Tag 4: #ukrXX

Heute, am vierten Tag, war es ruhiger. Die Nacht verlief ruhig, sowohl in Kyiv als auch in der gesamten Ukraine.
Wir besuchten heute Yana Salachova von Teatrzmin – dem Theater der Unterdrückten, einem lokalen Partner des deutschen Vereins Kurve Wustrow. Yana arbeitet bei der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und ist im Bereich des Forumtheaters aktiv. Forumtheater ist eine Methode, die marginalisierte Menschen ermutigen soll, ihre Bedürfnisse zu formulieren. Zielgruppen sind Menschen mit Behinderungen, Kinder und Jugendliche, Roma, LGBTIQ-Personen und andere. Ziel ist es, in lokalen Kontexten Lösungen für Problemlagen zu finden. Besonders im Krieg ist dies eine große Herausforderung, aber auch ein wichtiges Mittel, um Dissens gewaltfrei aufzulösen oder abzumildern und nicht gehörten Stimmen Gehör zu verschaffen.  

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Tag 2 – #ukrXX

Der Beitrag ist geschrieben vor der Nacht zum Donnerstag, in der Russland massive Angriffe auf die ganze Ukraine und auch Kyiv fuhr. Uns geht es gut. Trotzdem eine schockierende Erfahrung, die nahe geht. Mehr vermag ich dazu nicht zu schreiben. Wir passen auf uns und einander auf. Ohne Flugabwehr wäre die Lage schwieriger.
 

Doch nun zum zweiten Tag: Endlich richtig angekommen, jedoch erneut nächtlicher Luftalarm und auch zweimal am Tag, während wir unterwegs sind.

Wir knüpfen an die gestrigen Gespräche an: Wir wollen zuhören und die Kraft der ukrainischen Zivilgesellschaft erkunden. „Tag 2 – #ukrXX“ weiterlesen

Tag 1: #ukrXX

Luftalarm schon in der ersten Nacht. Er war schnell vorbei, ohne Einschläge in Kyiv, aber mit dem Hinweis, dass Drohnen auf die ukrainische Hauptstadt zusteuern. Im Osten der Ukraine gehen die Bombardements unvermindert weiter, unter anderem ist Odessa ein Hauptziel der russischen Angriffe.
 
Die meisten Menschen in Kyiv haben sich an die Alarme gewöhnt, erzählt uns Tim, den wir am Dienstag getroffen haben. Er arbeitet bei einer Nichtregierungsorganisation und kennt die ukrainische Zivilgesellschaft gut. Für deren Stärkung engagiert er sich gemeinsam mit vielen anderen. Er kennt auch Sachsen und nennt es das „deutsche Herz der Finsternis“. In Deutschland, besonders in Sachsen, ist die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine längst verblasst. Selbst Geflüchtete, die zunächst mit offenen Armen empfangen und gegenüber Geflüchteten aus nicht-europäischen Ländern bevorzugt wurden – nicht nur gesellschaftlich, sondern auch staatlich –, sind inzwischen Anfeindungen ausgesetzt. Die neue Bundesregierung plant zudem ihre sozialrechtliche Schlechterstellung. (Wir haben hingegen stets die Gleichbehandlung aller Geflüchteten auf dem Niveau der Ukrainer*innen gefordert.)
 
Zurück nach Kyiv: Die Stadt wirkt im Frühling, drei Jahre nach der „full scale invasion“, lebendiger und heller als im Januar 2023. Einigen von uns fällt auf, dass im Straßenbild Männer im „wehrfähigen Alter“ fehlen. Die meisten von ihnen kämpfen an der Front, freiwillig oder unfreiwillig. Der Maidan ist inzwischen ein Zeugnis des Leids, das dieser Krieg verursacht. Angehörige haben dort einen Gedenkplatz für die inzwischen zehntausenden gefallenen Soldat*innen geschaffen, der seit unserem letzten Besuch deutlich gewachsen ist. Kleine Wege zwischen den Erinnerungsstätten führen durch diesen Ort der Trauer und des Gedenkens, Fahnen, Fotos und Blumen säumen die Pfade. Wenige Frauen befinden sich unter den Gefallenen.
 
