Finanzdebatte nicht auf dem Rücken Geflüchteter austragen!

Die AfD versucht mit dem Antrag „Wer bestellt bezahlt“ billige Propaganda auf Kosten geflüchteter Menschen zu machen. Wir müssen über eine gerechte Finanzaufteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen sprechen, aber nicht so. Meine Rede im Plenum des Sächsischen Landtages am 14. März 2019

Wer bestellt, bezahlt, so der zynische Titel des uns hier vorliegenden Antrages. Meine sehr geehrten Damen und Herren der demokratischen Fraktionen, allein dieser Titel führt das Menschenbild der Antragssteller*innen vor Augen. Was die AfD mit ihrem Antrag suggerieren will ist: Geflüchtete sind lästige Kostenfaktoren und nicht in erster Linie Menschen. Das ist unsäglich.

Am Anfang will ich zum wiederholten Male klarstellen wie die Dinge liegen:

im September 2015 hat Deutschland von seinem Selbsteintrittsrecht laut DUBLIN-III-Verordnung Gebrauch gemacht, hat sich bereit erklärt Geflüchtete zur Durchführung des Asylverfahrens aufzunehmen, ohne dass es dafür eine originäre Zuständigkeit hatte. Diese Möglichkeit besteht übrigens auch bei der Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen, die im Mittelmeer festsitzen. Diese Rechtsauffassung bestätigte im Juli 2017 auch der Europäische Gerichtshof. Deutschland hat in dieser wahrlich schwierigen Situation zumindest kurze Zeit Solidarität gezeigt und Schlimmeres verhindert. Das Gerede von Grenzen und illegaler Masseneinwanderung, das sich in Antragspunkt I.1. findet ist also nichts als grober Unfug ist, nichts als die Reformulierung falscher rechter Hetze.

Doch schauen wir in den Antrag: die AfD begehrt von der Bundesregierung die volle Erstattung der Asylkosten, und von der Staatsregierung Transparenz über die Kosten, die insbesondere seit 2015 und dem damit verbundenen Anstieg der Zahl schutzsuchender Menschen verbunden sind. Eine Debatte, die seit 2015 intensiv geführt wird und an der auch wir uns beteiligt haben.

Wir wissen: die Gesamtkosten für Aufnahme, Versorgung, Betreuung und vor allem Integration gehen über die Phase von Antragsstellung bis Entscheidung, für die der Bund den Länder ja seit 2015 eine Pauschale zahlt, weit hinaus. Im Gegenteil beginnt mit der Zuweisung an die Kommunen die eigentliche Integration. Menschen dürfen in Wohnungen ziehen, zur Schule gehen, nehmen Ausbildungen und Arbeit auf, lernen die deutsche Sprache, sie werden zum Teil unserer Gesellschaft. Das heißt aber auch, dass vor allem die Kommunen Kosten zu tragen haben, die sie aufgrund ihrer strukturellen Unterfinanzierung nicht aus ihrer eigenen Kraft stemmen können. Und ja: Da ist der Bund in der Pflicht und da sind die Länder in der Pflicht und was hier bisher geleistet wurde, reicht nicht. Dies zu Erkennen brauchen wir aber die AfD und diesen Antrag nicht.

Die Linksfraktion beantragte bereits Ende 2014 im Bundestag, also dort wo das Thema hingehört, die Höhe der Erstattung der Kosten der Unterkunft massiv anzuheben – bis zur kompletten Kostenübernahme – und auch die Sozialleistungen für Geflüchtete komplett zu übernehmen. Mit diesem Antrag hat meine Partei vorausschauend agiert, in einer Zeit, in der der Anstieg der Zahlen Geflüchteter klar absehbar war. Und hat dort zum Handeln aufgefordert, wo das Anliegen auch wirklich hingehört.

Hier im Sächsischen Landtag haben wir zudem in den letzten vier Jahren mehrfach Vorschläge für eine bessere finanzielle Unterstützung der Kommunen über das Flüchtlingsaufnahmegesetz gemacht, wir sind zwar weitergekommen, doch auch die inzwischen durch die Koalition beschlossene neue Pauschale halten wir nicht auskömmlich, vor allem für die Kreisfreien Städte nicht.

Mit unserem Entwurf für ein sächsisches Integrationsgesetz schlagen wir zudem eine kommunale Integrationspauschale vor, die dort ansetzt, wo das FlüAG aufhört und vor allem die kommunale Infrastruktur stärken soll. Wir laden dazu ein dem in den kommenden Monaten auch zuzustimmen und dort zu handeln, wo das Land Verantwortung zeigen kann.

Sehr geehrte Kolleg*innen: Das Finanzgeflecht zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist kompliziert. Und wir als LINKE meinen, dass die Bund-Länder-Kommunen-Finanzbeziehungen solidarisch und aufgabengerecht neu gestaltet werden muss. Diese Debatte darf aber nicht an den Kosten für Asyl aufgezogen werden.

Schluss muss vor allem sein mit der Spaltung der Gesellschaft, die die AfD mit diesem Antrag wieder anheizen will. Schlussendlich geht es bei den Geflüchteten doch um neue Mitbürger*innen, die Teil dieser Gesellschaft werden sollen. Und sie sind eben nicht in erster Linie Kostenfaktoren, sondern tragen zu einer funktionierenden Gesellschaft bei. Aus Transferempfänger*innen, die sie anfangs sind, werden Steuerzahler*innen, werden Menschen, die mit ihrer Tätigkeit etwas zum Gemeinwesen beitragen. Langfristig wird dieses Land von Zuwanderung – auch durch Asyl – profitieren. Und dafür muss jetzt investiert werden, in Bildungsinfrastruktur, in Integrationsmaßnahmen und auch die interkulturelle Öffnung aller Poren dieser Gesellschaft. Und dafür müssen Barrieren gesenkt werden, die insbesondere Geflüchteten Wege in Bildung, Arbeit und Teilhabe versperren.

Wir werden den Antrag ablehnen. Er schürt erneut Hass gegen Geflüchtete, er greift zu kurz und ist überflüssig!

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