Am 14. November 2014 wird um 17:00 im Neuen Rathaus in Leipzig die Ausstellung „Die verschwiegenen Toten – Opfer rechter Gewalt in Leipzig seit 1990″ eröffnet. Die Ausstellung ist Ergebnis einer mehrmonatigen Recherchearbeit des Initiativkreis Antirassismus, der sich aus Anlass des Mordes an Kamal Kilade 2010 gegründet hat und seitdem intensiv zum Thema arbeitet
Nach der offiziellen Statistik der Bundesregierung gab es in Leipzig seit 1990 drei rechts motivierte Morde. Neben Kamal, der von zwei Rassisten vor dem Hauptbahnhof erstochen wurde, betrifft dies Nuno Lourenco, 1996 nach einem durch die deutsche Nationalmannschaft verlorenen EM-Spiel so so schwer geschlagen, das er sechs Monate später verstarb sowie Achmed Bachir, der 1996 in einem Gemüseladen in der Südvorstadt erstochen wurde. Der Mord an Bachir wurde erst 2012 im Zuge einer Nachüberprüfung des Sächsischen Innenministeriums nachträglich als rechts motiviert anerkannt.
Das Rechercheprojekt „Todesopfer rechter Gewalt“ von ZEIT und Tagesspiegel ordnet drei weitere Morde in Leipzig als rechts motiviert ein: den sozialdarwinistischen Morden an Klaus R. (1994 ) und Karl-Heinz Teichmann (2008) sowie dem homophoben Mord an Bernd Grigol (1996).
Im Zuge der Erarbeitung der Ausstellung wurden vier weitere Fälle recherchiert. 1995 fiel der wohnungslose Horst K. der Gewalt zweier Jugendlicher zum Opfer. Thomas K. wurde 2003 von einem Nazi erstochen. Als Verdachtsfälle, in denen ein rechtes Tatmotiv nicht ausgeschlossen werden kann, kommen Gerhard Sch. (von zwei Nazis aus der Straßenbahn geworfen, 1991) und Gerhard Helmut B. (möglicherweise aufgrund seiner Homosexualität ermordet, 1995) hinzu.
Die Ausstellung arbeitet nicht nur die konkreten Fälle auf, sondern befasst sich auch mit den Tatmotiven und der Schwierigkeit eines adäquaten Umgangs mit dieser krassen Dimension rechter Gewalt durch offizielle Stellen. Der Staat erkennt nur zirka ein Drittel der durch JournalistInnen und Zivilgesellschaft recherchierten bundesweiten rechten Morde an. Dieses Kleinreden hat Methode, wie spätestens der NSU-Komplex bewies.
Der Initiativkreis Antirassismus will mit der Ausstellung die Opfer in den Fokus rücken und gleichsam einen offensiveren Umgang mit rechter Gewalt einfordern. Dazu gehört nicht nur eine schonungslose Aufarbeitung der Mordfälle, wie es beispielsweise das Land Brandenburg mit einer eigenes eingesetzten ExpertInnenkreises aus Verwaltung, Polizei, Justiz und zivilgesellschaftlichen Organisationen tut, sondern auch Sensibilität und Entschlossenheit im Umgang mit menschenfeindlichen Einstellungen in der Gegenwart, damit es erst gar nicht zu (tödlicher) Gewaltausübung kommt.
Am 14.11.2014 findet um 17 Uhr ein Rundgang durch die Ausstellung statt. ab 18 Uhr folgt eine Podiumsdiskussion mit Heike Kleffner (Journalistin), Sebastian Scharmer (Anwalt der Familie von Kamal K. und Nebenklagevertreter im NSU-Prozess) und Andrea Hübler (RAA-Opferberatung).
Die Ausstellung ist vom 14.11. bis 11.12.2014 im Rahmen der Öffnungszeiten des Neuen Rathauses zu besichtigen (Montag bis Donnerstag 8:00 – 18:00 Uhr, Freitag 8:00 – 15:00 Uhr ). Rundgänge mit VertreterInnen der Ausstellungsgruppe gibt es jeden Donnerstag (20. und 27. November sowie 04. und 11. Dezember) jeweils von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Individuelle Vereinbarungen für Rundgänge können unter initiativkreis@riseup.net getroffen werden.
Träger des Projektes ist der Rote Baum e.V. Leipzig, die Stadt Leipzig hat das Projekt im Rahmen der Kommunalen Gesamtstrategie „Leipzig. Ort der Vielfalt“ gefördert.