 
Genau wie dieser Ort funktioniert offenbar die ukrainische Gesellschaft: selbstorganisiert, staatsfern und vielfältig. Das haben wir selbst erlebt, und es wird uns auch heute bestätigt. Internationale Debatten über die Zukunft der Ukraine, die über die Köpfe der Menschen hinweg geführt werden, empfinden viele als Verletzung und Verhöhnung. Gerade heute haben die USA laut Medienberichten ins Spiel gebracht, die Krim als russisches Territorium anzuerkennen. Solche Vorschläge treffen die Ukrainer*innen hart und stoßen auf Kritik. Entsprechende Stimmen hat kürzlich auch der MDR-Journalist Thomas Datt in Odessa eingefangen.
 
Wir sprechen über die Notwendigkeit intensiverer Kontakte zwischen Menschen in Deutschland und der Ukraine. Austauschprogramme – sei es auf wissenschaftlicher Ebene, zwischen jungen Menschen oder zivilgesellschaftlichen Akteuren – sind durch die Kriegssituation selten geworden, was äußerst kontraproduktiv ist. Gerade jetzt müsste der Austausch gefördert werden. Unser Gesprächspartner verweist darauf, dass es insesonders in Ostdeutschland angesichts der Geschichte mehr Sensibilität für die Belange Mittel- und Osteuropas bräuchte. 
 
Morgen werden wir Vertreter*innen der großen NGO Vostok SOS treffen, die vor allem in der Ostukraine aktiv ist, sowie unseren Genoss*innen von Sotsialnyi Rukh begegnen.
 
 

#ukrXX: Frühling der Emphatie & Solidarität

Wir sind auf dem Weg in die Ukraine. Anknüpfend an unsere Reise im Januar 2023 wollen Engagierte aus dem linXXnet-Kollektiv & friends vor Ort Stimmen und Stimmungen erkunden.

Seit 2023 ist viel geschehen: der russische Krieg währt nun schon seit über drei Jahren. Seit dem völkerrechtswidrigen Angriff sind laut UN-Hochkommissariats für Menschenrechte fast 13.000 Zivilist*innen in der Ukraine getötet wurden, fast 20.000 Kinder wurden nach Russland verschleppt, fast 7 Millionen Ukrainer*innen sind ins Ausland geflohen. Für zu viele ist dieses Grauen zur Normalität verblasst, für Menschen in der Ukraine ist es der bittere Alltag.
Spätestens die Annäherung von US-Präsident Trump an den Aggressor Russland rüttelt auf: Die Ukraine droht im globalen Machtspiel an den Rand gedrängt zu werden. Wieder wird viel über die Ukraine gesprochen, aber nicht mit den Menschen, die es betrifft. „#ukrXX: Frühling der Emphatie & Solidarität“ weiterlesen

Prozess zum Neonazi-Angriff 2016 in Leipzig gegen einen Justizvollzugsbeamten zeigt skandalöse Mängel der Aufarbeitung auf

Am 11. Januar 2016 überfiel ein Mob von mehr als 250 Neonazis den links-alternativen Leipziger Stadtteil Connewitz, attackierte Menschen, zerstörte zahlreiche Läden sowie Kneipen und gefährdete Menschenleben. 

Laut einer letzten Antwort auf meine Kleine Anfrage waren im Dezember 2024 209 von 217 Beschuldigten rechtskräftig verurteilt, in zwei Fällen gab es noch kein erstinstanzliches Urteil (Drucksache 8/551). 

Am gestrigen Mittwoch ist eines der letzten Verfahren gegen den Justizbeamten Kersten H. abgeschlossen worden, es sei denn Staatsanwaltschaft oder der Verteidigung widersprechen dem vom Landgericht Leipzig gefällten Urteil. Dieses milderte das Strafmaß von ursprünglich einem Jahr und drei Monaten auf elf Monate Haft auf Bewährung ab. Damit würde H. Seinen Beamtenstatus nicht mehr zwingend verlieren. Dies geschieht erst ab einer Freiheitsstrafe ab einem Jahr. „Prozess zum Neonazi-Angriff 2016 in Leipzig gegen einen Justizvollzugsbeamten zeigt skandalöse Mängel der Aufarbeitung auf“ weiterlesen

So viele rechtsmotivierte Angriffe wie seit 2016 nicht mehr: Das Problem wird sich nicht von selbst erledigen!

