In diesem Jahr gibt es in Sachsen mit den Kommunal- und Europawahlen am 25. Mai und den Landtagswahlen am 31. August einen Wahlmarathon. Und ja: es lohnt sich die herrschenden Verhältnisse auf allen Ebenen zur Disposition zu stellen. Verhältnisse, die Ungleichheit und Unfreiheit hervorbringen
In denen Profitmaximierung, Konkurrenz und Verwertbarkeit mehr zählen als ein gutes und würdiges Leben für alle Menschen.
Mit der Listenaufstellung zur Landtagswahl hat die sächsische LINKE am vergangenen Wochenende ein Personaltableau zusammengestellt, das sehr deutlich für den Anspruch auf eine soziale, demokratische und ökologische Transformation des Status quo steht. (zur Liste hier klicken)
Auch ich habe mich – hoffentlich zum letzten Mal in diesem Jahr ;) – der innerparteilichen Wahl gestellt. Die VertreterInnenversammlung wählte mich auf Platz 29 der Landtagsliste. Der Platz, den ich selbst anvisiert hatte und der mit einem guten Wahlergebnis für DIE LINKE zu den Landtagswahlen im August zum Einzug in eben diesen Landtag führen könnte. Doch darum geht es nicht vorrangig. Es geht darum die unter 25 Jahren CDU-Regentschaft völlig versteinerten und rückständigen Verhältnisse im Freistaat Sachsen grundsätzlich zu verändern!
Ich bin mit einem der mir wichtigsten Themen zur Wahl angetreten und dokumentiere hier meine Rede.
Leipzig, 5.4.2014
Liebe Genoss*innen, liebe Gäste,
ich möchte mich zu dieser späten Stunde um euer Votum für einen Platz auf unserer Landtagsliste bewerben.
Seit 15 Jahren mache ich nun Politik für unsere Partei – in Leipzig, der Stadt, in der wir heute tagen – und weit darüber hinaus.
Es war und ist ein bewegungsorientierter, links-emanzipatorischer Ansatz und dabei vor allem die antifaschistische Politik, für die ich brenne, für die ich mit Haut und Haaren einstehe. Als Stadträtin, als Organisatorin von Aktionen und Anmelderin von Demonstrationen, als Autorin, und eben auch als Teil von Bewegungen.
Sachsen ist nicht nur das Bundesland, in dem die NPD seit zwei Wahlperioden im Landtag sitzt. Sachsen ist auch das Bundesland mit der bundesweit höchsten Zahl an rechts motivierten und rassistischen Übergriffen. Vor dem Übergriff kommt die Alltagsdiskriminierung, und aus dem Übergriff kann als schlimmste Konsequenz der Tod von Menschen folgen.
In Leipzig musste seit 1990 mindestens 6 Menschen sterben, weil sie einen Migrationshintergrund hatten, weil sie homosexuell lebten, weil sie nichtrechts oder wohnungslos waren. In Sachsen waren es im selben Zeitraum 16 und bundesweit über 150! So zählen es engagierte JournalistInnen und zivilgesellschaftlichen Stellen.
Die sächsische Staatsregierung versucht genau wie die Bundesregierung diese krasse Dimension neonazistischer Ideologien und Gewalt herunterzurechnen und damit zu vertuschen. Daran hat sich auch nach dem Aufdecken der grausamen Taten des NSU kaum etwas geändert.
Meine einschneidenste und persönlichste Begegnung mit diesem Thema war der Mord an dem 19-jährigen Kamal. Kamal wurde vor dreieinhalb Jahren am Leipziger Hauptbahnhof von zwei Nazis erstochen. Durch den gemeinsamen Druck von Familie, Opferberatung und antirassistischen Initiativen gelang es schließlich, dass der rassistische Hintergrund der Tat auch vom Gericht erkannt wurde. Vor wenigen Monaten wurde ein offizieller Gedenkort für Kamal am Leipziger Hauptbahnhof eingeweiht. Der erste seiner Art in der Stadt.
