In Folge 16 der linXXnet-talXX ist bei uns Katja Kipping, die Vorsitzende der LINKEN, zu Gast. Es geht diesmal um das Bedingungslose Grundeinkommen, eine soziale und gesellschaftspolitische Idee, die derzeit in aller Munde ist.
Es gab mit Corona eine Welle von Petitionen für ein Bedingungsloses Grundeinkommen, eine halbe Millionen zeichneten die von Modedesignerin Tonia Merz in kurzer Zeit, in Hamburg wurde eine weitere Petition in die Bürgerschaft eingereicht, die BGE-Aktivistin Susanne Wiest schaffte mit einer überragend großen Zahl von Unterstützer*innen zudem die Hürde für eine Bundestagspetition.
Katja Kipping freut sich über den aktuellen Zuspruch zum Bedingungsloses Grundeinkommen, auch wenn sie sich das ohne den Umstand – Corona – gewünscht hätte. Als sie vor 17-18 Jahren zum ersten Mal öffentlich für das BGE eintrat, wehte ihr ein heftiger Gegenwind entgegen. Dies hat sich über die Zeit gewandelt: Es gibt ein erheblich größeres positives Interesse.
Gerade mit zunehmenden Zuspruch geht die Gefahr eines Ettikettenschwindels einher. So gibt es auch aus der neoliberalen Ecke und von Unternehmer*innen Stimmen wird zum Teil für ein Grundeinkommen, das im Endeffekt aber soziale Ungleichheit festschreibt statt auflöst.
Unsere Gesprächspartnerin führt in diesem Sinne die Anforderungen für ein emanzipatorisches Grundeinkommen auf: Dieses muss in der Art wie es finanziert wird auf Umverteilung von oben nach unten basieren. Zudem kann es nicht darum gehen bestehende Sozialversicherungssysteme zu ersetzen, sondern diese nach unten zu ergänzen und zu verbessern. Weiterhin gilt es Schutzrechte von Beschäftigten zu stärken: Grundeinkommen, Mindestlohn und Demokratisierung der Wirtschaft gehören zusammen! Last but not least muss das BGE mit Klimaschutz und der gerechteren Verteilung der Tätigkeiten zwischen den Geschlechter einhergehen. Hier nimmt sie Bezug auf die so genannte Vier-in-Einen-Perspektive von Frigga Haug.
Wäre das BGE die gerechte Alternative zu den zahlreichen fragmentierten und defizitären Corona-Hilfsprogrammen? In den Augen von Katja Kipping ist das Bedingungslose Grundeinkommen die universellste und konsequenteste Antwort auf die Corona-Krise. Denn die Krise führt vor Augen: Es kann von heute auf morgen alles zusammenbrechen, ohne dass es dafür eine individuelle Schuld gibt. Dafür wäre das BGE ein sicherer Schutzschirm.
In der LINKEN ist die Position zu diesem Modell umstritten, darum gingen die Forderungen der Partei eher in Richtung von bedingungslosen Überbrückungsgeldern für bestimmte Gruppen, z.B. Soloselbstständige, Minijobber*innen oder Kulturschaffende.
Katja Kipping prognostiziert in Bezug auf die Bewältigung der ökonomischen Folgen der Corona-Krise knallharte Verteilungskämpfe. Es wird sich die Frage stellen wer die Kosten der Krise zu zahlen hat. Die Regierenden neigen diese auf Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen abzuwälzen. Da die Schuldenbremse nur ausgesetzt ist, müssen alle Ausgaben, die jetzt getätigt wurden, getilgt werden. Kürzungen sind aus ihrer Sicht vor allem in den Bereichen Kultur, Soziales und Klimaschutz zu erwarten.
Katja Kipping plädiert in diesem Zusammenhang dafür die Schuldenbremse grundsätzlich fallen zu lassen. Um eine gerechte Krisenbewältigung zu gestalten braucht es andere Mehrheiten und soziale Garantien. Wie es ausgeht liegt auch an uns, so ihr Plädoyer.
Wie es in der LINKEN um die Debatte um das Bedingungslose Grundeinkommen steht, darum geht es zum Ende des Gespräches. Nach der Bundestagswahl 2021 wird es in der Partei einen Mitgliederentscheid über die Positionierung geben. Katja Kipping weist aber darauf hin, dass keine der im Bundestag vertretenen Fraktionen Parteien sich klar für ein Bedingungsloses Grundeinkommen positioniert. Die meisten Befürworter*innen gibt es bei den LINKEN und Grünen. Wohlmöglich, so Katja Kipping, führt der Weg zur Einführung des BGE nicht über eine Parlamentsinitiative, sondern durch direktdemokratische Instrumente wie einen Volksentscheid.
Doch auch die Linkspartei müsse sich vergewissern, dass das BGE hat einen großen gesellschaftlichen Zuspruch hat. Auch über 2/3 der potentiellen LINKE-Wähler*innen sind für ein Grundeinkommen als universellen, garantierten Schutzschirm gegen Armut. Eine LINKE, die sich gegen das BGE ausspricht, würde einen Teil ihres Wähler*innenpotentials vor den Kopf stoßen.
Last but not least ist das BGE ein globales soziales Recht. Katja berichtet über die Erfahrungen aus verschiedenen Ländern, zum Beispiel, in Südkorea, wo die Kämpfe für ein Grundeinkommen und für einen höheren Mindestlohn zusammen gedacht werden. Auch in Europa wäre eine Einführung trotz der Verschiedenheit der Einkommensniveaus, Lebenshaltungskosten und Sozialsysteme denkbar.
Der gesamte Talk, den diesmal Marius geführt hat, läßt sich hier anschauen: https://youtu.be/DAOvMgEsYjg