Mein Statement zur heute vorgestellten Opferberatungs-Statistik zu rechter und rassistischer Gewalt in Sachsen:

„Die drastische Bilanz der Opferberatung ,Support’ des RAA Sachsen spricht leider für sich: 2024 gab es in Sachsen 328 rechtsmotivierte Angriffe. Das sind so viele Fälle wie seit 2016 nicht mehr und bedeutet eine erneute Verschärfung gegenüber dem Vorjahr – kein punktueller, sondern ein flächendeckender Anstieg. Dieser bedenkliche Trend deckt sich mit den von mir erfragten Daten des Innenministeriums.

„So viele rechtsmotivierte Angriffe wie seit 2016 nicht mehr: Das Problem wird sich nicht von selbst erledigen!“ weiterlesen

Tötung eines Mannes 2018 in Aue gilt nicht mehr als rechtsmotivierte Straftat – Weder nachvollziehbar noch fachlich haltbar!

Die folterähnliche Tötung eines Mannes in Aue am 17. April 2018 wird nicht länger als rechtsmotivierte Straftat anerkannt. Das ist das Ergebnis meiner Kleinen Anfragen (Drucksachen 8/920, 8/1829). Der Fall war zuvor aufgrund der sexuellen Orientierung des Opfers, des damals 27-jährigen Christopher W., als Hasskriminalität bewertet worden (Drucksache 6/17289).

Diese Einschätzung werde nach Angaben des zuständigen Innenministers Armin Schuster (CDU) jedoch nicht aufrechterhalten. Grund sei ein etliche Jahre später durchgeführter „Abgleich mit der Justiz“ mit dem Ergebnis, dass „in der diesbezüglichen Hauptverhandlung und Urteilsbegründung des Gerichts eine politische Tatmotivation nicht festgestellt wurde“. Mein Kommentar: „Tötung eines Mannes 2018 in Aue gilt nicht mehr als rechtsmotivierte Straftat – Weder nachvollziehbar noch fachlich haltbar!“ weiterlesen

Wohnen ist ein Grundrecht, keine Quelle der Bereicherung!

Vom 8. April bis zum 10. Mai finden in Leipzig die „Housing Action Days“ statt. Die europaweiten Aktionstage machen auf steigende Mieten, Verdrängung, Zwangsräumungen, Wohnungslosigkeit und alle weiteren Missstände in der Wohnungspolitik aufmerksam. 

Die neuesten Zahlen aus dem Leipziger Sozialreport belegen, dass inzwischen 41% Bürger*innen gut ein Drittel ihres Einkommens monatlich für die Miete ausgeben, bei 18% sind es sogar 40% des Gehalts. Am stärksten sind in unserer Stadt alleinstehende Rentner*innen betroffen: Sie müssen im Durchschnitt 35% ihrer Rente monatlich für die Miete bezahlen. Meine Erklärung mit Dr. Elisa Gerbsch, Sprecherin für Wohnen der Fraktion Die Linke im Stadtrat zu Leipzig: „Wohnen ist ein Grundrecht, keine Quelle der Bereicherung!“ weiterlesen

Neun Jahre nach dem Angriff in Connewitz: Fehlende Aufarbeitung bestärkt Neonazi-Szene

Mehr als neun Jahre sind seit dem Angriff auf Connewitz am 11. Januar 2016 vergangen. Im Windschatten des Demonstrationsgeschehens zum ersten Jahrestag des Pegida-Ablegers Legida überfielen damals rund 300 Neonazis, rechte Kampfsportler und Hooligans gezielt den linksalternativen Stadtteil Connewitz und griffen Menschen, Wohnungen, Kneipen und Geschäfte an. Die juristische, politische und mediale Aufarbeitung bleibt defizitär.

Erschienen in “Leipziger Zustände”, Broschüre von chronik.LE im Januar 2025 „Neun Jahre nach dem Angriff in Connewitz: Fehlende Aufarbeitung bestärkt Neonazi-Szene“ weiterlesen