Es ist unsere Partei, liebe Genossinnen und Genossen, die auf den verschiedensten Ebene gegen diese neonazistische Gewalt kämpft. Wir kämpfen gegen das systematische Wegschauen und Leugnen der staatlichen Behörden und für einen würdevollen Umgang mit den Betroffenen und Opfern. Wir sind es, die gemeinsam mit Initiativen und Bewegungen dafür einstehen, dass menschenfeindliche Ideologien keinen Wirkungsraum bekommen, ja dass sie gar nicht erst entstehen.
Liebe Genossinnen und Genossen. In den vergangenen Monaten dachten manche von uns, dass sich die 1990er Jahre, dass sich Rostock-Lichtenhagen wiederholt. An vielen Orten organisierten sich Menschen gegen die Errichtung von Unterkünften für Asylsuchende, oft führten Nazis diese Bewegungen an. Im Schlepptau der rassistischen Stimmungsmache hat sich die Zahl der Angriffe auf Asylunterkünfte im vergangenen Jahr verdoppelt. Auch hier ist Sachsen bundesweit negativer Spitzenreiter.
Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass menschenfeindliche Einstellungen keine Randerscheinungen sind. Sie entspringen den herrschenden Verhältnissen, werden durch Gesetze manifestiert und von Meinungsführerinnen und Meinungsführern verstärkt. Erst Ende letzten Jahres tat sich der sächsische Ministerpräsident gemeinsam mit seinem Innenminister vollmundig für die schnelle Abschiebung so genannter krimineller Ausländer hervor. Im selben Atemzug rühmten sich die Herren der CDU, dass Sachsen das führende Bundesland bei Abschiebungen von Asylsuchenden zu sein. Und nicht mal das geringste Mittel, dass die Länder in den Händen haben – den Winterabschiebestopp für besonders gefährdete Geflüchtete – wurde von schwarz-gelb abgelehnt!
Blicken wir dann noch auf die Situation, in der geflüchtete Menschen in Sachsen leben müssen – in menschenunwürdigen Sammelunterkünften, unter dem Diktum von Residenzpflicht und Arbeitsverboten – können wir als LINKE nicht schweigen. Denn dies ist nichts anderes als menschenunwürdig. Diese Politik ist menschenunwürdig!
Immerhin: In Leipzig ist es gelungen – im Zusammenspiel von außerparlamentarischem und parlamentarischem Wirken – einen Paradigmenwechsel bei der Unterbringung von und im Umgang mit Asylsuchenden einzuleiten.
Mit diesen positiven Errungenschaften im Gepäck möchte ich auch auf Landesebene wirksam werden – für eine Verbesserung der Lebenssituation und der gesellschaftlichen Teilhabe von Asylsuchenden und anderen MigrantInnen, gegen Ausgrenzung und Diskriminierung, ob im Alltag oder per Gesetz!
Liebe Genossinnen und Genossen, ich mache Politik mit Leidenschaft, vor allem wenn es um die Würde von Menschen geht. Und ja: hier ecke ich auch manchmal an, bleibe aber immer meiner Linie treu: konsequent, kämpferisch und doch kompromissbereit zu sein.
Ich trete heute für einen Platz auf unserer Landesliste an, weil ich auf dieser Ebene ein Scharnier sein möchte zwischen Partei, Parlament und gesellschaftlichen Bewegungen. Ich möchte meinen Ansatz einer kommunikativen, partizipativen und pluralistischen Politik einbringen, wie ich ihn seit über 10 Jahren in dem von mir mitgegründeten offenen Abgeordnetenbüro linXXnet in Leipzig erfolgreich praktiziere.
Liebe Genossinnen und Genossen, wir sind als LINKE angetreten die versteinerten und rückständigen Verhältnisse im Freistaat Sachsen grundsätzlich zu verändern. Ich bin bereit zu kämpfen. Für ein würdiges Leben für alle Menschen. In Sachsen und darüber hinaus!