Kita-Moratorium für Sachsen kann nur ein erster Schritt sein

Am 26. September 2024 diskutierte und beschloss der Sächsische Landtag in seiner allerletzten Sitzung ein Kita-Moratorium. Sowohl die Linke als auch die Regierungsfraktionen hatten entsprechende Initiativen vorgelegt. Darin wird die neue Regierung aufgefordert den Landeszuschuss für die Kita in Sachsen trotz sinkender Kinderzahlen auf dem Niveau von 2024 zu belassen. Mit dem zusätzlichen Geld sollen vor allem der Erhalt von Fachkräften und damit eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels finanziert werden. Der Beschluss ist der Verdienst des Drucks von Beschäftigten, Gewerkschaften, Trägern und Eltern.
Meine Rede:

„Wieder eine Woche, in der für die 45 Kinder auf unserer Etage statt 10 nur noch 4-5 Erzieherinnen und Erzieher da sind: Es ist nicht die erste Woche in diesem Zustand und die Nerven liegen blank. Wer kann länger machen, wie decken wir die Dienste ab, kommt uns jemand helfen?“ das schildert die Erzieherin Julia aus einer Leipziger Kita.

Und weiter, ich zitiere: „Die Kolleg*innen geben sich gefühlt nur noch die Klinke in die Hand und die verbliebenen kämpfen mit ihren letzten Kräften und hoffen, dass bald mal wieder eine Woche kommt, in der niemand fehlt.“

Und der Horterzieher Till sagt: „Kinder finden Einrichtungen vor, in denen nicht alle Räume geöffnet sind, die geöffneten sind überfüllt. Wir erfüllen de facto nur noch die Aufsichtspflicht. Bildung findet hier nicht mehr statt.“

Meine Damen und Herren, die Kitas in Sachsen sind am Limit. Darauf weisen Erzieherinnen und Erzieher, Eltern, Gewerkschaften, soziale Träger und auch wir als Linke schon seit Jahren hin. Dabei liegt es doch auf der Hand, dass gute frühkindliche Bildung der Schlüssel ist – für ein gutes Aufwachsen, für Gesundheit, Sprachentwicklung, Bildungserfolg. Kurzum: für die Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Bildungsgerechtigkeit ist schon in der Krippe wichtig, weil Nachteile immer schwieriger auszugleichen sind, je älter die Kinder werden.

Wir haben es doch in der Hand, dafür zu sorgen, dass die Kinder in Sachsen gut und gesund aufwachsen können. Diese politische Steuerung hat die Regierung aber in den letzten Jahren vernachlässigt. Es war richtig, eine Personalreserve aufzubauen, den Betreuungsschlüssel minimal zu verbessern und die Vor- und Nachbereitungszeit wenigstens teilweise in die Personalplanung einzurechnen. Aber: das reicht nicht, die Wirkung verpufft in den Einrichtungen.

Die akute Belastung macht krank: Pädagogische Fachkräfte in sächsischen Kitas sind mit 33 Krankheitstagen pro Jahr gegenüber 21 Krankheitstagen im Durchschnitt aller Berufsgruppen besonders häufig krank. Durch Abwesenheitstage wird das verbliebene Personal stärker belastet: Ein Teufelskreis.

Die sinkenden Geburtenzahlen geben uns nun die Chance, die Situation zu verbessern. Wir können die Betreuung spürbar verbessern und sie in Wohnortnähe absichern – es sei denn, die CDU-geführte Regierung kürzt bei den Kitas.

Im nächsten Jahr werden es rechnerisch 1.680 Neun-Stunden-Kinder weniger sein, im Jahr 2026 nochmal etwa 4.900 Kinder weniger. Der Prognose zufolge könnten 440 Vollzeitstellen im Wert von 29 Millionen Euro eingespart werden. Der CDU-Finanzminister würde das sicher gern tun. Auch so manche Kommune mag denken, dass sie so ihre Finanznot lindern könnte. Aber: Personal ziehen zu lassen wäre eine Fehlentscheidung, die am Ende viel teurer wird. Nicht nur weil die Kinderzahl wieder steigen dürfte, sondern vor allem auch, weil damit eine Chance vergeben werden würde. Die Chance nämlich, die frühkindliche Bildung zu verbessern.

Es ist gut, dass der Druck so vieler Engagierter und auch von uns die Koalition dazu bewegen konnte, den Landeszuschuss im kommenden Jahr wenigstens auf dem Niveau dieses Jahres zu belassen. Aber das ist nur eine Notlösung. Wir müssen die Kitas grundsätzlich anders finanzieren.

Die Regierung wird nicht länger damit durchkommen, die Kitapauschale nur hin und wieder nach Kassenlage anzupassen. Denn logisch ist doch auch, dass bestimmte Fixkosten in den Kitas nicht geringer werden, wenn die Kinderzahlen sinken. Die Personal- und Sachkosten steigen auch weiter. Aus unserer Sicht muss die Kitapauschale kräftig erhöht und künftig Jahr für Jahr angepasst werden. Wir müssen also sofort zu Beginn der neuen Wahlperiode das Kitagesetz ändern und das nötige Geld bereitstellen. Wo immer das möglich ist, soll eine Fachkraft in Krippe, Kindergarten und Hort weniger Kinder betreuen.

Was für uns glasklar ist: Die Kommunen und die Eltern dürfen nicht noch stärker belastet werden. Wir lassen es auch nicht zu, dass Bildungsausgaben gegen dringend nötige Investitionen ausgespielt werden. Die Frage lautet nicht: gute Kitas oder neue Carola-Brücke? Die Frage lautet: Wie kriegen wir beides hin? Und beides ist möglich in unserem reichen Land.

Heute geht es um die Bildungsorte für die Kleinsten. Wir können es uns nicht leisten, dass Erzieherinnen und Erzieher ausbrennen oder abwandern, weil Kitas schließen. Unsere Kinder verdienen Fachkräfte, die Zeit haben, die ihre Kräfte und Sinne auf bestmögliche Bildung und Betreuung konzentrieren können.

Eine aktuelle Befragung von Beschäftigten in Kita freier Träger durch die Gewerkschaft verdi ergab übrigens, dass 2/3 der Erzieher*innen sich zuerst eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels wünschen, dann erst kommen Arbeitsplatzsicherheit und bessere Entlohnung.

Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass die Kitas mehr Personal und eine bessere Ausstattung bekommen. Dafür kämpfen wir mit aller Kraft, an der Seite von Beschäftigten, Eltern und Kindern! Und wir halten auch am Ziel fest, allen Kindern eine gesunde und kostenlose Mittagsversorgung zu ermöglichen.

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