidat errang er bei der OBM-Wahl 2013 im ersten Wahlgang 6,9 % der Stimmen.
Ich persönlich denke, dass seine Kandidatur als Parteiloser für DIE LINKE eine echte Chance ist, ihr Urthema Soziale Gerechtigkeit zu kommunizieren und dabei auch zivilgesellschaftliches Engagement in verschiedenen anderen Fragen zu adressieren. In der aktuellen Debatte um das schlechte Abschneiden der LINKEN bei den Landtagswahlen wird auch oft konstatiert, dass sich die Partei von der (Zivil)Gesellschaft abgelöst hat und zu wenig mehr in sozialen Bewegungen verankert ist. Den Anspruch dies zu ändern würde die Kandidatur von Dirk Feiertag mit Leben erfüllen.