Die Verwaltung hat soeben die Fortschreibung des Fachplans Wohnungsnotfallhilfe ins Stadtratsverfahren gegeben. Damit wird auf die wachsenden und veränderten Bedarfe in der Wohnungslosenhilfe reagiert. Im Rahmen der Fortschreibung fand unter anderem eine Strategiekonferenz unter Einbeziehung von sozialen Trägern und Betroffenen statt. Mein erster Kommentar zum Plan:
Der neue Fachplan wird intensiv zu diskutieren sein. Positiv sehen wir, dass die Streetwork für Erwachsene von Suchtzentrum und Diakonie – auch ohne Drittmittel – weitergeführt werden soll.
Viele Bedürfnisse von Betroffenen wie gemischtgeschlechtliche Notübernachtungsstellen, Übernachtung mit Haustieren, Schließfächer in den Notunterkünften und die Übernahme von Fahrtkosten zur Unterkunft in Notfällen sollen in einem – möglicherweise zu – geringem Umfang realisiert werden.
Zentral ist aus Sicht der LINKEN, dass das Sozialamt den Bestand an Wohnungen für besonders prekäre Haushalte und Menschen mit besonderen sozialen Problemlagen ausbauen will. Denn Notübernachtungshäuser und auch Gewährleistungswohnungen sind kein Ersatz für eigene vier Wände.
Mehr Mut wünschen wir uns in diesem Sinne für progressive Ansätze wie die das „housing first“. Was die Verwaltung im Konzept als „housing first“ verkauft, verdient diesen Namen nicht, sondern beschreibt lediglich die bereits bestehende Praxis, Familien mit Kindern nach dem Verlust der Wohnungen in Gewährleistungswohnungen unterzubringen. „Housing first“ als Ansatz der US-amerikanischen Sozialpolitik dagegen ist ein Gegenkonzept zum so genannten Stufenmodell (Notunterbringung – Übergangswohnung – Wohnung inklusive Therapieerfolge und Erfüllung von Auflagen). Nach dem „housing first“-Ansatz müssen sich Menschen, die auf der Straße leben oder besondere Problemlagen aufweisen (Drogenabhängigkeit, psychische Erkrankungen, Straffällig gewordene) nicht zuerst „qualifizieren“ und verschiedene Notunterbringungsstationen durchlaufen, sondern bekommen sofort eine Wohnung und eine adäquate soziale Betreuung zur Seite gestellt. Der Ansatz basiert auf der Grundannahme, dass Obdachlose als erstes und wichtigstes eine stabile Unterkunft brauchen und Problemlagen erst danach angegangen werden sollten. Dieser Ansatz kann zum Beispiel auch auf Geflüchtete übertragen werden und damit die Praxis der Unterbringung in Massenunterkünften ersetzen. Die Voraussetzung für eine Umsetzung von „housing first“ ist die Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von dezentralen Wohnungen. Hier muss im Konzept nachgebessert werden.
Besonders erfreulich ist die mit dem Fachplan geplante Einführung eines „Kältebusses“ (im Konzept: Hilfebus). Dieser geht auf einen Antrag der Linksfraktion zurück. Mit diesem neuen Angebot soll die Minimalversorgung von wohnungslosen Menschen, zum Beispiel mit Schlafsäcken und warmen Getränken, sichergestellt werden. Im Ausnahmefall kann der Hilfebus auch zum Transport von Menschen in Notunterkünfte dienen. Der Bus soll nicht komplett ehrenamtlich betrieben werden, sondern bei einem Träger der sozialen Arbeit angesiedelt und jährlich mit 75.000 Euro ausgestattet werden. Wir hoffen, dass dieses wichtige Angebot noch in diesem Jahr an den Start gehen kann.
PM 15.11.2018