Immunitätsaufhebung: Kein guter Tag für das sächsische Parlament

CeAqUboWoAE4IRL.jpg:largeNachdem mir selbst durch die schwarz-rote Regierung, unterstützt von der AfD, nicht zugestanden wurde, mich um Plenum des Landtages zum Sachverhalt zu äußern, wurde am Abend des 16. März durch dieselbe Konstellation meine Immunität zum Zweck der Strafverfolgung aufgehoben. Mir wird vorgeworfen zu Verhinderungsblockaden gegen den zweiten Aufmarsch von Legida im Januar 2015 aufgerufen zu haben. Meine Fraktion hat sich – ebenso wie die Grünen – gegen die Immunitätsaufhebung augesprochen. Wohlgemerkt handelt es sich bei diesem Akt um eine Formalie und nicht um einen vorgezogenen Schuldspruch. Worum es geht erhellt die Erklärung der Fraktion DIE LINKE, die an dieser Stelle dokumentiert sei

Soeben hat der Landtag mit einer Mehrheit aus CDU, SPD und AfD die Genehmigung erteilt, Anklage gegen Juliane Nagel, MdL wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu erheben. Dr. Jana Pinka, stellvertretende Parlamentarische Geschäftsführerin, erklärt:

Aus der Sicht meiner Fraktion stehen handfeste Anzeichen einer missbräuchlichen Strafverfolgung im Raum. Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat gegen fünf Vertreterinnen und Vertreter des Aktionsnetzwerkes „Leipzig nimmt Platz“, die im Januar 2015 bei einer Pressekonferenz zum zivilgesellschaftlichen Protest gegen LEGIDA aufgefordert hatten, Ermittlungsverfahren eingeleitet. Drei Ermittlungsverfahren wurden unverzüglich, das gegen die Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (GRÜNE) kürzlich nach § 153 StPO eingestellt. Lediglich das Verfahren gegen Juliane Nagel wird mit Eifer fortgesetzt. Der Vorwurf: Sie habe gefordert, LEGIDA zu blockieren, und damit öffentlich zu Straftaten aufgerufen.

Die Mehrheit im Immunitätsausschuss aus CDU, SPD und AfD hat dagegen votiert, die Staatsanwaltschaft anzuhören. Dabei wird selbst im Bericht des Ausschusses davon gesprochen, dass Indizien für eine willkürliche Strafverfolgung vorgetragen worden sind, die der Ausschussmehrheit allerdings nicht ausreichen. So bleibt unklar, worin das besondere Verfolgungsinteresse gegen unsere Kollegin Juliane Nagel bestehen soll. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Leitsatz zum Urteil im Verfahren Ronald Pofalla (2 BvE 2/00) vom 17. Dezember 2001 festgestellt: „Der einzelne Abgeordnete hat einen Anspruch darauf, dass sich das Parlament bei der Entscheidung über die Aufhebung der Immunität nicht – den repräsentativen Status des Abgeordneten verkennend – von sachfremden, willkürlichen Motiven leiten lässt“.

Der Vorwurf gegen Juliane Nagel ist haltlos, die Maßnahmen sind unverhältnismäßig. Die alleinige Verfolgung der LINKEN Abgeordneten deutet auf ein politisches Motiv hin. Es bleibt der Eindruck, dass die Staatsanwaltschaft Leipzig vor allem gegen eine missliebige Abgeordnete vorgeht – und damit jene Staatsanwaltschaft, in deren Zuständigkeitsbereich Juliane Nagel ihren Direktwahlkreis hat. Das ist kein guter Tag für das Parlament.

Es sollte nachdenklich machen, dass zivilgesellschaftlich Engagierte, die sich rechten Umtrieben entgegenstellen, in Sachsen immer wieder kriminalisiert und verfolgt werden. Während öffentlich gehetzt wird, Rassismus zur Schau getragen werden darf, Menschen gegeneinander ausgespielt werden, werden vor allem Menschen verfolgt, die sich gegen geistige Brandstiftung stemmen.

Dresden, 16. März 2016

Bild: Soli-Aktion von Fans der BSG Chemie am 19.3.16, danke <3

5 Gedanken zu „Immunitätsaufhebung: Kein guter Tag für das sächsische Parlament“

  1. …..wir sind alle Jule
    *Uneingeschränkt e Solidarität .*
    Danke jetzt erst recht ein Grund mehr den Nazi mob entgegenzuwirken.
    W.d A

  2. Sehr geehrte Frau Nagel,

    Es ist nun ausgesprochen schäbig, wenn Sie sich selbst die offensichtlich demagogische Erklärung Ihrer Fraktion zu eigen machen, obwohl Sie genau wissen, dass diese die Wahrheit verfälscht.
    Sie persönlich erklärten seinerzeit: „Wir rufen zu Aktionen des zivilen Ungehorsams – manche sagen auch Sitzblockaden – auf und wollen erreichen, dass Legida seinen „Spaziergang“ nicht durchführen kann“.
    Peinlich wird es, wenn man anschließend nicht zu seinen Äußerungen stehen will und erklärt, man habe doch gar nichts getan und derartiges nie gesagt.

    Frau Lazar hat ja nun tatsächlich nur erklärt, man dürfe Legida nicht den Ring überlassen.

    Es werden Personen also nicht nach Parteizugehörigkeit bewertet, sondern nach dem, was sie jeweils erklärt haben.

    Wenn nun der Sachverhalt von Ihrer Fraktion so verdreht wird, dass Ihnen die Erklärung der Frau Lazar angedichtet und Ihre tatsächlich getätigten Äußerungen unterdrückt wird, um so darstellen zu können, dass eine unterschiedliche Behandlung wegen der Parteizugehörigkeit erfolgen wurde, ist das plumpe Demagogie.

    Ein solches Verhalten sollte tatsächlich nachdenklich machen.

  3. Nun stelle sich einer den Aufschrei der Entrüstung vor, Legida hätte aufgerufen, die Hainspitze und den Augustusplatz zu blockieren und nicht den Gegendemonstranten zu überlassen. Ein grundsätzliches Verbot von Legida wäre noch die harmloseste Forderung.
    Gleiches Recht für alle.

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