Mein Statement zu den Äußerungen des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer zur Zahl von Ausreisepflichtigen in Sachsen und seiner Forderung, Duldungen einzuschränken
Auch wenn er sich inzwischen korrigieren musste: Es ist und bleibt unverantwortlich, wenn der Ministerpräsident mit falschen oder unpräzisen Zahlen an die Öffentlichkeit geht. Das ist Stimmungsmache auf dem Rücken von Geflüchteten und Migrant*innen. Gerade ein so komplexes Thema wie die Migration muss sachlich und lösungsorientiert diskutiert werden, wenn wir den gesellschaftlichen Frieden erhalten wollen.
Nach der Antwort auf meine Kleine Anfrage Drs 6/13961 lebten zum 30. Juni 2018 in Sachsen 11.529 vollziehbar ausreisepflichtige Personen, von denen 8.899 aus unterschiedlichen Gründen geduldet waren. Die größten Gruppen stammen übrigens aus Indien, Pakistan und Russland. Viele von ihnen leben seit vielen Jahren hier und haben sich trotz der Unsicherheit integriert, haben hier Kinder geboren oder gehen einer Ausbildung oder Arbeit nach. Wenn Kretschmer nun erneut der AfD hinterherhechelt und undifferenziert dafür plädiert, möglichst viele Menschen möglichst schnell rauszuwerfen, wird er der Situation nicht gerecht. Es muss vielmehr darum gehen, Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus in die Gesellschaft aufzunehmen und ihren Aufenthalt zu legalisieren. Dabei kommt es immer, wie beim Thema Asyl und Migration generell, immer auf den konkreten Einzelfall an. Pauschale Lösungen wären rechtswidrig und unmenschlich.
Es bleibt dabei: Nur wer sich als gleichberechtigtes Mitglied der Gesellschaft wahrgenommen fühlt, fühlt sich auch eingeladen, in ihr mitzuwirken und Verantwortung zu übernehmen. Deshalb ist es gut, dass in Sachsen erste wichtige Schritte in diese Richtung unternommen werden – gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende haben jetzt bessere Chancen auf ein Bleibrecht. Kretschmers erneute Stimmungsmache dagegen wird die Gesellschaft weiter polarisieren.
PM 17. September 2018