#le0907: Zutiefst solidarischer und humanistischer Protest gegen die Abschiebung eines jungen Mannes im Leipziger Osten

Am Dienstagabend, 09. Juli 2019 protestierten in der Hildegardstraße im Leipziger Osten mehrere Hundert Menschen gegen die Abschiebung eines jungen Kurden. Der Anfang 20-jährige sollte nach Spanien überstellt werden. Auch ich war vor Ort und kommentiere: 
Am Dienstagabend haben wir ein zutiefst humanistisches Gesicht der Stadt Leipzig gesehen. Mehrere hundert Menschen haben gegen die Abschiebung eines jungen Menschen zivilen Ungehorsam geübt. Ich habe selbst mit der Familie des Betroffenen gesprochen und auf deren Bitte versucht ein Gespräch mit dem Betroffenen zu erwirken. Die Polizei verwehrte dem Vater jeglichen persönlichen Kontakt mit dem Sohn. Das ist unglaublich und entbehrt jeder menschlichen Vernunft!

Ich danke den vielen Menschen, die sich heute den Entscheidungen einer falschen Asylgesetzgebung und dem Handeln der Polizei widersetzt haben. Dies war leider nicht erfolgreich. Die Polizei brach die Abschiebung nicht etwa ab, sondern holte den jungen Mann mit einem Greiftrupp aus dem von Protestler*innen umzingelten Polizeiauto.

Während der rechte Mob in Sachsen in den letzten Jahren ihren Willen gegen Unterkünfte von Geflüchteten exekutieren konnte, oft ohne dass die Polizei wirksam durchgegriffen hat, wie in Heidenau oder Freital, während wir im Asylrecht eine Verschärfungsorgie nach der anderen erleben mussten, wird seitens der Polizei gegen den zutiefst humanistischen Protest gegen eine Abschiebung, die gleichsam eine Familientrennung war, jedes Register gezogen.

Ich meine: Jede Abschiebung ist falsch, denn Menschen müssen ein Recht haben dort zu leben, wo sie möchten, dort wo sie Familie, Freund*innen und eine Zukunft haben. Dublin-Abschiebungen, wie im besagten Fall nach Spanien, müssen zudem nicht durchgeführt werden. Deutschland hätte per Eintrittsrecht das Asylverfahren übernehmen können.

Ich hoffe, dass es dem betroffenen jungen Mann gut geht und er seinen Weg wieder zu seiner Familie findet.

Dass es nach der Beendigung der Versammlung, die zur Legalisierung des Protestes angemeldet wurde, zu einem harten und gewalttätigen Polizeieinsatz kam, ist mir unverständlich. Betroffene berichten von Pfefferspray- und Schlagstockeinsätzen, Videos zeigen regelrechte Jagdszenen.
Solange ich vor Ort war, war die Situation vollkommen friedlich.

Update 10.07.2019:
Am darauf folgenden Abend findet an derselben Stelle eine Solidaritätskundgebung statt: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Nachbarn klaut“, so der Tenor. Über 500 Menschen sind da. In Redebeiträgen geht es um die Aufarbeitung der vorangegangenen Nacht, wird Kritik an Asylgesetzgebung und Polizeiverhalten geübt. Auch die Eltern das Betroffenen kommen zu Wort.
Inzwischen ist bekannt, dass der junge Mann in Spanien bereits einen Asylantrag gestellt hatte, der auch positiv beschieden wurde. Er war jedoch ohne die Entscheidung abzuwarten nach Deutschland weitergereist und hatte hier erneut einen Antrag gestellt, der aber abgelehnt wurde. Eine Übernahme des Asylverfahrens nach Dublin-III war so nicht mehr möglich. Es greift vielmehr die Asylverfahrensrichtlinie. Mit einem Schutzstatus in Spanien steht dem Betroffenen allerdings im gewissen Maße Freizügigkeit zu. Um so absurder erscheint die Abschiebung!

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