Zum achten fragte Martin in der “Weltnest”-Rubrik “Für & Wider” Kommunalpolitiker*innen verschiedener Parteien nach ihrer Position – diesmal zur Monokultur in der Leipziger Presselandschaft
Martin:
OBM Burkhard Jung hat in der MDR Sendung artour den wenigen Zeitungsmedien Leipzigs ein Versagen attestiert. Sie hätten den Bürgern die Entwürfe für das Freiheits- und Einheitsdenkmal nicht richtig erklärt. Tatsächlich mag es ein wenig heuchlerisch sein, wenn man die Monokultur in unserer Presselandschaft just dann anspricht, da man einen Schuldigen für das eigene Versagen braucht. Deshalb habe ich diese Woche zwei Fragen an Leipziger Politiker. 1. Braucht Leipzig mehr Pressevielfalt? 2. Ist es an der Stadtverwaltung, sich in die Presselandschaft einzumischen?
Meine Antwort:
Natürlich hat sich eine Stadtverwaltung nicht in die Presselandschaft einzumischen. Die hat durch ihre Informationshoheit und ihren Verwaltungsapparat sowieso eine potenzielle Meinungshegemonie. Es ist dagegen total wichtig in Leipzig eine kritische, vielfältige und natürlich unabhängige Medienlandschaft zu haben – eben auch um staatliches, in dem Falle städtisches Handeln zu hinterfragen oder herauszufordern. In Leipzig sieht es bekanntermaßen trüb aus. Das „Leitmedium“ LVZ spiegelt die Vielfalt der Perspektiven, Meinungen und Lebensweisen in dieser Stadt ganz und gar nicht wieder, auch wenn sich im Online-Bereich hier sanfte Veränderungen wahrnehmen lassen. In einer Diskussionrunde sprach der Medienwissenschaftler Michael Haller vor ein paar Monaten gar – etwas zugespitzt – vom „Grauen der LVZ“. Auch Herr Jung muss sich hier wohl nicht wegen zu schlechter Behandlung beklagen.
Es braucht daher nicht nur Pressevielfalt. Die ist ja mit alternativen Medien wie dem Kreuzer, der L-IZ und vielleicht auch Weltnest gegeben. Es braucht meines Erachtens mindestens einen richtig starken Widerpart zur erwähnten Lokalzeitung, mit einem tatsächlich kritischen Blick auf die Stadtpolitik, mit fundierten Recherchen und Platz für Positionen, die die LVZ als illegitim verschweigt oder stigmatisiert. Ich plädiere dabei explizit und ergänzend zu den wichtigen Online-Projekten für eine auch gedruckte Tageszeitung. Das wäre so großartig, wenn auch in finanzieller Hinsicht ein übermächtiges Wagnis!