Die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat hat die Einführung eines Kältebusses für Leipzig beantragt. Bis September 2018 wird dies nun durch die Stadtverwaltung geprüft. Meine Rede zum Antrag:
In den letzten Tagen fielen die Temperaturen in Leipzig wieder weit unter 0 Grad. Überhaupt erleben wir einen besonders langen und kalten Winter und dank Klimawandel ist hier für die Zukunft sicher nichts anderes ist zu erwarten. Aber ich will hier keine klimapolitische Debatte entfachen, es geht uns um die Lebenssituation von Menschen, die ohne festen Wohnsitz und vor allem ohne Obdach leben müssen. Wir wissen: Die Zahlen Wohnungsloser Menschen in Leipzig steigen und angesichts wachsender und sich verhärtender Armutslagen und aufgrund der angespannten Situation am Wohnungsmarkt, dem Mangel an bezahlbaren Wohnraum, wird das Thema akuter.
Das Thema Wohnungslosigkeit ist facettenreich und wir stehen hier n Leipzig vor einigen Problemen: Einerseits ist zu beobachten, dass Betroffene gibt, die die Übernachtungshäuser, die die Stadt vorhält, nicht annimmt. Weiterhin bekundet die Stadtverwaltung selbst, dass Problemlagen in der Gruppe der Wohnungslosen komplexer und komplizierter werden. Gleichzeitig sehen sich Wohnungslose, die den öffentlichen Raum nutzen, immer stärker Anfeindungen und repressiven Verdrängungstendenzen ausgesetzt. Und nicht zuletzt ist da das Problem der EU-BürgerInnen, die nach neuem Bundesgesetz aus dem SPD-Arbeitsministerium keine Sozialleistungsansprüche haben, wenn sie hier nicht erwerbstätig sind. Die Palette von Problemen ist also groß und das bestehende Hilfesystem wird dieser nicht mehr in Gänze gerecht. Es ist also folgerichtig, dass die Stadtverwaltung hier eine Neujustierung in die Hand nimmt.
Was wir als Linksfraktion mit unserem Antrag wollen ist übersichtlich und ganz sicher keine Lösung all dieser Probleme. Der Kältebus, den wir in Leipzig etablieren wollen, kann nur ein kleiner Baustein in einem komplexeren Hilfesystem sein. Das ist uns völlig klar und etwas anderes haben wir auch nie behauptet.
Ein Kältebus ist nicht mehr und nicht weniger als die Unterstützung aufsuchender Arbeit mit bzw. für Wohnungslose. Der Vorteil ist, dass ein solcher Kältebus mobil ist, dass damit zu Tageszeiten, zu denen StreetworkerInnen in der Regel nicht mehr arbeiten, Menschen erreicht werden können und dass damit gut Akut-Unterstützung geleistet werden kann. Oft sind es Angebote wir der heiße Tee, ein Schokoriegel, Schlafsäcke, Decken oder ein kurzes Gespräch, die helfen bzw lindern. Im Idealfall kann ein Kältebus auch als Brücke zu Übernachtungsangeboten fungieren. Und wenn damit nur ein Menschenleben gerettet werden kann, reicht uns dies als Grund für seine Einführung.
Wir wissen, das Kältebusse in den vielen Städten, in denen es sie gibt, ehrenamtliche Projekte sind. Auch in diesem Winter organisierte in Leipzig eine Privatperson selbst einen Kältebus, seit Monaten ist der junge Verein Timmi toHelp rein ehrenamtlich mit einem Kältebus in der Stadt unterwegs.
Zur Klarstellung: Wir stellen uns einen Kältebus nicht als ehrenamtliches Projekt vor, sondern als Ergänzung der Arbeit von StreetworkerInnen, den SozialarbeiterInnen in den Tagestreffs oder Übernachtungshäusern. Ein Kältebus, der in der Zeit der Winternotfallhilfe aktiviert werden soll, muss bei einem erfahrenen Träger angesiedelt oder als trägerübergreifendes Projekt konzipiert, durch Fachkräfte betrieben und entsprechend ausfinanziert werden. Es geht uns also um eine fachliche Ergänzung des Hilfesystems durch einen kleinen Baustein.
Dass ein Kältebus zur Stabilisierung am gegenwärtigen Aufenthaltsort führt, wie das Sozialamt im Verwaltungsstandpunkt schreibt, denken wir nicht unbedingt, bzw. beschreibt diese Einschätzung ja ein altes Dilemma akzeptierender bzw. niedrigschwelliger sozialarbeiterischer Ansätze. Und trotzdem gibt es sie als wichtige Säule der sozialen Arbeit in den verschiedensten Bereichen. Einfach um Not zu lindern.
Ein Kältebus wird selbstverständlich Menschen nicht dazu bewegen Hilfemöglichkeiten wahrzunehmen, die als unpassend empfunden werden. Dazu braucht es fundamentalere Änderungen, wie gut erreichbare dezentrale, kleinteilige Übernachtungsmöglichkeiten, Übernachtungsmöglichkeiten für Paare, für Menschen mit Haustieren, für Menschen mit Abhängigkeitsproblemen, Wärmestuben und Cafés, die nachts geöffnet haben – und all das ohne bürokratische Hürden und im Idealfall auch Entgelterhebung. Und es braucht Mechanismen und Ressourcen um Menschen möglichst schnell und ohne Vorbedingungen den Weg in die eigenen vier Wände zu ebnen.
Sehen sie unseren Antrag also als das was er ist: Einen kleinen Baustein zur Linderung der Not von Wohnungslosen und eine kleine Brücke ins Hilfesystem.
Wir werden unseren Antrag im Sinne des Verwaltungsstandpunktes zur Abstimmung bringen, allerdings mit einer essentiellen Änderung: Wir wollen die Einführung eines Kältebusses bis 1.9.2018 prüfen lassen. Wenn diese Prüfung positiv ausgeht, soll der Bus bereits im nächsten Winter in Fahrt kommen.
Rede zum Antrag der Fraktion DIE LINKE A 05150 „Einführung eines Kältebusses für obdachlose Menschen“. Er wurde beschlossen.