Weltnest fragt Leipziger PolitikerInnen ob sie eine Regelung über die Übernahme der Kosten für Polizeieinsätze bei Risiko-Fußballspielen – wie jüngst in Bremen auf den Weg gebracht – befürworten.
Martin fragt:
Die Rasenballer sind den Aufstiegsplätzen wieder etwas näher gekommen. Für den Fall des Aufstiegs plant man schon jetzt das Stadion für bis zu 55.000 Zuschauer auszubauen. Viele Fußballfans bedeutet oft auch viel Polizei. In Bremen hat man sich jetzt dazu entschieden, die Mehrkosten für Hochsicherheitsspiele der DFL in Rechnung zu stellen. Die will die Kosten notfalls an Vereine weitergeben. Sollte Sachsen diesem Vorstoß folgen?
Meine Antwort:
Keinesfalls. Es ist auch zu hoffen, dass das Gesetz in Bremen wieder kassiert wird.
Der Staat hat das Gewaltmonopol inne und soll dafür natürlich auch bezahlen. Anders wird dies bei kommerziellen Großveranstaltungen wie Konzerten ja auch nicht gehändelt.
Die Regelung, die der rot-grüne Bremer Senat beschlossen hat, soll für „Großveranstaltungen“ gelten, die „gewinnorientiert“ sind und bei denen „die Erwartung erheblicher, gewalttätiger Ausschreitungen“ besteht. Da heißt, dass kleine Fußballvereine hier erst mal nicht betroffen sind. Wenn aber eine solche Regelung einmal da ist, lässt sich daran weiter schrauben und (politisch) unliebsamen Vereinen Druck machen. So etwas ist in Sachsen nicht abwegig.
Der Bremer Beschluss ist meines Erachtens ein Tabubruch und weist den Weg in die Privatisierung von Sicherheit. Werden auch Polizeieinsätze bei Demonstrationen für die VeranstalterInnen bald kostenpflichtig? Und wer schätzt die Gefährdungslage auf welcher Grundlage überhaupt ein?
Vor allem stellt sich die Frage was die Verschiebung der Financiers an dem eigentlichen Problem, der Gewalt in Fussballstadien, die es ja tatsächlich gibt, ausrichten soll. Diese grundsätzliche Problematik wird durch die zweifelhafte Regelung in Bremen null tangiert! Genau darüber lohnt es sich aber zu diskutieren und Maßnahmen in Gang zu bringen, die auf den Verzicht von Polizei-(Groß-)einsätzen bei Fußballspielen orientieren. Dies wären fitte Fußballfanprojekte (wie das von Outlaw getragene in Leipzig), eine aktive Fanarbeit der Vereine selbst, eine klare Anti-Diskriminierungslinie, die nicht nur dem imagefördernden Labeling dient, eine aktive Einbindung der Stadtgesellschaft ins Vereinsleben, organisierte Anreisen zu Auswärtsspielen etcpp. Genau diese Arbeit braucht Zeit, Geld und Fingerspitzengefühl – in der Realität erweist sich das Stadion jedoch als Testfeld für repressive Maßnahmen, und genau das muss verändert werden. Gefährdeansprachen, Videoüberwachung, Polizeigewalt – das ist die Realität. Vor wenigen Jahren wurde von offizieller Seite auch über elektronische Fußfesseln für Hooligans und über biometrische Einlasskontrollen sinniert. So wie der Sicherheitsdiskurs gegenüber Fans verschärft wird, so sehr verhärtet sich bei jenen auch die Position.
In Sachsen würde ein Gesetz nach dem Muster von Bremen möglicherweise erstmal nur Dynamo Dresden treffen und tatsächlich weniger RB Leipzig. Das macht die Kritik daran aber weder schlechter noch besser.