Der Aufschrei war zurecht groß: Im Zuge der Verhandlungen zum Doppelhaushalt der Stadt Leipzig 2019/20 wurde bald klar: Die Angebote der Kinder- und Jugendförderung sind erneut mit massiven Kürzungen konfrontiert. Zirka 30 Angebote – Offene Treffs, Beratungsangebote, Streetwork, medienpädagogische oder jugendkulturelle Projekte – standen vor dem Aus.
Die Stadtverwaltung hatte für diesen zentralen Bereich der Sozialpolitik denselben Haushaltsansatz wie 2017/18 gewählt und damit verkannt, dass
1. die Zahl der Kinder und Jugendlichen sowohl durch die wachsende Zahl von Geburten als
auch durch Zuzüge steigt,
2. der Jugendhilfeausschuss einstimmig Mindest-Qualitätsstandards für die Personal- und Sachkostenausstattung aller Projekte beschlossen hatte sowie
3. auch in diesem Bereich Tariferhöhungen anstehen.
Insbesondere die unter 2. benannten Fachstandards sind Ergebnis einer lange geführten Debatte zwischen Trägern, Politik und Verwaltung. Sie definieren grundsätzliche Qualitätsanforderungen sowie Rahmenbedingungen für die Arbeit in den verschiedenen Leistungsbereichen der Kinder- und Jugendförderung. Sie markieren das Ende der
prekären Ausstattung vieler Kinder- und Jugendprojekte, stärken den gesetzlichen Auftrag des Kinder- und Jugendhilfegesetzes und dessen örtliche Umsetzung. Davon profitieren sowohl die Adressat*innen der Angebote, die Kinder und Jugendlichen, als auch die Fachkräfte.
Mit der reinen Fortschreibung des Haushaltsansatzes bei der Kinder- und Jugendförderung bewies die Stadt auch diesmal, dass sie diesen Bereich der Sozialpolitik nicht ausreichend anerkennt und wertschätzt. Wie auch in den Jahren zuvor, hat sie die Jugendhilfe zum Spielball der Politik gemacht.
Die Fraktion DIE LINKE reagierte und reichte gemeinsam mit den Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD einen Haushaltsantrag ein, der mit 3 Mio. Euro für 2019 und 3,5 Mio. Euro für 2020 darauf orientierte, die Schließung von Projekten zu verhindern. Dies ist gelungen, was auch der breiten und vehementen Mobilisierung der Projekte, von Kindern und Jugendlichen sowie Fachkräften zuzurechnen ist. Kein Projekt wird geschlossen und die geförderten sind zum ersten Mal auskömmlich ausgestattet. Darauf hatten die Beteiligten aus Jugendhilfe und Politik über viele Jahr hingearbeitet.
Doch es bleibt auch ein kleiner bitterer Beigeschmack. Einerseits können in den
Jahren 2019 und 2020 keine neuen Projekte gefördert werden. Andererseits verläuft die Förderung auch dieses Mal wieder nicht zuvörderst ausgehend von Bedarfslagen für eine adäquate Förderung der Entwicklung junger Menschen, sondern nach Haushaltslage. Aus unserer Sicht muss das Förderverfahren vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Auf Basis einer kooperativ zwischen allen Beteiligten erstellten Bedarfsanalyse müssen finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden – nicht andersherum. Das Recht junger Menschen auf „Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten“ ist Ausgangspunkt des Kinder- und Jugendhilfegesetzes und muss es zukünftig auch im Förderverfahren in Leipzig sein.
Denn: Die Angebote der Kinder und Jugendförderung wirken in hohem Maße präventiv. Sie bieten Halt und Freiraum in Zeiten wachsender Anforderungen.
Gleichzeitig lindern sie die Folgen sich verhärtender Armutslagen und stehen jungen Familien und jungen Menschen mit ihren wachsenden Unterstützungsbedarfen zur Seite.
erschienen im Löwenzahn, Zeitung der Linksfraktion im Stadtrat zu Leipzig, März 2019