Die Situation im Erstverteilzentrum für Geflüchtete in Rossau (Mittelsachsen) war in den vergangenen Wochen Gegenstand kontroverser öffentlicher Diskussionen. Am heutigen Donnerstag, 4. August, wollte ich mit meinem Kollegen Falk Neubert die Unterkunft besuchen. Doch Landrat Matthias Damm untersagte uns den Besuch. Dies werden wir nicht hinnehmen und haben uns erstmal öffentlich zu Wort gemeldet:
Seit einigen Wochen gibt es eine Diskussion um die Zustände in der Asylunterkunft in Rossau (Mittelsachsen). Am 19. Juli machte der Sächsische Flüchtlingsrat einen offenen Brief von Bewohner*innen des so genannten Erstverteilzentrums in Rossau öffentlich. Darin kritisieren sie die hygienischen Bedingungen, das Fehlen von Kochmöglichkeiten, abschließbaren Schränken und den Mangel an Privatsphäre und Integrationsmöglichkeiten, wie Sprachunterricht. Im Erstverteilzentrum des Kreises kommen Geflüchtete aus den Erstaufnahmeeinrichtungen unter und müssen vier bis sechs Wochen in Zelten leben, bevor sie im Landkreis weiterverteilt werden.
Die Landtagsabgeordneten Juliane Nagel, migrations- und flüchtlingspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, und Falk Neubert, zugleich Kreisvorsitzender der LINKEN Mittelsachsen, beabsichtigten, das Verteilzentrum vor diesem Hintergrund zu besuchen und sich über die konkreten Bedingungen zu informieren. Dies wurde nun vom Landrat Matthias Damm (CDU) abgelehnt. In einem Schreiben verweist er auf verschiedene Kontrollen u.a. durch Kreistagsmitglieder und die Landesdirektion und bezeichnet den beabsichtigten Besuch der Landtagsabgeordneten darum als „entbehrlich“.
Dazu erklären Juliane Nagel und Falk Neubert, Mitglieder der Fraktion DIE LINKE:
„Dass Landrat Damm Abgeordneten den Besuch einer Asylunterkunft versagen will, die sich über die Bedingungen vor Ort informieren wollen, zeugt von einem zweifelhaften Demokratieverständnis. Zwar können wir unseren für heute geplanten Besuch ohne die Zustimmung nicht durchführen, jedoch werden wir es dabei nicht bewenden lassen. Wir werden auf Kreis- und Landesebene weiter darauf drängen, den Vor-Ort-Termin doch noch möglich zu machen. Hier ist auch das sächsische Innenministerium gefragt.
Das faktische Besuchsverbot für gewählte Landtagsabgeordnete reiht sich ein in den Umgang des Landkreises mit öffentlicher Kritik. Nachdem der Sächsische Flüchtlingsrat vor einigen Wochen die Zustände im Erstverteilzentrum kritisierte, verhängte der Landrat ein Hausverbot. Auch im vergangenen Jahr, als Abgeordnete der Linksfraktionen im Landtag und Bundestag im Rahmen einer „Willkommenstour“ auch Unterkünfte im Landkreis Mittelsachsen besuchen wollten, wurde dieses Ansinnen vom damaligen Landrat Uhlig zunächst verweigert. Ähnliche Probleme gab es in keinem anderen Landkreis. Wir haben ein berechtigtes Interesse, die Bedingungen in Rossau in Augenschein zu nehmen und auch Gespräche mit Betreiber und Bewohner*innen zu führen – gerade angesichts der kontroversen öffentlichen Debatte. Dies ist unsere Aufgabe und unser Interesse als gewählte Abgeordnete, und dies sollte auch Herr Damm respektieren.“
PM vom 4. August 2016
Und immer wieder Landrat Damm…….Ich konnte vor wenigen Wochen die Unterkunft für Geflüchtete, in Rossau, persönlich in Augenschein nehmen. Auch im Vergleich zu anderen Unterkünften in Sachsen, die ich sehen konnte, empfand ich diese, als Erstverteilzentrum, eher als vorbildlich. Ärzte sind regelmäßig vor Ort. Es gibt W-Lan, worum andere Unterkünfte noch kämpfen, und anderes. Das Personal vom Roten Kreuz kümmerte sich fürsorglich um die Geflüchteten. Vor allem um Kinder. Dies geht so weit, dass Mitarbeiter und ihre Angehörigen schwer traumatisierte Kinder, die von Unterkunft zu Unterkunft geschoben wurden, zeitweilig bei sich zu Hause aufnehmen, um sie etwas aus dem Stress der Massenunterkunft heraus zu holen und etwas Geborgenheit zu geben. Sicherlich gibt es eine Reihe von Unzulänglichkeiten, die eine Massenunterkunft so mit sich bringen. Hier könnte man, z. B. bei der Wohnungssuche, vielleicht auch noch Verbesserungen vornehmen.
Völlig daneben ist es, wie man mit der Kritik der Geflüchteten und dem Flüchtlingsrat umgeht. Noch leben wir in einem demokratischen Land und da darf jeder Kritik anbringen, auch wenn sie in Teilen vielleicht nicht gerechtfertigt ist. Der Landrat, Herr Damm, hat dem Flüchtlingsrat Hausverbot in Rossau erteilt. Auch wenn Unterkünfte von Geflüchteten, juristisch gesehen, nicht das Gleiche sind wie z.B. Theater, ist diese Maßnahme unterirdisch. Der Flüchtlingsrat ist Anwalt der Geflüchteten. Gerade hier in Sachsen, gibt es genügend Menschen die von Unverständnis über Hass bis Bedrohung und direkten Angriffen, auf Geflüchtete und ihre Helfer reagieren. Dann ist es von besonderer Brisanz, wenn Menschen die sich offen für Geflüchtete einsetzen, Hausverbot erteilt bekommen.
Der Herr Landrat hat nun zum wiederholten Mal seine Abneigung gegen Proteste von Geflüchteten und ihren Helfern zum Ausdruck gebracht. Es wird Zeit, das er mal seine Ansichten hierzu überdenkt. Sollte er, als Person der Öffentlichkeit, sich dem nicht gewachsen sehen, sich mit Kritikern konstruktiv auseinander zu setzen, dann sollte er die Konsequenzen ziehen. Dieses autokratische Verhalten passt jedenfalls nicht in unsere Demokratie!